Von Joachim vom Brocke
Jede Menge Pläne hingen im Rathaus – Visionen für das neue Stadtquartier nördlich vom Hauptbahnhof. „Das nördliche Bahnhofsumfeld ist wichtig geworden“, meinte Stadtplaner Ludger Wilde: „Viele Chancen liegen in diesem Raum“. Das Preisgericht habe sich Anfang der Woche mit den eingereichten Vorstellungen der Architekten beschäftigt, so Wilde.
Arbeiten geben sehr viele Anregungen
Bei den Vorgaben seien Hinweise und Anregungen aus den bisher durchgeführten Bürgerversammlungen und Workshops mit eingeflossen. Unter Vorsitz von Prof. Peter Zlonicky, ehemaliger Universitätsprofessor in Aachen, Dortmund und Hamburg-Harburg, der welt- und europaweit als Stadtplaner unterwegs ist, vergab die Jury aus den zwölf eingereichten Arbeiten vier Preise und zwei Anerkennungen.
Für Prof. Zlonicky, dem durch seine Tätigkeit in Dortmund der Planungsbereich nicht unbekannt ist, handele es sich hier um einen „Knotenpunkt des städtischen Lebens“. Sehr intensiv habe sich die Jury mit den Planungen befasst. „Die Arbeiten zeigen soviel Anregungen, an denen weiter gearbeitet werden sollte“, empfahl der Planer.
Ingrid Reuter (Vorsitzende Ausschuss für Umwelt, Stadtgestaltung, Wohnen) beeindruckten die „vielen besonderen Highlights“. Nordstadt-Bezirksbürgermeister Dr. Ludwig Jörder freute sich über einen künftigen „attraktiv gestalteten Bahnhofsvorplatz“. Stadtplaner Ludger Wilde ließ nicht unerwähnt, dass alle Architekten bei ihren Ideen den „Blick von der Nordstadt in Richtung City“ berücksichtigt haben.
Die Entwicklung des nördlichen Bahnhofsumfelds ist ein wichtiges Zukunftsprojekt der Stadt, das die Stadtstruktur im Bereich City und Nordstadt maßgeblich prägen wird. Der Umbau des Hauptbahnhofes, die Neugestaltung der Stadtbahnhaltestelle und die Neuentwicklung des nördlichen Bahnhofsumfelds steht dabei in engem Zusammenhang. Der Busbahnhof soll einen neuen Standort erhalten, wichtige zur Zeit minder- oder ungenutzte Flächen sollen qualitätsvolle Folgenutzungen erhalten Im besonderen Fokus steht auch der Übergang zur Nordstadt.
Büro bK Kleinekort: Freitreppe und Blockstruktur
Auf der Grundlage der vorgefundenen örtlichen Strukturen gelingt Büro bK Kleinekort insbesondere im westlichen Quartier eine sehr gute städtebauliche Lösung.
Der Aufgriff der vorhandenen, für die Nordstadt typischen Blockstruktur und die Überführung dieses klassischen Bautyps in eine zeitgemäße Formensprache überzeugen ebenso, wie die städteräumliche Komposition der Baumassen. Als besonders gelungen kann die Fortsetzung des Blücherparks über eine großzügige Freitreppenanlage zur Überwindung es Niveauunterschiedes auf einen Stadtbalkon mit Blick über die Gleise auf das Dortmunder U bezeichnet werden.
Für den Nordplatz wird durch das Hinzufügen weiterer bzw. den Austausch vorhandener Baukörper eine Neuordnung vorgeschlagen, welche in ihren Proportionen äußerst stimmig wirkt, jedoch hinsichtlich der zeitlichen Umsetzungsmöglichkeiten überprüft werden muss. Der Wettbewerbsbeitrag veranschaulicht eindrucksvoll, wie die Integration eines gänzlich neu geplanten Quartiers in die vorhandene Umgebung gelingen kann und diese durch eine Vielzahl neuer Qualitäten bereichert.
Büro Raumwerk: Grünvernetzung und Entree als Landmarke
Der Entwurf des Büros Raumwerk Frankfurt hat das Thema der Grünvernetzung zum Leitmotiv erklärt. Während im westlichen und östlichen Bereich des Plangebietes die selbstverständliche Weiterführung der bestimmenden städtebaulichen Strukturen ausgezeichnet gelingt, wird anknüpfend an den Blücherpark eine U-förmige grüne Spange entlang der Bahntrasse ausgebildet, um über ein spektakuläres Rampenbauwerk am nördlichen Bahnhofsvorplatz an die vorhandenen Grünstrukturen des Bürgerparks anzuschließen.
Konsequenterweise sollen die verherrlichen und bahnspezifischen Nutzungen in die bestehende Geländekarte integriert werden, um oberirdisch attraktive parkähnliche Strukturen zu ermöglichen.
Unter der Rampe verbirgt sich das Verbindungsbauwerk, das die Personenunterführung der Deutschen Bahn und den Tunnel der Stadtbahn sinnfällig miteinander verknüpft. Mit der vorgeschlagenen Bebauung würde die Nordseite ein Eingang erhalten, das die Bedeutung des Dortmunder Hauptbahnhofes unterstreicht und als Landmarke prägend sein könnte.
Büro Trojan + Trojan: Viertel mit eigenständigem Charakter
Mit schlangen, linearen Bau- und Raumstrukturen, die in Anlehnung an die dynamischen Bewegungslinien der Bahnanlagen entwickelt wurden, schafft das Büro Trojan + Trojan aus Darmstadt ein Viertel mit eigenständigem Charakter. Der nördliche Vorplatz wird in seiner Dimensionierung beibehalten und durch ein neues Kopfgebäude akzentuiert.
Das Bauwerk verbindet die unterschiedlichen Nutzungen von Bahn und Stadtbahn über Zentralen Omnibusbahnhof und Parkhaus bis hin zu Gewerbe und Gastronomie in intelligenter Weise und vermittelt gleichzeitig hinsichtlich der topografischen Besonderheiten an dieser Stelle.
Besonders gewürdigt wurde die vorgeschlagene städtebauliche Lösung fr den Bereich am Burgtor, wo zwei Hochhäuser – je eines nördlich bzw. südlich der Bahntrasse – eine Torsituation formulieren und den Gedanken der Stadtkrone über den Gleiskörper in die Nordstadt transportieren.
Vor diesem Hintergrund weist der Entwurf schlüssig nach, dass ein neues Quartier entlang es Hauptbahnhofes innerhalb des gewachsene Stadtgefüges einen entscheidenden Beitrag leisten kann, um eine nachhaltige Attraktivitäts- und Qualitätssteigerung zu bewirken.
Nach dem Wettbewerb: Wie geht es weiter?
Ab 18. Januar 2018 werden alle eingereichten Wettbewerbsentwürfe öffentlich ausgestellt (Ort und genaue Zeiten werden noch mitgeteilt). Unter Einbindung der beteiligten Grundstückseigentümer und der interessierten Öffentlichkeit werden zusammen mit den drei ersten Preisträgern die Inhalte für die dann folgende Überarbeitung der Entwürfe durch die Büros herausgearbeitet.
Die Planungsverwaltung wird anschließend dem Rat der Stadt Dortmund vorgeschlagen, die Überarbeitung und Konkretisierung der Entwürfe durch die drei ersten Preisträger zu beauftragen. Im Anschluss daran wird eine Fachjury die drei Ergebnisse der Überarbeitung beraten. Auf dieser Grundlage wird der Rat das letztlich weiter zu verfolgende Konzept beschließen.
Mehr Informationen:
- Das Dortmunder Büro pp a/s Pech partner hat den Wettbewerb betreut.
- In einem Internetportal sollen die Pläne demnächst weiteren Interessierten gezeigt werden.
- Das Preisgericht des städtebaulichen Wettbewerbs setzte sich wie folgt zusammen: Prof. Peter Zlonicky, Architekt/Stadtplaner, München; Prof. Jörn Walter, Stadtplaner aus Hamburg; Prof. Christa Reicher, Architektin/Stadtplanerin, Dortmund/Aachen, Vorsitzende des Gestaltungsbeirats Dortmund; Prof. Christian Schlüter, Architekt aus Wuppertal und Gestaltungsbeirat in Dortmund; Stadtrat Ludger Wilde, Beigeordneter für Umwelt, Planen und Wohnen; Dr. Ludwig Jörder, Bezirksbürgermeister, Mitglied der Bezirksvertretung Innenstadt-Nord; Ingrid Reuter, Vorsitz Ausschuss für Umwelt, Stadtgestaltung und Wohnen (Fraktion Bündnis 90/Die Grünen)