Von Mira Kossakowski
Wenn dienstags und freitags auf dem Nordmarkt Markttag ist, scheint Zeit nur ein weiteres gesellschaftliches Konstrukt zu sein: Es ist acht Uhr und während einige HändlerInnen bereits seit einer Stunde ihre Ware verkaufen, beginnen andere erst mit dem Aufbau. Das klingt in vielen auf Pünktlichkeit bedachten Ohren zunächst befremdlich. Doch vielleicht ist es genau diese Entspanntheit, die den Markt so erfolgreich macht.
Ein „Place to be“ statt einer medial herbeigeschriebenen „No-Go-Area“
Von Medien über die Stadtgrenzen hinaus als No-Go-Area betitelt – so ist die Nordstadt, und mit ihr auch der Nordmarkt, im Allgemeinen bekannt. Aber wie man so oder so ähnlich schon immer gesagt hat: Es war (und ist) nicht alles schlecht. Das gilt auch für den Norden Dortmunds, denn hier tut sich was.
Neben zahlreichen kreativen Köpfen, die hier leben und arbeiten, sowie einem nicht zu unterschätzenden kulturellen und kulinarischen Angebot, lockt vor allem der Wochenmarkt Menschen in die Nordstadt. Dienstags und freitags bieten HändlerInnen von 7 bis 13 Uhr eine bunte Vielfalt an Lebensmitteln, aber auch Haushaltswaren und Textilien an.
Auch die Art und Weise, wie der Markt aufgebaut ist, trägt zur Beliebtheit bei. Die Stände sind straßenseitig aufgebaut, sodass BesucherInnen bei einem Rundgang einen Überblick über alle angebotenen Produkte erhalten.
In der Nordstadt leben viele Familien – und das sieht man an Markttagen. Eltern kommen hier mit ihren Kindern hin. Während sie einkaufen, spielen die Kinder unbeschwert auf dem Spielplatz, zahlreiche Bänke laden bei gutem Wetter zum Entspannen ein. Auch Kaffee gibt es hier: Am Nordmarkt-Kiosk der Diakonie, der als zentrale Anlauf- und Beratungsstelle genutzt wird, werden wir freundlich begrüßt.
Eine bunte Mischung auf dem Wochenmarkt auf dem Nordmarkt
Der Wochenmarkt auf dem Nordmarkt ist bunt. Zwischen frischem Obst und knackigem Gemüse findet man bunte Stoffe oder Teegläser, wie es sie normalerweise im Dönerladen des Vertrauens gibt. Jemand verkauft Fleisch, eine andere Frau bietet Eier an. An einem ganz anderen Stand finde ich Waschmittel, Gabeln und bunte Bekleidung.
Nach mehreren Runden, in denen man jedes Mal etwas Neues entdeckt, lachen die HändlerInnen schon und fragen, ob man denn nun endlich etwas gefunden habe. Dass der Wochenmarkt auf dem Nordmarkt bunt ist, zeigen auch die Menschen, die hier sind. Große Familien und Frauen mit Kopftüchern treffen auf Studierende, die hier einen günstigen Wocheneinkauf tätigen.
Während man auf dem Wochenmarkt umherläuft, liegt ein lautes Rauschen in der Luft. Ein Stimmenwirrwarr aus unzähligen Sprachen vermischt sich mit dem Straßenlärm. Menschen schreien sich an, Autos fahren ununterbrochen durch die Straßen, die an den Nordmarkt angrenzen. Leise ist es hier eigentlich nie.
Die Stadt Dortmund erkennt das Potential des Wochenmarktes in der Innenstadt-Nord
Insgesamt sind die Wochenmärkte in Dortmund nicht von Erfolg gekrönt. Nur drei der zahlreichen Märkte sind gewinnbringend. Alle anderen Wochenmärkte sorgen für Verluste – auf den wenigen Marktplätzen herrscht zum Teil gähnende Leere.
Nicht so auf dem Nordmarkt: Den Erfolg möchte die Stadt Dortmund ausnutzen – ein dritter Markttag soll her. Doch einige HändlerInnen sehen das kritisch: „Ein dritter Tag wäre für den Markt fatal“, erzählt ein Markthändler, der seit 40 Jahren auf dem Nordmarkt Obst und Gemüse verkauft. In seinen Augen würde ein weiterer Tag letztendlich dazu führen, dass viele HändlerInnen ihre KundInnen verlieren würden.
Durch einen dritten Markttag sollen die Einnahmen durch Standgebühren weiter steigen – so sollen dann auch die defizitären Märkte weiter bestehen bleiben. Doch so ganz scheint die Rechnung nicht aufzugehen. Die HändlerInnen sorgen sich um ihre Existenz und befürchten, dass sie auf Dauer Verluste erleiden müssen.
Bereits die Erhöhung der Standgebühren ist für viele HändlerInnen eine große Hürde. Inzwischen kostet ein Quadratmeter Standfläche 1,68 Euro – noch höhere Gebühren waren sogar im Gespräch. Auch hier sagen die HändlerInnen, dass es zu einem Rückgang der Anfragen gekommen sei, immer weniger HändlerInnen hätten einen Standplatz auf dem Wochenmarkt in der Nordstadt beantragt.
Die Lage bringt für die HändlerInnen ihre eigenen Probleme mit sich
Grundsätzlich bringt der Wochenmarkt mit seiner Lage in der Nordstadt für die HändlerInnen ganz eigene Probleme mit sich. „Man merkt auf jeden Fall, wenn es Ende des Monats ist“, berichtet eine Händlerin, die sowohl auf dem Nordmarkt, als auch auf dem Hansaplatz Eier verkauft, „dann wird es hier richtig leer.“
Verwunderlich ist das nicht. Die Nordstadt zieht mit ihren niedrigen Mieten auch viele finanziell schlechter gestellte Menschen an. Und da ist ist Ende des Monats nicht selten kein Geld mehr übrig. Viele könnten es sich somit auch nicht erlauben, an einem zusätzlichen Tag ihr Geld auf dem Wochenmarkt auszugeben.
Auch unter den HändlerInnen ist die Stimmung nicht immer gut. „Das Niveau ist gesunken“, beschwert sich ein Händler, bei dem ich Obst kaufe. Damit sind vor allem jene HändlerInnen gemeint, deren Stände eher unsortierten Grabbeltischen ähneln. Diese Stände fallen inmitten des bunten Treibens kaum auf, doch sie sind da. Doch auch hier stehen KundInnen und suchen sich Sachen aus, unterhalten sich mit den HändlerInnen auf unterschiedlichen Sprachen.
Der Nordmarkt ist kein Luxus – er gehört zum Alltag und ist eine Alternative zum Supermarkt
Wer den Wochenmarkt auf dem Hansaplatz kennt, wird tatsächlich drastische Unterschiede erkennen. Der Markt in der Innenstadt ist ein grüner Markt, dort gibt es ausschließlich Lebensmittel und keine Textilien oder Haushaltswaren. Zu finden sind dort auch Stände, an denen Menschen sich auf einen Kaffee, ein belegtes Brötchen oder ein Stück Kuchen treffen, sie unterhalten sich darüber, wie ihre Woche so war.
Vor allem stehen dort viele Menschen, die sich in der Innenstadt den Luxus eines Einkaufes auf dem Wochenmarkt gönnen. Im Gegensatz dazu ist der Wochenmarkt auf dem Nordmarkt kein Luxus – er gehört zum Alltag dazu und ist eine echte Alternative zum Supermarkt.
Damit das weiterhin so bleiben kann, ist es wichtig, dass die Stadt Dortmund sinnvolle Initiativen ergreift, um die Dortmunder Märkte zu erhalten. Derzeit sind die Märkte in der Nordstadt und in der Innenstadt noch gut besucht – das kann nur so bleiben, wenn auch auf die Meinungen der HändlerInnen Rücksicht genommen wird.
Der Beitrag erschien zuerst in der 3. Ausgabe von „Nord.Mag – Das Nordstadt-Magazin“. Die aktuelle Ausgabe ist kostenlos in vielen Geschäften und öffentlichen Ausgabestellen sowie im Büro der Nordstadtblogger im Depot erhältlich.
Reader Comments
Michael
Ich war 10 Jahre nicht in der Heimat und hab den Nordmarkt vermisst.
Nun bin ich jeden Freitag dort!
Der Nordmarkt ist einfach ein herzlicher und authentischer Ort , der einen sehr entschleunigt.
Sehr schoener Artikel 🙂
Liebe Gruesse
Michael
Stadt Dortmund
Änderungen bei den Wochenmärkte zwischen den Feiertagen
Das Ordnungsamt der Stadt Dortmund gibt bekannt, dass die dienstäglichen Wochenmärkte in Huckarde, Hörde und am Nordmarkt anlässlich der Weihnachtsfeiertage ersatzlos ausfallen werden. Ab Mittwoch, 27. Dezember, werden die Wochenmärkte wie gewohnt durchgeführt. Der Hansa Markt – mittwochs und samstags – verbleibt allerdings noch bis Mittwoch, 3. Januar 2018, auf dem Friedensplatz.
Verlegung der Wochenmärkte aufgrund des Maifeiertags (Pressemitteilung Ordnungsamt)
Verlegung der Wochenmärkte aufgrund des Maifeiertags
Das Ordnungsamt der Stadt Dortmund informiert darüber, dass die Wochenmärkte in Eving, Huckarde, Dorstfeld sowie der Hörder Stiftsmarkt, der Nordmarkt und der Hansa Markt anlässlich des gesetzlichen Feiertags „1. Mai“ auf Donnerstag, 30. April, vorverlegt werden. Neben diesen vorverlegten Wochenmärkten finden an diesem Tag auch die regulären Wochenmärkte in Aplerbeck, Brackel und Scharnhorst statt.
Das Ordnungsamt bittet alle Besucher*innen dringend darum, die bestehenden Abstandsregelungen auf allen Wochenmärkten einzuhalten und auch die vollen Öffnungszeiten der Wochenmärkte für einen Besuch auszunutzen.