Von Thomas Engel
Öffentlich geförderter Wohnungsbau, Wohnzufriedenheit, Sicherheit und Ordnung sowie Bürgernähe – das waren zentrale Themen beim Pressegespräch, zu dem die SPD- Stadtratsfraktion anlässlich der Halbzeitbilanz für die Wahlperiode 2014 bis 2020 ins Dortmunder Rathaus geladen hatte.
Verschriftlichung der Fraktionsarbeit, ihrer Erfolge und Ziele für die Zukunft
Bei dieser Gelegenheit stellten die Spitzen der Fraktion – neben dem Fraktionsvorsitzenden Norbert Schilff, seinen beiden StellvertreterInnen Renate Weyer und Hendrik Berndsen sowie Fraktionsgeschäftsführer Christian Uhr – eine frisch gedruckte (Hochglanz-) Broschüre vor, in welcher in zehn Kapiteln mit jeweils einem Leitsatz betitelt die Leistungen und zukünftigen Aufgaben der SPD-Ratsfraktion in den vergangenen drei Jahren dargestellt werden.
Nicht immer scharf getrennt wird darin, um es vorsichtig auszudrücken, welche positiven Entwicklungen in Dortmund auf den verschiedenen kommunalpolitischen Handlungsfeldern vor allem sozialdemokratischen Politikinitiativen geschuldet und welche durch Beschluss des Stadtrates unter maßgeblicher Beteiligung anderer Fraktionen oder vielleicht auch gegen den Widerstand der SPD-Fraktion zustande gekommen sind.
Immerhin: Fast 200 Anträge, so Norbert Schilff, habe die SPD-Fraktion in der ersten Hälfte der Wahlperiode in den Rat eingebracht, von denen nur einige wenige abgelehnt worden seien. Somit sei „die Handschrift der SPD gut zu erkennen“, worauf man sich aber mitnichten ausruhen wolle, da es in Zukunft sicher nicht weniger Arbeit gäbe.
Eine zentrale Herausforderung: Brennpunkt Wohnungsbau
Besonders dringend ist der Fraktionsspitze zufolge zukünftig der Handlungsbedarf im Bereich Sozialer Wohnungsbau. Ziel sei es, die 2014 auf Antrag der SPD eingeführte 25-Prozent-Regelung, wonach ein Viertel der neu entstehenden Wohneinheiten öffentlich gefördert werden sollen, beizubehalten. Durch die zusammen mit der DOGEWO21 neu gegründete Stadtentwicklungsgesellschaft sollen zusätzlich 300 Sozialwohnungen jährlich entstehen.
Mehr Wohnungen aber bedeuten ebenso die Bildung einer angemessenen Infrastruktur im Wohnumfeld. Zum Beispiel was die Betreuungsmöglichkeiten von Kindern in Kindergärten oder Kindertagesstätten betrifft. Dass es hier trotz aller Bemühungen in den Stadtteilen noch eine chronische Unterversorgung gibt, bezweifelte niemand der Anwesenden.
Ein weiteres Problem in diesem Zusammenhang sei die Flächennutzung beim Bau neuer Wohneinheiten. Weil ursprünglich keine Freiflächen bebaut werden sollten, kam es bei Errichtung von Wohnraum in Innenflächen immer wieder zu Bürgerprotesten. Wer möchte des Nachbarn Balkon schon vor dem eigenen Wohnzimmer haben.
Daher müssten mehr Freiflächen bebaut werden, wozu es eines „Umdenkens in der Stadtgesellschaft“ bedürfe, betonte der Fraktionsvorsitzende. Andererseits aber sollen möglichst keine Grünflächen verlorengehen. Wie dies im Einzelnen zu bewerkstelligen sei, blieb offen.
Sicherheit der BürgerInnen und Wohnzufriedenheit
Ein immer größeres Gewicht erhalten auch Fragen der Ordnung und Sicherheit. Die Kräfte des Ordnungsamtes sollen um etwa 50 Stellen aufgestockt werden, wobei unklar sei, wie weit die Fraktion im Stadtrat mit diesem Anliegen für das nächste Jahr käme.
Brandschutz: Die Fraktion stellt sich ausdrücklich hinter den Beschluss des Verwaltungsvorstandes, den „Hannibal II“-Komplex zu räumen. In diesem Zusammenhang wurde vor allem von Renate Weyer darauf verwiesen, dass die Weise, wie teilweise seitens der Eigentümer mit Wohneigentum umgegangen würde, untragbar sei.
Dringenden Handlungsbedarf hätte hier auf Bundesebene der Gesetzgeber. Notfalls muss es vom Gesetz her die Möglichkeit geben, zu enteignen, ließ sich aus den Stellungnahmen heraushören. Da sprechen stramme Traditionen, da lächelt das linke Herz.
Stichwort Bürgernähe: keine Politik über die Köpfe der Menschen hinweg
Auf die Frage, was man in den letzten drei Jahren gelernt habe, brauchte Hendrik Berndsen, stellvertretender Fraktionsvorsitzender, nicht lange nachzudenken: „Wichtig ist es, ein offenes Ohr zu haben, und zwar für jedermann.“ Die Politik sei nicht allein glücklich machend, habe nicht die Wahrheit gepachtet, so auch seine GenossInnen. Vielmehr muss sie zuhören können: gesellschaftlichen Gruppen, Verbänden, Kirchen, Einzelpersonen, Initiativen usw. Das sei zwar anstrengend, sehr anstrengend, aber unabdingbar.
Als Beispiel nannte Norbert Schilff die Stadtbezirksbereisungen der Fraktion, um sich vor Ort ein Bild zu machen. Erst auf dieser Grundlage können Anträge im Stadtrat besser verstanden und in ihren möglichen Auswirkungen eingeschätzt werden.
Weiter sei es wichtig, „ehrlich zu sein“. Manchmal müsse man den Menschen auch einmal sagen, was nicht geht. Aus Opportunitätsgründen falsche Hoffnungen zu sähen, ist eher kurzsichtig, so konnten die Fraktionsvertreter hier verstanden werden.
„Sich nicht von dem, was im Land und Bund passiert, bekloppt machen lassen“
… bemerkte Norbert Schilff irgendwann. Dies gab Anlass zu der Frage, ob und inwieweit die nach der SPD-Wahlniederlage auf Bundesebene losgetretene Debatte um eine Erneuerung der Partei in Richtung Gerechtigkeitsfragen bei den lokalen Genossen angekommen sei.
Die Antwort klang recht selbstbewusst: „Wir müssen uns nicht neu entdecken.“ Die Dortmunder SPD habe in solchen Fragen seit jeher in Teilen abweichende Auffassungen zur Partei im Land und Bund vertreten.
Zudem sei ein Pauschalbegriff wie „Soziale Gerechtigkeit“ zu kurz gegriffen und bedürfe vielmehr der Differenzierung dahingehend, dass geklärt werden müsse, von welcher Gerechtigkeit überhaupt die Rede sei. Komplexe Problematiken könnten nicht mit Schlagworten aufgefangen werden.
Bleibt zu hoffen, dass die Fraktion, wenn es in den nächsten drei Jahren um konkrete Probleme kommunaler Gerechtigkeit geht, auch konkrete Antworten findet.
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SPD
SPD drängt auf Anschlussprogramm für sozialen Wohnungsbau
Die SPD-Bundestagsabgeordnete Sabine Poschmann und der baupolitische Sprecher der SPD-Ratsfraktion Hendrik Berndsen appellieren an die schwarz-gelbe NRW-Landesregierung, das Förderprogramm zur Ankurbelung des sozialen Mietwohnungsbaus über 2017 hinaus fortzusetzen. „Die Lage auf dem Wohnungsmarkt ist auch in Dortmund nach wie vor angespannt“, sagt Berndsen. „Das Land darf jetzt nicht nachlassen.“ Die NRW-Regierung sei aufgefordert, schnellstmöglich ein Anschlussprogramm mit einem ähnlich hohem Fördervolumen wie in den vergangenen Jahren vorzulegen. „Die Städte und Kreise brauchen Klarheit, wie es weitergeht“, drängt Poschmann.
Hintergrund: Der damalige NRW-Städtebauminster Michael Groschek (SPD) hatte Dortmund ein Globalbudget von je 30 Millionen Euro für die Jahre 2015 bis 2017 unter anderem für den Neubau von öffentlich geförderten Mietwohnungen zur Verfügung gestellt. Dieses Globalbudget läuft Ende 2017 aus.
Die Mittel seien zu weit mehr als 100 Prozent ausgeschöpft worden, betont Poschmann. Allein für das Jahr 2015 seien über das Budget hinaus weitere 18 Millionen Euro abgerufen und bewilligt worden (insgesamt 48 Millionen). 2016 seien es 8,5 Millionen Euro zusätzlich gewesen (insgesamt 38,5 Millionen Euro). Berndsen: „Das war eine Erfolgsstory.“
So sei die Zahl der Baugenehmigungen von 2015 bis 2016 von 1350 auf 1800 gestiegen. Dazu hätten auch die günstigen Förderkonditionen beigetragen, die Investoren 15 Prozent Tilgungsnachlass bei der Kreditaufnahme gewährt hätten. Diese Förderbedingungen dürften auf keinen Fall verschlechtert werden. Die rot-grüne Vorgängerregierung habe Dynamik in den Wohnungsbau gebracht, die jetzt nicht abgewürgt werden dürfe. „Wir erwarten, dass die schwarz-gelbe Landesregierung aus den Startlöchern kommt und endlich sagt, wie es weitergehen soll“, fordern die beiden Dortmunder.