Von Thomas Engel
In dem vor einem Jahr eröffneten Büro der Initiative „lokal willkommen“ in Brackel. Jetzt wurde mit einer kleinen Feierstunde das ehrenamtliche Engagement von Dolmetscherinnen bei der stadtteilbezogenen Integrationsarbeit mit Flüchtlingen gewürdigt.
„lokal willkommen“ will Stadtbezirks-Netzwerke aufbauen und Ehrenamtliche stärken
Ursprünglich auf Beschluss des Dortmunder Stadtrates als Pilotprojekt in Zusammenarbeit mit dem Caritasverband gegründet, ist es Aufgabe von „lokal willkommen“, ein Netzwerk aus haupt- und ehrenamtlich Tätigen auf- und auszubauen, damit Unterstützungsangebote auf die Bedürfnisse von Flüchtlingen genauer zugeschnitten und etwaige Lücken in der Versorgung geschlossen werden können.
Damit wurde sowohl eine Anlaufstelle für Menschen geschaffen, die sich ehrenamtlich engagieren wollen, als auch für StadtteilbewohnerInnen, Alteingesessene und insbesondere Flüchtlinge, die ihre Anregungen und Sorgen in Sachen Integration mitteilen möchten oder alltagspraktische Hilfe benötigen.
Soll Integration gelingen, ist es darüber hinaus von großer Bedeutung, dass Flüchtlinge dort, wo sie leben, Kontaktmöglichkeiten zu solchen in der Bundesrepublik bereits integrierten Menschen haben, die mit Sprache und Kultur ihrer Herkunftsländer vertraut sind. Da dies bei vielen in den Stadtteilen professionell und ehrenamtlich tätigen HelferInnen nicht der Fall ist, ist vielerorts deren Arbeit auf Übersetzungshilfen im weitesten Sinne angewiesen, zum Beispiel in Beratungsgesprächen oder bei der Begleitung von Hausbesuchen.
Die ehrenamtlichen DolmetscherInnen haben eine große Bedeutung für die Arbeit
Angesichts weitgehend leerer kommunaler Kassen wäre hier ohne den freiwilligen und unentgeltlichen Einsatz von DolmetscherInnen eine solche Aufgabe kaum zu bewältigen.
Die erfolgreiche Arbeit des mittlerweile in einen Regiebetrieb überführten Stadtteilbüros „lokal willkommen“ mit den Flüchtlingen in ihren neuen Wohngebieten nach Verlassen der Erstaufnahmeeinrichtungen ist in einem nicht unerheblichen Maße jenen engagierten Menschen geschuldet, die ihr Wissen über die je besonderen Flüchtlingskulturen in die Integrationsarbeit eingebracht haben.
Ihre Leistungen für die lokale Integrationsarbeit nun auch öffentlich anzuerkennen, war deshalb Anlass genug, sich zu einer kleinen Feierlichkeit zu treffen. Zugleich bot sich MitarbeiterInnen und AktivistInnen zum ersten Geburtstag der Einrichtung die Möglichkeit, das vergangene Projektjahr Revue passieren zu lassen und Zukunftsperspektiven miteinander zu diskutieren. Bei Kaffee und Kuchen, wie sich von selbst versteht.
Stadt Dortmund dankt den Ehrenamtlichen für ihren unermüdlichen Einsatz
Anstelle des kurzfristig verhinderten Leiters des Dortmunder Sozialamtes Jörg Süshardt übernahm Projektleiter Ulrich Piechota die Begrüßung der Gäste und Mitarbeiter.
Seinen ausdrücklichen Dank richtete er an alle ehrenamtlich tätigen Dolmetscher, die Projektkoordinatorin und 1. Vorsitzende des Projektes Ankommen e.V., Nahid Farshi, sowie an die beiden ständigen Mitarbeiterinnen des Büros, die Sozialarbeiterinnen Ella Mönch vom Sozialamt sowie die Sozialpädagogin Rebecca Dettling vom Caritasverband.
Innerhalb eines Jahres wurde das Lokal am Brackeler Hellweg über 700 Mal von geflüchteten Menschen aufgesucht. Daneben organisierten die Sozialarbeiterinnen für alle Neuankömmlinge in den Stadtbezirken Brackel und Aplerbeck in Begleitung der ehrenamtlichen Übersetzer und Kenner der Herkunftskulturen Hausbesuche. Gedolmetscht wurde für Arabisch und Persisch. Beteiligt waren insgesamt zehn Männer.
Über das Sozialamt erfassbare Einzelpersonen und Familien werden vom Büro mit dem Hinweis angeschrieben, dass und wann jemand vorbeikommt. Manchmal dauert das ein wenig, bis es klappt. Aber zumeist kommt ein Kontakt zustande. Über 200 Flüchtlingshaushalten aus den Stadtbezirken Brackel/Aplerbeck konnte bislang trotz aller Sprachbarrieren geholfen werden.
Möglichkeiten der Artikulation konkreter Bedarfe
Ziel dieser Besuche ist es, den in den beiden Stadtbezirken neu angesiedelten Flüchtlingen integrationsfördernde Hilfsangebote zu unterbreiten, die außerhalb der vom Jobcenter angebotenen Maßnahmen zur Integration über den Arbeitsmarkt liegen.
Besonders nachgefragt werden Möglichkeiten, in einem Sportverein mitzumachen. Denn gemeinsames Spielen hat offenkundig eine niedrigschwellige Sprachbarriere. Ausgeprägte Bedarfe gibt es ebenso bei Flüchtlingskindern bis hin zu Auskünften für die Eltern, wie ihr Kind in einer Kindestageseinrichtung untergebracht werden könnte. Zum Beispiel als Information zur und Hilfe bei der Überwindung administrativer Hemmnisse.
Um eine fundamentale Bedingung für die soziale Integration der neuen Stadtteilbewohner zu erfüllen, nämlich die Sprachkompetenz der Flüchtlinge zu verbessern, wurden im Frühjahr dieses Jahres mit anderen kommunalen Kooperationspartnern drei Sprachcafés eröffnet: im Stephanus Gemeindehaus in Wickede sowie in den Gemeindehäusern St. Ewaldi in Aplerbeck und St. Clemens in Brackel.
Lernprozesse und Sensibilisierung bei allen Beteiligten
In diesen Sprachcafés als Orten interkultureller Begegnungen haben die Besucher die Möglichkeit, ihre deutschen Sprachkenntnisse zu praktizieren und zu vertiefen. Im Gespräch oder beim Spielen. Auch hier ist das ehrenamtliche Engagement vieler Helfer unerlässlich, die so nach dem Abebben der Flüchtlingsankünfte durch Grenzschließungen und unterbelegten Erstunterkünften neue Betätigungsfelder für ihre Hilfsbereitschaft finden.
Nichtsdestotrotz fehlen für den ehrenamtlichen Einsatz beim Nachhilfeunterricht, der Kinderbetreuung und Freizeitgestaltung sowie für die Übernahme von Patenschaften immer noch Mitwirkende.
Durch ein dergestaltiges Zusammenwirken von Flüchtlingen, professioneller Helfer und ehrenamtlicher Mitarbeiter wird die interkulturelle Kompetenz auf allen Seiten gestärkt, betont Ulrich Piechota. Es ist eine Win-Win-Situation zur Vergrößerung der Integrationstiefe dort, wo es drauf ankommt: nämlich dort, wo die Menschen leben.
Das Integrationsnetzwerk „lokal willkommen“ soll zukünftig ausgeweitet werden
Die kommunale Strategie des Netzwerkes „lokal willkommen“ ist es, zunächst um den erweiterten Innenstadtbereich, vor allem um dem Dortmunder Norden herum weitere Integrationsbüros zu errichten.
Denn: Im Norden selbst ist die Situation recht komplex, da er zentraler Anlaufpunkt vieler ankommender Flüchtlinge und Migranten ist. Zugleich gibt es dort aber bereits eine große Zahl lokaler Initiativen und Netzwerke zur Förderung von Integration durch mannigfaltige Hilfsangebote und den Aufbau von Strukturen sozialer Teilhabe.
Für die Eröffnung weiterer Einrichtungen von „lokal willkommen“ in den Stadtbezirken Mengede/Huckarde (in Zusammenarbeit mit dem Diakonischen Werk) und Hörde/Hombruch (mit der Arbeiterwohlfahrt) gibt es schon einen Beschluss des Stadtrates. Gesucht wird augenblicklich nach geeigneten und bezahlbaren Räumlichkeiten.
Perspektivisch, aber noch vom Stadtrat zu verabschieden, sind weitere Einrichtungen geplant für die Stadtbezirke Lütgendortmund, Eving und Scharnhorst. Da für jedes Netzwerkbüro jährlich Kosten von ca. 110.000 Euro anfallen, wird an dieser Stelle einmal mehr die nicht neue Forderung der Kommunen an die Länder und den Bund sinnfällig, sich an den Integrationsfolgekosten vor Ort angemessen zu beteiligen.
Mehr zum Thema auf nordstadtblogger.de:
„Im Rollstuhl bis Dortmund – die Odyssee behinderter Flüchtlinge“: IBB organisiert Netzwerkkongress
Reader Comments
Übersetzungsbüro Nastula
Grundsätzlich ein tolles Projekt! Ehrenamtliche DolmetscherInnen können professionelle Sprachmittler für wirklich entscheidende Termine (z.B. wenn es um die Asylverfahren geht) zwar nicht ersetzen, bieten aber eine sehr gute Ergänzung und können enorm bei der schnelleren Integration von Migranten helfen!
Wir wünschen dem Projekt und allen ehrenamtlichen viel Erfolg!
Stadt Dortmund
NRW-Sonderpreis für Integrationsnetzwerk „lokal willkommen“ der Stadt Dortmund
Die Stadt Dortmund wurde am gestrigen Donnerstag, 9. November, von der Staatskanzlei NRW als „Europaaktive Kommune in Nordrhein-Westfalen“ mit einem Sonderpreis für das „Integrationsnetzwerk lokal willkommen“ als ein besonderes Beispiel kommunaler Europa-Arbeit ausgezeichnet.
Die Verleihung der Urkunden an die Vertreterinnen und Vertreter der Stadt Dortmund und zehn weitere Kommunen übernahm Europaminister Dr. Stephan Holthoff-Pförtner in Vertretung des Ministerpräsidenten in Düsseldorf.
Damit würdigt die Landesregierung ausdrücklich besonderes Europa-Engagement auf der kommunalen Ebene.
Bereits im Jahr 2014 ist die Stadt Dortmund für ihre Europaarbeit von der Landesregierung als „Europaaktive Kommune“ ausgezeichnet worden. Das Engagement der Stadt im europäischen Netzwerk EUROCITIES und in der Arbeitsgruppe EU-Zuwanderung im Deutschen Städtetag wurden mit einem Sonderpreis ausgezeichnet.
Im Jahr 2016 hat Dortmund gemeinsam mit der Fachhochschule Dortmund und Trägern vor Ort einen Sonderpreis für den Studiengang „Armut und (Flüchtlings-)migration“ erhalten.
Diese Auszeichnungen machen deutlich, dass sich die Stadt Dortmund den Herausforderungen der Zuwanderung gestellt und eine Vorreiterrolle übernommen hat.
Stadt Dortmund
Stadt unterstützt Flüchtlingsberatungsstellen
Der Verwaltungsvorstand befasste sich am Dienstag mit der Unterstützung der regionalen Flüchtlingsberatungsstellen der Arbeiterwohlfahrt Unterbezirk Dortmund (AWO), dem Verbund soziokultureller Migrantenorganisationen Dortmund e.V. (VMDO), der Caritas, der Diakonie, dem Deutschen Roten Kreuz (DRK) und dem Multikulturellen Forum e.V. (MkF) durch die Stadt Diortmund.
Vorbehaltlich der Entscheidung des Rates wird die Stadt Dortmund den erforderlichen Kofinanzierungsanteil von insgesamt etwa 35.000 Euro in 2017 und ab 2018 jährlich zirka 46.000 Euro übernehmen.
Die Aufnahme einer großen Zahl von Flüchtlingen innerhalb kurzer Zeit stellte die gesellschaftlichen Kräfte der Stadt, aber auch die Betroffenen selbst vor große Herausforderungen.
Zur Ergänzung der Beratungslandschaft wurden bereits Ende 2015 bei der AWO und dem VMDO mit Landesmitteln geförderte Flüchtlingsberatungsstellen eingerichtet; beiden Einrichtungen wurde jeweils eine halben Personalstelle zugesprochen.
Die regionalen Flüchtlingsberatungsstellen informieren und geben Hilfestellung bei asyl-, aufenthalts- und sozialrechtlichen Fragen. Sie tragen dazu bei, dass Flüchtlinge über den Stand ihres Verfahrens und ihrer Möglichkeiten informiert sind und aktiv ihre Aufnahme und ihren Aufenthalt in Deutschland, ihre Weiterreise oder ihre Ausreise mitgestalten können.
Das Land NRW hat vor dem Hintergrund der Entwicklung die Mittel des Landesprogramms zur sozialen Beratung von Flüchtlingen aufgestockt. Dortmund verfügt nunmehr über fünf Personalstellen der regionalen Flüchtlingsberatung.