Neuer Ausstellungsbereich: Hoesch im Nationalsozialismus: Texte, Bilder, Dokumente im Hoeschmuseum in Dortmund

Im Hoesch-Museum wurde ein neu gestalteter Dauerausstellungsbereich präsentiert. Von links: Museumsleiter Michael Dückershoff, Marie Kim Juhl, Geschichtsstudentin und Praktikantin, Dr. Karl Lauschke, Vorsitzender der Freunde des Hoesch-Museums.
Museumsleiter Michael Dückershoff, Geschichtsstudentin Marie Kim Juhl, und Dr. Karl Lauschke, Vorsitzender der Freunde des Hoesch-Museums, stellten den neuen Ausstellungsbereich vor. Fotos: Joachim vom Brocke

Böse Erinnerungen. Im Hoesch-Museum wird endlich auch die Zeit des Nationalsozialismus im Dauerausstellungsbereich in Text, Bildern und Dokumenten dargestellt. Rüstung, Zwangsarbeit, Zerstörung und die Biographie eines Täters sind vier Themen, die das Hoesch-Museum neu recherchiert hat und nun präsentiert.

Kriegswichtige Produkte produziert

Anderthalb Jahre wurde an dem Projekt gearbeitet, unterstützt von Marie Kim Juhl, Studentin des Fachs Geschichte an der Ruhr-Uni Bochum, die ihr Praktikum im Museum gemacht hat.

Rüstung. Nach der Machtübernahme der Nazis 1933 wurde Hoesch in den Dienst der Rüstung und des Aufbaus der kriegswichtigen Infrastruktur gestellt. Auf der Westfalenhütte und beim Dortmund-Hörder-Hüttenverein wurden kriegswichtige Produkte hergestellt, u.a. Panzergehäuse der Typen Panther und Tiger II, Panzermunition,  Geschützrohre, Panzerbleche und vieles mehr.

1944 waren über ein Drittel der Belegschaft Zwangsarbeiter

Zwangsarbeit. Im Zweiten Weltkrieg wurden rund 60 000 Zwangsarbeiter in der Dortmunder Eisen- und Stahlindustrie eingesetzt. Im Dezember 1944 waren über ein Drittel der Arbeiter beim Hüttenwerk Hoesch Zwangsarbeiter. Beim Dortmund-Hörder-Hüttenverein waren es sogar fast 39 Prozent.

Die Lebensumstände der Zwangsarbeiter variierten stark. Sie waren abhängig von ihrer Herkunft und davon, in welchen Betrieben sie untergebracht waren. Westeuropäische Zivilarbeiter (Franzosen, Holländer etc.) wurden in aller Regel besser als die sogenannten „Ostarbeiter“ behandelt.

Viele starben durch Bomben, Hunger, Krankheit

In Dortmund starben viele Zwangsarbeiter. Die Lager waren kaum vor Bombenangriffen geschützt, Italiener und „Ostarbeiter“ nicht in die Luftschutzbunker gelassen. Eine weitere häufige Todesursache war der Hunger. Mangelernährung führte zu einer größeren Anfälligkeit für Krankheiten, denen viele Menschen erlagen. Eine weitere Folge war die fehlende Konzentration am Arbeitsplatz, die wiederum schwere Unfälle verursachte.

Zerstörung. Ein Großteil der Produktionsanlagen wurde durch Luftangriffe zerstört. Die regelmäßige Zerstörung von Zwangsarbeiterlagern führte zu der Suche nach immer neuen Unterbringungsmöglichkeiten. Neben Gaststätten wurde 1943 sogar der Hoeschpark als Lager genutzt.

Biographie eines Täters, der 1958 bei Hoesch begann

Mit Albert Ganzenmüller wird „Ein Täter“ vorgestellt, der bei Hoesch beschäftigt war. Fotos: Joachim vom Brocke
Mit Albert Ganzenmüller wird „Ein Täter“ vorgestellt, der bei Hoesch beschäftigt war.

Ein Täter – Albert Ganzenmüller. Geboren wurde er 1905. Nach seinem Diplom in Maschinenbau begann er eine Tätigkeit in der Reichsbahndirektion. Für seine Teilnahme am Hitlerputsch 1923 erhielt er den sogenannten „Blutorden“, 1931 trat er der NSDAP und der SA bei. Während des Krieges arbeitete er im besetzten Frankreich, Österreich und zuletzt in Poltawa. Dort übernahm er als Reichsbahn-Generalkommissar die Leitung der Haupteisenbahndirekton Ost.

Auf Albert Speers Empfehlung hin wurde er im Mai 1942 zum stellvertretenden Reichsbahn-Generaldirektor und Staatssekretär im Reichsverkehrsministerium ernannt. Sofort wurde Albert Ganzenmüller maßgeblich in die Organisation der Deportationszüge eingebunden. 1947 gelang ihm die Flucht nach Argentinien. Dort beriet er offiziell die Argentinischen Staatsbahnen.

Sein Entnazifizierungsverfahren wurde eingestellt. 1955 reiste Ganzenmüller endgültig nach Deutschland zurück, im gleichen Jahr wurde er als Transportingenieur bei der Hoesch AG in Dortmund eingestellt und arbeitete hier bis zu seinem Renteneintritt am 1. April 1968. Er starb am 20. März 1996 in München.

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  1. Museumsgespräch im Hoesch-Museum thematisiert Zwangsarbeit auf der Zeche Kaiserstuhl (PM)

    Am Donnerstag, 21. November, findet um 18 Uhr im Hoesch-Museum ein Vortrag über die Zwangsarbeit sowjetischer Kriegsgefangener auf der Dortmunder Zeche Kaiserstuhl während des Zweiten Weltkriegs statt. Hannelore Tölke berichtet über das Schicksal der dort eingesetzten Männer. Der Eintritt ist frei.

    Ab Herbst 1942 wurden auf den Zechen des Ruhrgebiets sowjetische Kriegsgefangene zur Arbeit gezwungen, da durch die Einberufung von Bergleuten zur Wehrmacht Arbeitskräftemangel herrschte. Auf der Zeche Kaiserstuhl, die der Hoesch AG gehörte, waren viele dieser Gefangenen eingesetzt.

    Die Historikerin Hannelore Tölke aus Dortmund beleuchtet die Lebenswege der Männer, die nach tagelangen Zugfahrten ins Ruhrgebiet gebracht wurden, um in den Zechen Zwangsarbeit zu leisten. Wer waren sie, wie kamen sie nach Dortmund, und welche Schicksale erwarteten sie? Diese Fragen stehen im Mittelpunkt des Vortrags.

    Das Hoesch-Museum ist aufgrund von Sanierungsmaßnahmen derzeit nicht für Besichtigungen geöffnet.

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