Diane Jägers: „Wie lange wollen wir Feinden der Demokratie noch die die rechte und die linke Wange hinhalten?“

Die „Nazi-Kiez“-Plakate sind auf Demos erlaubt, nicht aber im Wahlkampf.
Die „Nazi-Kiez“-Plakate sind – mittlerweile mit einem Partei-Logo versehen – auch im Wahlkampf statthaft.

Schlappe vor Gericht: Die „Nazi-Kiez-Dorstfeld“-Plakate der rechtsradikalen Splitterpartei „Die Rechte“ dürfen hängen bleiben. Sie stellen laut dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Wahlwerbung dar und dürfen demnach hängen bleiben.

Verwaltungsgericht kippt die städtische Verfügung zum Abhängen der Plakate

Die Neonazis feiern ihren neuerlichen juristischen Erfolg. Foto: Screenshot
Die Neonazis feiern ihren neuerlichen juristischen Erfolg. Foto: Screenshot

Die Partei war gegen die städtische Verfügung zum Abhängen vor Gericht gezogen – mit Erfolg. Damit stellt sich das Gericht – mal wieder – gegen die Rechtsauffassung der Stadt Dortmund und die Meinung vieler BürgerInnen. Die Stadt hatte mit einem fehlenden Bezug zur Landtagswahl argumentiert – die Plakate seien „sinnentleert“ und stellten eine wilde Plakatierung da, für die keine Sondernutzungserlaubnis vorliege.

„Wir haben einen sehr guten Schriftsatz – es geht um eine Strategie. Das haben wir gut dargelegt. Wenn das nicht überzeugt, habe ich auch bald die Faust in der Tasche“, hatte die zuständige Dezernentin Diane Jägers noch am Dienstag betont. Nun muss sie die Faust ballen – denn die Verwaltungsrichter folgten der Stadt nicht und gaben erneut den Neonazis Recht.

Die Neonazis feiern dies als neuerlichen PR-Coup. In Dorstfeld und anderswo klopft man sich nun wieder genüsslich auf die Schultern und die Schenkel. Denn im Schreiben aus Gelsenkirchen heißt es unter anderem: „Die angegriffene straßenrechtliche Ordnungsverfügung erweist sich nämlich bei summarischer Prüfung als offensichtlich rechtswidrig.“

„Die isolierte Würdigung einzelner textlicher oder bildlicher Elemente verbietet sich“

Weiterer Streitpunkt: Fallen die Aufrufe zum 1. Mai unter die Wahlkampfregelungen?
Ein weiterer Streitpunkt: Fallen auch die 1. Mai-Plakate unter die Wahlkampfregelungen?

Weiter heißt es: „Ob sich die Wahlplakatierung im Rahmen der erteilten Sondernutzungserlaubnis hält, bemisst sich nach einer großzügigen Gesamtbetrachtung. Die isolierte Würdigung einzelner textlicher oder bildlicher Elemente des Plakats verbietet sich.  Die Nutzung wäre erst dann eine nicht erlaubte andere, (…) wenn die Plakatierung keinen Bezug zur Landtagswahl mehr hätte. Ansonsten verbieten sich Interpretationen einzelner Aussagen des fraglichen Plakats.“

Genau das hatte die Stadt allerdings moniert – der Bezug fehle ebenso wie bei den Mobilisierungsplakaten für die Kundgebung am 1. Mai. Einige dieser Plakate hatte die Stadt am vergangenen Freitag im Rahmen einer Ersatzvornahme direkt abgenommen, was vielleicht auch noch ein rechtliches Nachspiel haben wird.

„Große Unterstützung seitens der Verwaltungsgerichtsbarkeit ist nicht zu erwarten“, bedauert Jägers. „Es waren unsere letzten Versuche im Rahmen einer wehrhaften Demokratie und den Mitteln, die die Verwaltung hat“, so die Rechtsdezernentin.

Juristische und gesellschaftliche Debatte über das Aushöhlen der Demokratie gefordert

Diese Plakate fallen unter die freie Meinungsäußerung.
Diese Plakate fallen unter die freie Meinungsäußerung. Fotos: Alex Völkel

Allerdings will Jägers keine Richterschelte betreiben, sondern fordert nach der Wahl eine gesellschafts- und rechtspolitische Diskussion: „Wie lange wollen wir noch zuschauen, dass Verfassungsfeinde mit den Mitteln der Demokratie die Demokratie aushöhlen“, fragt sie kritisch und zielt dabei keineswegs nur auf Rechtsextremisten, sondern auch auf Salafisten.

Die Meinungsfreiheit sei ein Grundpfeiler der Demokratie. Aber auch der Widerstand sei Bestandteil der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Zwar ziele dies primär auf nicht verfassungskonformes staatliches Handeln. Allerdings könne und müsse dies auch auf Verfassungsfeinde wie Rechtsextreme und Salafisten Anwendung finden.

Dies müsse in juristischen Seminaren, aber auch gesellschaftlichen Kreisen diskutiert werden. Denn der Handlungsdruck sei da: „Oder wie lange wollen wir den Feinden der Demokratie ganz neutestamentarisch noch die die rechte und die linke Wange hinhalten?“, ärgert sich Jägers.

Hier die Urteilsbegründung des Verwaltungsgerichtes Gelsenkirchen als PDF zum Download: Urteilsbegründung des VG Gelsenkirchen

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Verfügung der Stadt Dortmund gegen die Partei „Die Rechte“: Die „Nazi-Kiez“-Plakate in Dorstfeld müssen runter

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  1. Wählerinitiative der internationalistischen Liste/MLPD Dortmund

    Kundgebung und Straßenumzug am 6.5. 2017 in Dortmund Dorstfeld

    An alle Antifaschistischen und Demokraten,

    die Wählerinitiative der internationalistischen Liste/MLPD Dortmund ruft auf:
    Kommt am 6.5 um 14 Uhr nach Dorstfeld zur Kundgebung auf dem Wilhelmplatz!

    „Nazi Kiez“? Niemals!
    Gemeinsam gegen Faschismus! Für Frieden und Völkerfreundschaft!
    Kundgebung und Straßenumzug in Dortmund Dorstfeld anlässlich des 8. Mai,
    Tag der Befreiung vom Hitlerfaschismus!

    Wir wehren uns entschieden dagegen, dass faschistische Organisationen wie „die Rechte“ in Dortmund Dorstfeld völlig zu Unrecht als „Nazi Kiez“ bezeichnen. Bereits am 18.11.2016 zeigten die Dorstfelderinnen und Dorstfelder auf einer Kundgebung, dass sie Nazis satt haben.
    Anlässlich des Tages der Befreiung vom Hitlerfaschismus ist es besonders wichtig, in Dorstfeld zu zeigen: Faschismus ist keine Meinung sondern ein Verbrechen! Wir stehen ein für eine Welt in Frieden und Völkerfreundschaft. Hoch die internationale Solidarität!

    Wir protestieren dagegen, dass faschistische Parteien zur Landtagswahl zugelassen werden und ihr volksverhetzendes Gedankengut verbreiten können.

    Wir rufen alle Antifaschisten, demokratische und fortschrittliche Organisationen sowie die Bevölkerung auf, sich zu beteiligen. Wir haben ein offenes Mikrofon, an dem jede und jeder auf antifaschistischer Grundlage sprechen kann. Jede Organisation hat das Recht eigenständig aufzutreten. Faschisten haben keinen Zutritt. Wir freuen uns über Reden und kulturellen Beiträge.

    Rückmeldungen dazu bitte an die E-Mail: waehlerinitiative.do@gmx.de.

    Was ist die internationalistische Liste/MLPD?
    Im Oktober 2016 wurde das internationalistische Bündnis gegründet. Es schließt internationalistische, antifaschistische, klassenkämpferische und revolutionäre Kräfte zusammen gegen den Rechtsruck der Regierung. Das Bündnis beschloss als internationalistische Liste/MLPD zu den Landtagswahlen und Bundestagswahlen zu kandidieren. Die internationalistische Liste/MLPD fordert das Verbot aller faschistischen Organisationen. Die beiden Direktkandidaten Sarah Rißmann ( Wahlkreis 111) und Gerhard Pfisterer (Wahlkreis 112) stellten Strafanzeige gegen das Aufhängen der unverschämten Nazikiez Plakate ebenso gegen das Plakat „Wir hängen nicht nur Plakate“.

    Jeder kann aktiv mitmachen bei der Wählerinitiative: Jeden letzten Sonntag im Monat um 16:00 Uhr im Haus der Vielfalt, Beuthstraße 21.

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