Der fünfte Tag der Solidarität fand am Dienstag (4. April 2017) unter großer Anteilnahme und auch Beteiligung der Familie von Mehmet Kubaşık statt, der am Tag genau vor elf Jahren vom Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) in seinem Kiosk an der Mallinckrodtstraße in der Nordstadt erschossen wurde.
Würdevolles und stilles Gedenken soll im Mittelpunkt stehen
Im Sinne einer angemessenen Erinnerungskultur sei es der Stadt Dortmund und insbesondere Oberbürgermeister Ullrich Sierau – wie in jedem Jahr – sehr wichtig, gemeinsam mit der Familie Kubaşık ein würdevolles und stilles Gedenken zu veranstalten.
Für die Familie bedeuten diese Zeiten auch eine mitunter belastende Präsenz in der Öffentlichkeit. Es ist daher wichtig, in enger Abstimmung mit der Familie, diese Situation in einem entsprechenden Rahmen zu halten, aber insbesondere auch ein angemessenes und richtiges Maß zu finden.
„Mehmet Kubaşık war ein Dortmunder und jemand, der diese Stadt als seine Heimat verstanden hat. Auch nach elf Jahren sind wir immer noch tief betroffen über das, was geschehen ist und geschehen konnte“, betont Oberbürgermeister Ullrich Sierau. „Auch diese Tat bestärkt uns darin, uns täglich im Kampf gegen Rechtsextremismus und Rechtsterrorismus zu engagieren. Dieses Engagement werden wir fortsetzen.“
Kritik von OB und Familie an „unangemessener Behandlung“ des Jahrestages
Allerdings kritisiert Sierau den Umfang und den Ausmaß der Veranstaltungen rund um den Jahrestag der Ermordung. An diesem Tag solle das Andenken und die Person von Mehmet Kubaşık im Vordergrund stehen.
„Leider wird die Familie des Ermordeten mit unglücklichen Situationen konfrontiert, in denen die Person sowie das Schicksal von Mehmet Kubaşık auf verschiedene Weise und ohne Einbindung der Familie unangemessen behandelt wird“, so Sierau.
„Dies hat mir die Familie in einem Gespräch persönlich mitgeteilt. Daher bitte ich dringend als Oberbürgermeister und im Namen der Familie darum, in Zukunft – gerade an den bewegenden Jahrestagen – die stille Würdigung gerade jetzt im zeitlichen Umfeld des Todestages von Mehmet Kubasik in den Vordergrund politischer oder medialer Aktivitäten zu stellen.“
Um das stille Gedenken in den Mittelpunkt zu stellen, trafen sich Sierau und Mitglieder der Familie bereits zwei Stunden vor der großen Demo zum stillen Gedenken am Tatort, wo eine Gedenkplatte an den Mord erinnert.
Vorwurf der „politischen Trittbrettfahrerei“: „Das hat Mehmet Kubaşık nicht verdient“
Sierau schloss sich – obwohl anders geplant – auch dem Demozug anlässlich des fünften Tages der Solidarität an, um möglichen Vorwürfen zu begegnen, er wolle die Veranstaltung boykottieren.
Gleichwohl erinnerte er im Vorfeld an den Vorwurf der „politischen Trittbrettfahrerei“, ohne sich diese Aussage zu eigen zu machen: „Es hängen sich immer mehr an das Gedenken an. Das hat Mehmet Kubaşık nicht verdient“, so Sierau.
Er appellierte auch daran, an Jahrestagen auf Fernsehberichte etc. aus Respekt gegenüber der Familie zu verzichten. „Die stille Würdigung sollte im Vordergrund stehen und nicht das politische und mediale Betreiben“, so Sierau.
Rund 400 Personen waren zu Kundgebung in der Nordstadt gekommen
Der 2012 zur Erinnerung an Mehmet Kubaşık vor seinem ehemaligen Kiosk aufgestellte Gedenkstei war auch dieses Jahr der Treffpunkt für die angemeldete Demo. Rund 400 Menschen nahmen Anteil an dem damals verübten Verbrechen.
Nachdem dort eine Schweigeminute abgehalten, sowie Blumen nieder gelegt wurden, bewegten sich die DemonstrantInnen zum NSU-Mahnmal vor der Auslandsgesellschaft, wo die Abschlusskundgebung mit drei weiteren Redebeiträgen stattfand. Im Anschluss fand eine von insgesamt drei Diskussion- und Vortragsveranstaltungen statt, die im Rahmenprogramm geplant wurden.
Die dritte und letzte Veranstaltung zum Thema „Der NSU Komplex“ – ein Filmabend mit Diskussion – findet am Mittwoch, 5. April, um 19 Uhr im Dietrich-Keuning-Haus, Leopoldstraße 50, 44147 Dortmund, statt. Zu Gast ist Kutlu Yurtseven ( Keupstraße ist überall).
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