Der zentrale Holocaust-Gedenktag findet in Erinnerung an die Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz am 27. Januar 1945 durch die Rote Armee statt. Bereits am Donnerstag, 26. Januar 2017, wird um 19 Uhr im Dortmunder Rathaus das eine Holocaust-Gedenkveranstaltung stattfinden. Das Thema Flucht und Flüchtlinge steht – nicht zuletzt wegen der Aktualität – in den Mittelpunkt.
Kein Land wollte jüdische Flüchtlinge aus Deutschland und Österreich aufnahmen
Vor 80 Jahren stand für viele Juden in Deutschland – auch in Dortmund – die Frage an, ob eine Emigration oder auch eine Flucht aus Deutschland möglich ist. Die Flucht kostete Geld, man brauchte Einreisegenehmigungen und Kontakte, man gab sein Eigentum nahezu komplett auf.
1938 auf der internationalen Konferenz in Evian fand sich im Prinzip kein Land, das bereit war, jüdische Menschen aus Deutschland und Österreich aufzunehmen. Deshalb setzen wir dieses Jahr unseren Akzent auf das Thema „Flucht“ – zumal „Flucht und Flüchtlinge“ heutzutage für die Deutschen das Thema Nr. 1 ist.
Bürgermeisterin Birgit Jörder wird die Veranstaltung mit einem Grußwort der Stadt Dortmund eröffnen. Rolf Fischer hat über die Flucht Dortmunder Juden ins Ausland geforscht und wird davon berichten. Von einem Beispiel dieser Flucht erzählt der Enkel John Löwenhardt, der heute in den Niederlanden lebt.
Die Dortmunder „Botschafter*innen der Erinnerung“ werden von Recherchen berichten
In der Nähe der deutschen Grenze bei Bocholt – in Aalten – gibt es ein interessantes „Untertauchermuseum“, das an das Untertauchen von Niederländern im eigenen Land, aber eben auch von Juden aus Deutschland anschaulich erzählt. Dortmunder Schüler und Jugendliche waren schon dort. Herr Kuiper wird uns davon berichten.
Die Dortmunder „Botschafter*innen der Erinnerung“ waren vor kurzem auf den Spuren von Flucht und Schicksal von Juden in den Niederlanden und werden mit einem Film davon berichten.
Umrahmt wird die Gedenkveranstaltung durch Klezmermusik aus der Dortmunder Romberg-Klezmer- Gruppe und Tänzen der Tanzgruppe der jüdischen Gemeinde.
Wie auch in den letzten Jahren wird diese Veranstaltung vorbereitet und getragen von der „Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit“, der VHS Dortmund, der Auslandsgesellschaft, dem Jugendring und dem „Internationalen Bildungs- und Begegnungswerk“.
Freitag Mahnwache und Gedenken an Orten der Täter und der Opfer
Das „Bündnis Dortmund gegen Rechts“ und die „VVN-BdA Dortmund“ (Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten) besuchen an diesem Tag zwei Orte, die den Anfang und das Ende der Nazibarbarei markieren.
Um 15 Uhr wird es eine Mahnwache am ehemaligen Ort der Villa Springorum an der Hainallee / Ecke Eintrachtstraße geben. Hier tra fen sich am 7. Januar 1933 die Herren der Ruhrlade, die mächtigsten Vertreter der Kohle- und Stahlindustrie. Sie beschlossen die nötigen Finanzen und die sonstige Unterstützung für den Machtantritt Hitlers.
Um 16 Uhr findet dann ein Gedenken am Stein für die Sinti & Roma (Weißenburger Straße / Ecke Gronaustraße) statt. Hier wird ein Kranz für die Sinti & Roma niedergelegt, die vom ehemaligen Ostbahnhof aus nach Auschwitz ins Gas deportiert wurden. Das Gedenken wird musikalisch von Peter Sturm begleitet.
Gedenken im Borusseum an die Homosexuellenverfolgung in Dortmund
Am 27. Januar 2017 findet bereits zum siebten Mal anlässlich des „Tag gegen das Vergessen“ eine Veranstaltung im Borusseum im Signal-Iduna-Park statt. Beginn ist um 19.09 Uhr, der Einlass ist kostenlos und erfolgt ab 18.30 Uhr. Nach der Begrüßung durch BVB-Schatzmeister Dr. Reinhold Lunow wird der Dortmunder Historiker Dr. Frank Ahland in einem Vortrag seine Forschungen erörtern.
Anhand der Haftbücher des Dortmunder Polizeigefängnisses Steinwache hat er rund 650 aufgrund homosexueller Handlungen eingelieferte Männer ermittelt.
Seine Auswertungen lassen eine intensive nächtliche Verfolgung Homosexueller in öffentlichen Toiletten- und Parkanlagen seitens der Polizei, aber auch einen hohen Anteil denunzierter Männer erkennen.
sie zeigen zudem einen engen, bisher wenig beachteten Zusammenhang des massiven Anstiegs der Verfolgung nach einer Rede Heinrich Himmlers am „Tag der deutschen Polizei” im Januar 1937, in der er in der Homosexualität eine Bedrohung des NS-Männlichkeitskultes erkannt zu haben glaubte.
Eine umgehend gestartete Pressekampagne diente der ideologischen Rechtfertigung einer verstärkten Verfolgung durch Polizei, Gestapo und SS. Ahland verweist damit die Einschätzung des Bundesverfassungsgerichts, das 1957 darauf verwies, dass die Verschärfung des § 175 im Jahr 1935 rechtsstaatlich zustande gekommen und daher kein NS-Unrecht sei, ins Reich der Legende.
Begleitet wird der Abend musikalisch durch Dr. Maik Hester und Peter Sturm. Sie werden Lieder präsentieren, die in Konzentrationslagern und Ghettos entstanden sind.
Gedenkveranstaltungen gibt es auch im Brackel und Lütgendortmund
Auch in den Stadtbezirken wird es Gedenkveranstaltungen geben. Die Bezirksvertretung Brackel lädt gemeinsam mit den Kirchen und einer Vielzahl von Organisationen und Parteien am Freitag, 27. Januar 2017, um 17 Uhr zur Kranzniederlegung an der Kommende-Mauer am Brackeler Hellweg ein.
Anschließend wird es einen kurzen ökumenischen Gottesdienst im Arent-Rupe-Haus, Flughafenstraße 7, geben. Das Motto: „Erinnerung heißt Verantwortung – Auch für mich!“.
Zeitgleich findet auch in Lütgendortmund eine Veranstaltung statt. „Kirchenmusik in dunkler Zeit“ ist Thema des Vortrag von Kantorin Hannelore Heinsen im Evang. Jugendheim, Westricher Str. 15, in Lütgendortmund.
Um 19 Uhr wird es dann ein Konzert mit Musik der Zeitgenossen Anne Franks geben. Zu Gehör bringen werden sie Eleonore Pameijer (Querflöte) und Marcel Worms (Klavier) in der Bartholomäus-Kirche, Theresenstr. 3, Lütgendortmund. Bei beiden Veranstaltungen ist der Eintritt frei.