Der Dortmunder Stadtrat wird sich am Donnerstag ab 13 Uhr in einer öffentlichen Sitzung mit dem Haushalt für das Jahr 2017 befassen. Die Verabschiedung des mehr als zwei Milliarden Euro schweren Pakets gilt als sicher – SPD und CDU werden ihn beschließen. Dies wurde bei der Sondersitzung des Finanzausschusses in der vergangenen Woche deutlich.
Jahresfehlbetrag steigt mittlerweile von 54,5 auf 67,2 Millionen Euro
Dort wurden 150 Änderungsanträge beraten und abgestimmt, nachdem es bereits im Vorfeld ein großes Kompendium mit Änderungen gegeben hatte, die seit der Einbringung des Haushaltes im September aufgelaufen waren.
Die kleineren Fraktionen lehnen das Paket ab – nicht zuletzt, weil ihre Anträge weitestgehend abgelehnt wurden. Lediglich die AfD hat noch keine eigenen Anträge zur Diskussion gestellt.
„Die AfD rechnet wohl nicht damit, dass sie angenommen werden. Sie setzt wohl mehr auf die Effekthascherei“, kommentierte Kämmerer Jörg Stüdemann. „Ob das der Stadt gut tut, diese Bewertung überlassen wir dem politischen Betrachter.“
Abstand zur Fünf-Prozent-Grenze wird geringer – ist aber noch größer als im Vorjahr
„Der Jahresfehlbetrag hat sich leider von 54,5 auf 67,2 Millionen Euro verschlechtert“, machte Stüdemann im Vorfeld der Ratssitzung deutlich. Der Haushaltsplan ist nur noch 10,6 Millionen von der „magischen Fünf-Prozent-Grenze“ entfernt, die ein Haushaltssicherungskonzept notwendig machen.
Doch Stüdemann gibt sich betont gelassen: Denn im Vorjahr sei der Ansatz noch knapper gewesen – im einstelligen Millionen-Bereich. Außerdem betonte er, sehr konservativ gerechnet zu haben. So geht die Stadt im kommenden Jahr von relativ hohen Kreditzinsen aus. Ob der zugrunde gelegte hohe Zinssatz wirklich erreicht wird, ist aber unwahrscheinlich.
Zudem seien die im Memorandumsprozess eingeplanten jährlichen 15 Millionen Euro Einsparungen für die Folgejahre „noch nicht runtergeraspelt“. Stüdemann geht daher von genügend Puffer aus, so dass die Stadt handlungsfähig bleibt – unabhängig davon, wie sich die zu zahlende Umlage an den Landschaftsverband Westfalen-Lippe im kommenden Jahr endgültig darstellt.
Der zu hohe Ansatz der Zinsen habe auch in den Vorjahren geholfen, unerwartete Mehrkosten abzufedern – 2015 waren dies die Unterbringung und Verpflegung der Flüchtlinge.
Die Zuversicht seines Kämmerers teilt auch Oberbürgermeister Ullrich Sierau. Der vorgelegte Haushaltsplan mit den berücksichtigten Ansätzen sei ein „Akt des Mutes, nicht der Verzweifelung“. Sorgen um den Abstand zur 5-Prozent-Grenze der erlaubten Neuverschuldung macht er sich – zumindest öffentlich – nicht. „Ja, wir rücken näher ran, sind aber noch besser als im letzten Jahr“, so Sierau.
Frage nach hauptamtlichen VertreterInnen der Kommunen in den LWL-Gremien
Er machte abermals deutlich, dass er sich eine engere Abstimmung mit dem Landschaftsverband wünsche und künftig auch wieder stärker Hauptverwaltungsbeamte in den Gremien sehen möchte.
„Seit Siegfried Pogadl war auch kein Hauptamtlicher mehr dort präsent – das war von der ehrenamtlichen Politik nicht gewünscht“, erinnerte Sierau. Der frühere Sozialdezernent und Stadtdirektor ist schon seit dem Jahr 2010 im Ruhestand.
Mittlerweile werde aber deutlich, dass die entsandten ehrenamtlichen VertreterInnen bei den komplizierten Haushaltsberechnungen argmentativ nicht mehr mit- und gegenhalten könnten gegenüber dem, was auf hauptamtlicher LWL-Ebene vorgetragen werde: „Wir müssen daher einen anderen Mechanismus finden“, so der Dortmunder Oberbürgermeister.
Ein Lichtblick: Der Landschaftsverband kündigte an, künftig den Haushalt früher zu beraten und zu beschließen. Denn der Etat 2017 wird erst im kommenden Februar beschlossen – zwei Monate, nachdem der Dortmunder Rat sein Zahlenwerk auf den Weg bringt – und dieser muss ja schon die Zahlungen an den LWL beinhalten.
Kritik an Gesetzgebung bei Bund und Land: Auswirkungen auf Kommunen vorher prüfen
Sierau nutzte auch die Gelegenheit, nochmals Tacheles gegenüber Bund und Land zu reden – dabei schonte er auch nicht seine Parteifreunde. „Wir Kommunen würden uns dringend wünschen, dass Bund und Land die Risiken, Nebenwirkungen und fiskalischen Risiken von Gesetzgebungen vorher reflektierenden“, so der OB.
„Sie müssten vorher mal informell konsultieren oder einen Workshop machen. Aber das wird immer am grünen Tisch einer Ministerialbürokratie entschieden und dann kommt ein Quatsch heraus, der vorne und hinten nicht passt. Das muss endlich mal besser werden“, so Sierau.
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Linke & Piraten
Linke & Piraten sagen Nein zum Haushalt 2017: „Finanz- & sozialpolitisches Armutszeugnis“
Die Fraktion DIE LINKE & PIRATEN im Rat der Stadt Dortmund wird am Donnerstag, 8. Dezember, den kommunalen Haushalt 2017 ablehnen. Auch das Memorandum für das Jahr 2017, also das 16 Millionen-Euro-Sparpaket der Verwaltung, lehnt die Fraktion DIE LINKE & PIRATEN kategorisch ab.
„Der Haushalt, der mit der Mehrheit von SPD und CDU verabschiedet werden soll, ist ein finanz- und sozialpolitisches Armutszeugnis“, sagt Ratsmitglied Carsten Klink, der finanzpolitische Sprecher der Fraktion DIE LINKE & PIRATEN.
„Wir wissen, dass für Sozialleistungen über 300 Millionen Euro eingeplant sind. Aber das sind Überweisungen, mit denen die Stadt Dortmund stumpf ihre Pflichtaufgaben erfüllt. Wirkliche Lösungen, um die Armutsquote in unserer Stadt endlich dauerhaft zu reduzieren, sehen wir nicht“, kritisiert Fraktionsvorsitzender Utz Kowalewski.
„Stattdessen werde – wie schon in den Vorjahren – das Geld mit vollen Händen für so genannte Leuchtturmprojekte wie Kirchentag, U-Turm oder Fußballmuseum ausgegeben, um die Stadt für auswärtige Touristen aufzuhübschen, ergänzt Kowalewski. Dabei werde gerne mal vergessen, dass der Hälfte (!) der eigenen Bevölkerung so wenig Geld zur Verfügung steht, das sie einen Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein und damit eine Sozialwohnung hat.
Stattdessen brüstet man sich damit, dass Dortmund keine Haushaltssicherung nötig habe, weil man bedürftigen Nicht-Dortmundern keinen verbilligten Eintritt in städtische Einrichtungen gewährt. Selbst für die dauerhafte finanzielle Absicherung der Kinderferienparty gibt es keine Mehrheit, sagt Carsten Klink. Und die Tatsache, dass der Behindertenfahrdienst immer noch auf der Memorandum-Sparliste stehe, sei Grund genug, Haushalt und Memorandum abzulehnen. „Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die 600.000-Euro-Kürzung beim Behindertenfahrtdienst erst einmal auf das Jahr 2018 geschoben wurde“, so Klink.
„Und damit nicht genug: Eine Leerstandsabgabe zur Bekämpfung der Wohnungsknappheit soll nicht einmal im Ansatz von der Stadtverwaltung geprüft werden. Alles sehr gute finanz- und sozialpolitische Gründe, diesen Haushalt abzulehnen“, so Carsten Klink.
Und zu guter Letzt müsse man noch festhalten: „Es gibt keine richtungsweisenden Änderungen bei den verlustreichen kommunalen Prestigeprojekten. Dortmund bleibt mit seinem Aktienpaket auf dem angeschlagenen RWE-Geisterschiff. Die rot-schwarze Klientelpolitik bei den kommunalen Aufsichtsratsmandaten und Vorstandspöstchen geht weiter. Und auf Umschichtungen in Millionenhöhe zugunsten einer echten kommunalen Arbeitsmarktstrategie zur Eindämmung der Langzeitarbeitslosigkeit wird verzichtet“, so Klink abschließend.