Von Rock’n Roll bis Rave, vom Kinderzirkus bis Cosplay: Das Fritz-Henßler-Haus an der Geschwister-Scholl-Str. 33-37 wird in diesem Jahr 60 Jahre alt und ist mit seinem Publikum jung geblieben. Als Haus der Jugend und Zentrum für Kinder und Jugendkultur unter der Regie des Jugendamtes hat es inzwischen mehrere Generationen durch Kindheit und Jugend begleitet.
Eine Woche lang gibt es Zirkus und Theater, Jazz und Pop
Zum runden Geburtstag präsentiert das FHH vom 30. September bis 9. Oktober ein vielfältiges Jubiläumsprogramm: Jeden Tag repräsentiert eine andere Veranstaltung einen speziellen Arbeitsbereich des Hauses. Eine Woche lang gibt es Zirkus und Theater, Jazz und Pop, Programm zum Zuschauen und zum Mitmachen.
Der Höhepunkt ist eine Jubiläumsgala mit prominenten Gästen am 8. Oktober. Unter anderem wird Sänger Sasha mal wieder in Dortmund auf der Bühne des FHH stehen – dort hatte er mit seiner Band „Junkfood“ zu Beginn der 1990er Jahre seine Karriere gestartet.
Das „alte“ Haus der Jugend wurde 1929 eröffnet und im Krieg zerstört
Am 5. Mai 1929 wurde das „alte“ Haus der Jugend an der Brügmannstraße als erstes kommunales Jugendhaus in der Weimarer Republik eröffnet. In den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs wurde es bis auf die Grundmauern niedergebombt.
Nach Kriegsende wurde der Jugendarbeit ein großer Stellenwert für eine demokratische Zukunft beigemessen. Im März 1946 gründete sich der Dortmunder Jugendring, und die städtische Jugendpflege wurde neu eingerichtet.
So wurde schon bald der Ruf nach einem neuen Haus der Jugend laut, in dem die Jugend nach demokratischen Gesichtspunkten erzogen werden sollte.
So beschloss der Dortmunder Jugendring in einer Vollversammlung am 6. August 1948, die Stadt Dortmund aufzufordern, mit den Planungen für ein neues Haus der Jugend zu beginnen.
Jugendring Dortmund war in der Nachkriegszeit der Motor des Neubaus
Oberbürgermeister Fritz Henßler forderte in einer Rede am 7. Januar 1951 anlässlich der Dortmunder Jugendwoche: „Ich wünsche, dass wir bald wieder zu einem Haus der Jugend kommen und das es umkränzt wird von kleinen Jugendheimen rings in der Stadt. Dieser Weg muss für die Jugend freigemacht werden.“
Fritz Henßler und der Dortmunder Stadtverordnete Paul Kaufmann, der erste Leiter des „alten“ Hauses der Jugend, vertraten diesen Gedanken hartnäckig in allen politischen Entscheidungsgremien.
Der Rat der Stadt Dortmund beschloss im Juli 1955 den Bau des neuen Hauses der Jugend als Zentrum der Jugendarbeit und Erwachsenenbildung. Nach elfmonatiger Bauzeit wurde das Haus, das den Namen seines größten Förderers Fritz Henßler erhielt, am 25. Oktober 1956 seiner Bestimmung übergeben.
Haus war als Treffpunkt aller Dortmunder Jugendverbände gedacht
Von Anfang an sollte das Haus als Treffpunkt aller Jugendverbände dienen, gleich welcher weltanschaulichen oder politischen Zielrichtung.
Bei der Eröffnung bezogen folgende Einrichtungen das FHH: Haus der Jugend (städt. Jugendpflege), Bücherei der Jugend, Rheinisch-Westfälische Auslandsgesellschaft, Volkshochschule und Stadtbildstelle. Später kamen noch der Dortmunder Jugendring und die Schülermitverwaltung hinzu.
Im Zuge des Wiederaufbaus der zerstörten Stadt schufen sich viele Jugendverbände eigene Häuser, Räume und Bildungszentren, so dass die ursprüngliche reine Jugendverbandsarbeit durch die offene Jugendarbeit abgelöst wurde.
Der Jugendring Dortmund nutzt die professionell ausgestatteten Veranstaltungssäle für seine Projekte und Angebote bis heute. Seit 1970 gibt es auch einen Kinderbereich im FHH. Seit 1998 steht das Haus unter Denkmalschutz.
Der Namensgeber erlebte die Eröffnung „seines“ Hauses nicht mehr
Das Fritz-Henßler-Haus trägt den Namen seines größten Förderers, des ehemaligen Dortmunder Oberbürgermeisters und Widerstandskämpfers gegen die Nazis, Fritz Henßler (1886 – 1953). Die Eröffnung „seines“ Hauses hat er nicht mehr erlebt.
Heute ist das FHH ein modernes Zentrum der Jugendarbeit und Jugendkultur und die Heimat vieler Kooperationspartner, die sich im Haus treffen – von A wie „Africa Positive“ über P wie Pop-School und S wie „Sunrise“ (Jugendbildungs- und Beratungseinrichtung für junge Schwule, Lesben, Bisexuelle und Trans-Menschen) bis zu Z wie Zirkus Fritzantino. Geleitet wird das Fritz-Henßler-Haus von Bernd Weber.
Die Jugendlichen kommen mit Fragen zu Nazis/Rechtsradikalismus, Sexualität, Respekt im Umgang miteinander und zu sozialem Verhalten. „Das zeigt, dass das FHH heute noch so gebraucht wird wie damals und eine wichtige Rolle in der Jugendarbeit der Stadt Dortmund spielt“, so Weber.
Das FHH will verstärkt an der Teilhabe von MigrantInnen arbeiten
Jugenddezernentin Daniela Schneckenburger würdigte die Bedeutung des Hauses für die demokratische Jugendarbeit. Das in der Innenstadt gelegene Zentrum sei schon immer wichtig für Integration und Mitnahme von Jugendlichen gewesen.
Besorgniserregend sei die derzeit geringe Wahlbeteiligung und Beteiligung im kulturellen Bereich bei der ausländischen Bevölkerung. Doch hier sieht das FHH seine zukünftigen Aufgaben.
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Dieter Stötzer
Anfang der 1970 war ich gewählt zum Schülersprecher aller Berufsbildenen Schulen der Stadt und hatte einen Büroraum in der ersten Etage des Hauses zur Verfügung gestellt bekommen. Gerne erinnere ich mich an diesen Zeitabschnitt meines Lebens. Im Zusammenhang mit der Wahrnehmung der Interessenvertretung von ca. 30.000 Schülern hatte ich viele Kontakte zum städtischen Jugendamt, insbesondere dem Bereich der politischen Bildung. Die Diskussionen über Schülermitverwaltungs- und Berufsbildungsgesetz, FOS-Schülerstreik, Berlinfahrten und Widerstand zur Fahrpreiserhöhung der Strassenbahn u.a. haben mein politisches Denken und Handeln bis zum heutigen Tage geprägt.
Gerne wäre ich bei den Feierlichkeiten dabei, jedoch ist mein augenblicklicher Aufenthaltsort zu weit entfernt, um anzureisen. Insofern wünsche ich einen erfolgreichen Veranstaltungsverlauf mit guten Erinnerungsmomenten. Herzliche Grüsse von den Philippinen, Dieter Stötzer