Von Swantje Neumann und Alexander Völkel
Großer Bahnhof für Avichai Apel: Der beliebte und geachtete Dortmunder Rabbiner wurde am Sonntag von mehreren hundert Gemeindemitgliedern und Ehrengästen verabschiedet. Nach fast zwölf Jahren verlässt der 40-Jährige die Kultusgemeinde Groß-Dortmund und übernimmt eine neue Aufgabe in Frankfurt am Main.
Öffentlicher Einsatz gegen Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit
Einigkeit herrschte in der Vielzahl der Festreden, dass Avichai Apel ein großer Gewinn für die Gemeinde war. Sein Verdienst war und ist es, dass in Dortmund ein öffentlich wahrnehmbares jüdisches Leben „gleichwertig“ mit dem anderer Religionen möglich ist.
Von Anfang an stellte sich der junge Rabbiner zudem aktiv und öffentlich gegen Antisemitismus und Ausländerfeindlichkeit – eine Haltung, die in der Gemeinde nicht von jedem honoriert wurde.
Denn auch aus Gründen des eigenen Schutzes fand das jüdische Leben zuvor vor allem hinter den geschlossenen Türen der Gemeinde statt. Apel schaffte es, die Gemeinde zu öffnen und zum Teil des gesellschaftlichen Miteinanders zu machen.
Leidenschaftlicher Einsatz für den interreligiösen Dialog in Dortmund
Gemeindevorstand Zwi Rappoport betonte, dass es Apels Ziel für die Dortmunder Gemeinde war, diese in die Gesellschaft zu integrieren und einen interreligiösen Dialog zwischen Juden, Muslimen und Christen zu erreichen.
Oberbürgermeister Ullrich Sierau würdigte daher, dass gerade der Respekt und die Achtung, die Rabbiner Apel seinen Mitmenschen entgegenbrachte und bringt, dessen Erfolgsgarant sei. Ebenso sein unbedingter Wille, die Öffentlichkeit am jüdischen Leben teilhaben lassen zu wollen – gepaart mit der Verständigung im interreligiösen Dialog.
Imam Ahmad Aweimer, Vorsitzendes Rates der muslimischen Gemeinden in Dortmund, berichtete den Gästen von den Anfängen bis zur Verwirklichung des Wunschs nach einem Dialog zwischen den drei Abrahamsreligionen: „Es war nicht einfach das erste Gespräch vor fast zehn Jahren. Aber ich verstand sofort, was der Rabbi damit meinte, dass die Jugend der Schlüssel ist“, so Aweimer.
Herzlich bedankte sich der Iman bei seinem jüdischen Kollegen und erklärte, wie wichtig ihm immer die Begrüßungen waren. „Ich als Palästinenser umarme den Juden aus Israel immer. Es schmerzt uns sehr, dass er uns verlässt.“
Rabbiner-Gattin Bilha Apel als wesentlicher Erfolgsfaktor gewürdigt
Hannah Sperling, Vorsitzende des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden von Westfalen-Lippe, blickt gerne auf Apels Vorstellungsgespräch vor rund zwölf Jahren zurück.
„Der Funke sprang sofort über. Damals wusste ja noch keiner, wie richtig die Entscheidung für den jungen Rabbiner war“, resümierte Sperling. „Durch seine warmherzige, offene und workaholische Art band er sofort die Herzen der Gemeinde zusammen. Besonders die der Jungen.“
Ein wichtiger Faktor des Erfolgs – auch das wurde in den Würdigungen deutlich – war die Arbeit von Rabbiner-Gattin Bilha Apel. Nicht nur, dass sie sich um die mittlerweile sieben Kinder der Familie kümmert. Sie nahm auch von Anfang an ihre Rolle in der Gemeinde an.
So engagierte sie nicht nur beim Bau und der Organisation des rituellen Bades („Mikwe“) und der Einrichtung der Tages- und der Sonntagsschule, die sich auch leitete, sondern sie war auch jederzeit Ansprechpartnerin und beliebte Hebräischlehrerin.
Auch Apel selbst machte dies sehr eindrücklich in einer Liebeserklärung deutlich. „Ich kann ja verstehen, dass ihr mich gehen lasst, aber ich kann nicht verstehen, dass ihr eine so engagierte und fleißige Rabanim gehen lasst“, so Apel. „Und auch euch Kindern danke ich, dass ihr mich immer in meiner Funktion als Rabbiner hier unterstützt habt – auch, wenn es für euch hieß, dass ihr oft zu kurz kamt“.
Wandel von einer reinen Gedenkkultur zur positiv besetzten Arbeit
Doch nicht nur seiner Familie, auch der Gemeinde, der Kommunalpolitik, den Vertretern der Religionsgemeinschaften und gesellschaftlichen Gruppen sowie der Polizei dankte Avichai Apel für die erfolgreiche Zusammenarbeit.
Traf man sich zu Beginn seiner Zeit in Dortmund allenfalls zu traurigen Anlässen wie am 9. November, um der Reichspogromnacht zu gedenken, trifft man sich heute auch zu fröhlichen Anlässen wie bei der Chanukka-Feier am Phoenixsee oder auf dem Friedensplatz zum Israel-Tag.
Apel machte deutlich, dass ihm der Abschied von Dortmund schwer fällt: „Wir sind hier in Dortmund zuhause. Fast alle unsere Kinder sind hier geboren, alle hier aufgewachsen. Wir kennen die Straßen, die Nachbarn und gehen hier ins Stadion.“ Er wünschte sich, dass die Arbeit und das Engagement unverändert weiter gehen.
Dafür gab es stehende Ovationen, viele Geschenke, Wünsche und auch Tränen. Es ist ein großes Erbe, welches Baruch Babaev nun antreten wird. Der Wanderrabiner des Landesverbandes wird ab August die Dortmunder Gemeinde übernehmen.
Reader Comments
Unbekannt
Die Gemeinde weint um den Verlust der Familie Apel.
Und ich bezweifele, dass die Gemeinde sich von diesem Verlust jemals erholen wird.
Familie Apel, ist die Seele dieser Gemeinde und es schmerzt sehr, dass Sie uns verlassen.
Wie Hr. Sierau in seine rede gesagt hat, es hätte verhindert werden können.
Wir wünschen der Familie Apel, alles erdenklich Gute und liebe auf Ihrem weg.
Wir werden Sie nicht vergessen und werden versuchen in Ihrem sinne mit der Gemeinde und dem Vorstand zu leben.