
Die Kriminalität in Dortmund nimmt wieder zu: Nachdem die Stadt lange von sinkenden Deliktzahlen profitierte, meldete die Polizei Dortmund für das Jahr 2024 insgesamt 73.209 registrierte Straftaten. Das bedeutet einen Anstieg um 4,23 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Polizeipräsident Gregor Lange spricht von einer Trendwende, betont jedoch gleichzeitig, dass man den starken Kriminalitätsanstieg aus 2023 deutlich habe abbremsen können.
Gewalt- und Straßenkriminalität steigen weiter an
Besorgniserregend ist vor allem der Anstieg bei der Gewaltkriminalität. Diese erhöhte sich um knapp sieben Prozent auf insgesamt 3.660 Fälle. Besonders alarmierend sei laut dem Leiter der Direktion Kriminalität, Jörg Ziegler der vermehrte Einsatz gefährlicher Gegenstände, vor allem Messer. ___STEADY_PAYWALL___

Um dem entgegenzuwirken, hatte die Polizei bereits im Frühjahr 2024 eine Task Force eingerichtet und gezielt ein Messertrageverbot ausgesprochen.
Bei 189 kontrollierten Personen wurden 125 wirksame Verbote erteilt. Verstöße gab es dabei immer wieder, wenn auch auf niedrigem Niveau.
Auch die Straßenkriminalität bereitet Sorgen: Hier verzeichnet Dortmund mit einem Plus von 19 Prozent einen deutlich höheren Anstieg als im Landesdurchschnitt. Vor allem Diebstähle aus oder an Kraftfahrzeugen sowie Sachbeschädigungen fallen hier ins Gewicht.
Aufklärungsquote weiter hoch, aber Probleme bleiben
Polizeipräsident Gregor Lange hebt positiv hervor, dass Dortmund mit einer Aufklärungsquote von 54,79 Prozent weiterhin an der Spitze der großen NRW-Städte steht. „Die hohe Aufklärungsquote sendet ein klares Signal an potenzielle Täter“, so Lange.

Trotzdem sei die Lage keineswegs zufriedenstellend. Gerade im Bereich der Wohnungseinbrüche wurde mit 1.312 Fällen ein leichter Anstieg festgestellt, der jedoch im langjährigen Vergleich weiterhin niedrig bleibt. Fast die Hälfte aller Einbruchsversuche scheiterten dank besserer Sicherheitsmaßnahmen der Bürgerinnen und Bürger.
Leicht gestiegen ist die Zahl der Straßenraubdelikte, hier lag der Anstieg bei etwa zwei Prozent. Allerdings konnte die Polizei ihre Aufklärungsquote in diesem Bereich leicht verbessern, insbesondere durch den Einsatz von Videobeobachtung.
Videobeobachtung bleibt ein zentraler Bestandteil
Die Videoüberwachung, etwa an der Brückstraße, Münsterstraße und im Dietrich-Keuning-Park, zeigte nach Angaben der Polizei erneut Wirkung. Im Dietrich-Keuning-Park sank die Kriminalität seit Einführung der Überwachung sogar um 51 Prozent.

Insgesamt wurden 2024 rund 10.000 Stunden Videomaterial ausgewertet. Dabei konnten zahlreiche Straftaten aufgeklärt oder sogar verhindert werden.
Polizeipräsident Lange verteidigt diese Maßnahme: „Videobeobachtung ist kein Allheilmittel, aber ein unverzichtbarer Baustein im Sicherheitskonzept.“
Nach dem jüngsten Messerangriff auf einen Bahnmitarbeiter am Dortmunder Hauptbahnhof soll nun auch dort die Videoüberwachung verstärkt werden. Der Bereich rund um den Bahnhofsvorplatz erhält zeitnah stationäre Kameras; bis dahin wird übergangsweise ein mobiler Video-Container eingesetzt.
Gesellschaftlicher Zusammenhalt als zentrale Herausforderung
Gregor Lange sieht die Polizei nicht als alleinige Instanz zur Lösung der Sicherheitsprobleme. Er verweist auf gesellschaftliche Ursachen: „Die Polizei ist Abnehmer und nicht Produzent gesellschaftlicher Realitäten. Wir beobachten eine zunehmende Dialogunfähigkeit und weniger Zusammenhalt.“

Vor allem die Jugendkriminalität bereitet zunehmend Sorgen. Die Polizei hat bereits 2023 das Jugendkommissariat personell verstärkt.
Trotzdem mahnt Lange, dass gesellschaftlich mehr getan werden müsse: „Schulen, Jugendzentren, Elternhäuser – alle müssen Verantwortung übernehmen, damit junge Menschen nicht in die Gewaltspirale geraten.“
Der Anstieg der Kriminalität ist für Lange auch Ausdruck gesellschaftlicher Veränderungen nach der Pandemie. „Die zunehmende Aggressivität, Konfliktbereitschaft und Perspektivlosigkeit erfordert ein gesellschaftliches Umdenken und verstärkte Prävention“, mahnt der Polizeipräsident.
Erfolg bei der Bekämpfung von Kinderpornografie
Ein deutlicher Rückgang ist dagegen bei der Kinderpornografie zu verzeichnen: Hier wurden 77 Fälle weniger erfasst als im Vorjahr. Dies ist vor allem der intensiven Ermittlungsarbeit und dem Einsatz künstlicher Intelligenz bei der Auswertung großer Datenmengen zu verdanken.

Die Sonderkommission „Soko KiPo“ bearbeitete im vergangenen Jahr insgesamt 332 Fälle und übergab diese an die Staatsanwaltschaft. Die Aufklärungsquote liegt bei beachtlichen 81,82 Prozent, was als großer Erfolg bewertet wird.
Dennoch beklagt Lange die hohe Belastung für die Mitarbeitenden in diesem besonders sensiblen Bereich und fordert weitere Unterstützung sowie bessere personelle Ausstattung für die Ermittlerinnen und Ermittler.
Polizei will dauerhafte Senkung der Kriminalität erreichen
Lange sprach außerdem von „Sondereffekten“ während der EM im Juni und Juli diesen Jahres. Hier stieg die Kriminalität in den betreffenden Monaten an, insgesamt blieb die Situation aber unter Kontrolle.

Insgesamt zeigen die Zahlen einen Anstieg der Straftaten, der aber auch mit der höheren Bereitschaft der Polizei und dem verstärkten Einsatz der Polizei in Bereichen wie der Innenstadt und Nordstadt zu erklären ist, sodass Taten schneller bemerkt und geregelt werden können, betont Lange.
Die Polizei Dortmund arbeite jedoch daran, in denen nächsten Jahren nicht nur ein Abflachen der Kriminalitätskurve im Zehnjahresdurchschnitt zu erreichen, sondern die Kriminalität dauerhaft zu senken.
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MINISTER REUL: SCHWEDEN UND NORDRHEIN-WESTFALEN ZIEHEN IM KAMPF GEGEN KRIMINELLE CLANANGEHÖRIGE AN EINEM STRANG (PM MIK)
Minister Herbert Reul ist am Donnerstag, 13. März 2025 zu einer Reise nach Schweden aufgebrochen. Das skandinavische Land und Nordrhein-Westfalen verbindet der harte Kampf gegen kriminelle Clanangehörige und die Organisierte Kriminalität.
Innenminister Herbert Reul: „Die illegalen Geschäfte krimineller Clanangehöriger hören nicht an Ländergrenzen auf. Ihre Machenschaften sind ein Problem, das uns alle betrifft – ob bei uns oder in Skandinavien. Schweden und Nordrhein-Westfalen ziehen im Kampf gegen kriminelle Clanangehörige an einem Strang. Unsere Polizeien lernen voneinander, tauschen Informationen aus und gehen gemeinsam gegen diese Strukturen vor.“
Zur Bekämpfung Organisierter Kriminalität wird in Schweden ein „Rat gegen Organisierte Kriminalität“ eingesetzt. Ein Ausschuss im Justizministerium, dessen Mitglieder Vertreter verschiedener Behörden und anderer Akteure sind.
2024 hat der Rat Schwedens eine erste nationale Strategie verabschiedet. Ziel der Strategie ist die Kooperation von verschiedensten Akteuren, einschließlich des privaten Sektors und der Zivilgesellschaft, um die Kriminalität auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene zu bekämpfen. Darüber tauscht sich Minister Herbert Reul in Stockholm mit Charlotte Kugelberg, Staatssekretärin im Justizministerium, aus.
Globalisierung, Internationalisierung und Digitalisierung verändern auch die Tatbegehungsweisen der Organisierten Kriminalität spürbar und nachhaltig. Für die effektive Bekämpfung Organisierter Kriminalität ist eine vertrauensvolle internationale polizeiliche Zusammenarbeit wichtig, insbesondere im Hinblick auf konkreten Erkenntnis- und allgemeinen Erfahrungsaustausch. Auch Ermittlungsverfahren der Organisierten Kriminalität im Bereich der türkisch-arabischen Clankriminalität legen regelmäßig internationale Bezüge der Tatverdächtigen offen.
Die laufend ausgebaute Zusammenarbeit zwischen den schwedischen Polizeibehörden und dem nordrhein-westfälischen Landeskriminalamt ist eine verlässliche Basis zur Bekämpfung der organisierten Clankriminalität mit internationalen Bezügen. Im Rahmen von sogenannten Joint Investigation Teams wurden in der Vergangenheit bereits erfolgreich gemeinsame Ermittlungen geführt.
Wie in Nordrhein-Westfalen geht es auch in Schweden darum, Repression und (Kriminal-)Prävention eng miteinander zu verknüpfen. Die nordrhein-westfälische Initiative „Kurve kriegen“ wird seit dem 1. September 2023 unter dem Namen „Rätt Kurva“ (zu Deutsch ‚richtige Kurve‘) in den Städten Linköping, Södertälje und Göteborg pilotiert.
Mit Hilfe dieser Methode sollen nicht nur Kinder und Jugendliche aus großfamiliären Strukturen, die im Zusammenhang mit Straftaten auffällig geworden sind, sondern – wie in Nordrhein-Westfalen – auch die allgemeine Jugendkriminalität in den Fokus genommen werden. Ein Grund für das große Interesse an „Kurve kriegen“ war, dass in Schweden vermehrt Kinder und junge Jugendliche mit teils schwersten Straftaten (z.B. Tötungsdelikten unter Einsatz von Schusswaffen) in Erscheinung getreten sind.
„Junge Menschen, die auf Abwegen unterwegs sind, müssen wir wieder auf Kurs bringen. Deshalb freue ich mich ganz besonders, dass unsere Initiative ,Kurve kriegen‘ von einem nordrhein-westfälischen zu einem internationalen Leuchtturmprojekt geworden ist und erfolgreich in Schweden umgesetzt wird,“ so Minister Reul.
Das Projekt „Rätt Kurva“ orientiert sich vom Ansatz und der Methode her eins zu eins an der Initiative „Kurve kriegen“ und wurde entsprechend an die schwedischen Verhältnisse angepasst. Beide Länder halten sich gegenseitig auf Stand hinsichtlich Fortschritt und neuer Entwicklungen sowie gewonnener Erfahrungen in den jeweiligen Programmen. Zur Etablierung des Programms haben im Jahr 2023 auch nordrhein-westfälische Polizeibeamte in Schweden unterstützt.
In Södertälje verschafft sich Minister Reul einen Eindruck von der praktischen Umsetzung der nordrhein-westfälischen Initiative. Er spricht vor Ort mit Polizisten und Vertretern des Sozialdienstes. Als Zeichen der gelungenen innereuropäischen Zusammenarbeit unterzeichnen Minister Herbert Reul und Johan Olsson, Leiter der Nationalen Einsatzabteilung der schwedischen Polizei, eine Partnerschaftserklärung.
ÜBER „KURVE KRIEGEN“
Die Initiative ist eines der am besten wissenschaftlich evaluierten Kriminalpräventionsprogramme im Bereich der Kinder- und Jugendkriminalität in Deutschland. Wissenschaftlich bestätigt ist, dass sich das Sozialverhalten der Absolventen maßgeblich verbessert: 40 Prozent der Absolventen begehen gar keine Straftaten mehr; bei den restlichen 60 Prozent halbiert sich die Anzahl der Straftaten, bei Körperverletzungsdelikten ist sogar ein Rückgang um 75 Prozent zu verzeichnen. „Kurve kriegen“ hat bisher über 1.000 erfolgreiche Absolventen hervorgebracht. Zielgruppe sind Kinder und Jugendliche im Alter von 8 bis 18 Jahren. Insgesamt ist das Programm in Nordrhein-Westfalen in 42 von 47 Kreispolizeibehörden etabliert.
Die „Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa“ (OSZE) bewertet „Kurve kriegen“ als „Best-Practice-Ansatz“ im Bereich der Prävention von Jugendkriminalität. „Kurve kriegen“ könnte über Schweden hinaus auch für weitere Länder als Erfolgsmodell Eingang in die dortigen Präventionsmaßnahmen finden. Dänemark, Österreich, die Niederlande und Albanien haben bereits Interesse bekundet.
BEI BÜRGERANFRAGEN WENDEN SIE SICH BITTE AN: TELEFON 0211 871-01.