
Nach der Pandemie gründeten Dortmunder Fotografie-Studierende ein Veranstaltungsformat, um Kreativ-Studierende zu vernetzen. Inzwischen ist das monatliche Format in der Dortmunder Kreativszene etabliert. Am morgigen Dienstag thematisiert die Gruppe Aktivismus in der Fotografie. Dazu ist eine Fotojournalistin zu Gast in der Nordstadt.
Veranstaltungen sollen Netzwerk fördern und Einblicke in Branche ermöglichen
Seit November 2023 lädt die studentische Gruppe „Runde Ecke“ regelmäßig dazu ein, über Themen in und um die Fotografie zu sprechen. Die Themen sind dabei vielfältig: Mal geht es primär um Gestaltung, mal um begleitende Aspekte wie beispielsweise Datensicherung. Die Idee zu dem Format geht auf die Corona-Pandemie zurück.
„Nach der Pandemie hatten wir das Gefühl, dass wir Studierende nicht mehr richtig zueinander gefunden haben und zusätzlich die Lehrveranstaltungen gelitten haben“, erinnern sich die Organisatorinnen. Mit der Veranstaltungsreihe wollten sie die Kreativ-Studierenden wieder stärker vernetzen. Dazu lädt die Gruppe von Beginn an Personen aus der Fotografie-Branche als Speaker ein.

Sie berichten aus ihrem Arbeitsalltag und beantworten die Fragen der Anwesenden. „Wir alle wissen, dass der Bereich vom Netzwerk sowie vom interdisziplinären Austausch lebt und wie wichtig es ist, viele Menschen zu kennen“, erklären die Organisatorinnen. Damit wollen sie Fotografie-Interessierten eine Möglichkeit bieten, in der Branche einfacher Fuß zu fassen und tiefere Einblicke in einzelne Bereiche zu erhalten.
Am heutigen Dienstag (11.03.2025) haben sie dazu die Dokumentarfotografin Carlotta Steinkamp eingeladen. Ihr Fall sorgte für Aufsehen, als sie wegen des Fotografierens in einer Waldbesetzung vor Gericht stand und verurteilt wurde. Im Januar 2021 wurde eine Besetzung des Wuppertaler Waldgebiets Osterholz von der Polizei geräumt.
Steinkamp begleitete das Geschehen als freie Journalistin und berichtete unter anderem für die linke Tageszeitung „Junge Welt“. Am zweiten Tag befand sie sich auf einem Podest der Aktivist*innen, um dort zu fotografieren. Nach einer polizeilichen Aufforderung, die Plattform zu verlassen, habe sie ihr Fotoequipment gepackt und sich abgeseilt, berichtet der Foto-Berufsverband Freelens, der sie in dem Fall unterstützte. Der Polizei habe Steinkamp dann ihren Presseausweis gezeigt. Daraufhin erhielt sie einen Platzverweis und die Androhung, wegen Hausfriedensbruchs angezeigt zu werden, falls sie sich erneut im Wald blicken ließe.
Aktivismus oder Journalismus: Wie nah darf Journalismus sein?
Über ein Jahr später erhielt Steinkamp schließlich einen Strafbefehl wegen Hausfriedensbruchs. Mit Unterstützung von Freelens legte sie Widerspruch ein. Es kam zum Prozess, der mit einer Geldstrafe in Höhe von 1.800 Euro endete. Steinkamp legte Berufung ein. Doch auch am Ende des Berufungsprozesses sahen Gericht und Staatsanwaltschaft sie als Aktivistin und nicht als Journalistin an und wiesen die Berufung ab. Lediglich die Geldstrafe wurde auf 1.200 Euro reduziert.

Bei Freelens stieß das Urteil auf Unverständnis. „Der Staatsanwaltschaft wie auch dem Gericht sind solch eine nahe Berichterstattung scheinbar fremd oder ein Dorn im Auge. Undenkbar für den Vorsitzenden Richter ist es, dass man als Journalistin in ein Baumhaus klettert und dort seiner journalistischen Arbeit nachgeht“, erklärte Freelens-Vorstandsmitglied Roland Geisheimer nach dem Urteil.
Aktuell absolviert Steinkamp eine Hospitanz als Redaktionsfotografin bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Sie dürfte also von vielen Einblicken berichten können. Die Veranstaltung findet am 11.03.2025 ab 18 Uhr in der Gneisenaustraße 30 statt. Dort befindet sich der Fotografie-Raum „ANNELISE“. Dieser wird als temporäre Übernahme und Aktivierung von Leerstand städtisch durch DORTMUND KREATIV gefördert.
„Runde Ecke“ als Ergänzung zum breiten eher visuellen Angebot der Kreativszene
Die „Runde Ecke“ darf ihn für ihre Veranstaltungen nutzen – eine willkommene Unterstützung für das Veranstaltungsformat, das ansonsten noch durch den AStA der FH Dortmund und die Fachschaft Design gefördert wird. Die größte Herausforderung bei der Organisation des Formats sei es, finanzielle Mittel zu erhalten.

„Es ist schwierig, an Förderungen zu kommen, damit wir Geld haben, um den Speakerinnen wenigstens die Fahrtkosten oder eine Aufwandsentschädigung zukommen lassen zu können“, berichten die Organisatorinnen. Ansonsten gehe das Organisieren der Veranstaltungen ziemlich einfach von der Hand und mache Spaß – auch weil sie auf positives Feedback treffen.
Befragt zur Lage der Dortmunder Kreativszene, zeichnen die Organisatorinnen der „Runde Ecke“ ein positives Bild. Durch die vielen künstlerischen Studiengänge in Dortmund sowie das Engagement von DORTMUND KREATIV sei die Kreativszene sehr aktiv, und es gebe viele Veranstaltungen – so viele, dass Interessierte es gar nicht zu allen schaffen könnten.
Im eigenen Angebot sehen die Organisatorinnen eine gute Ergänzung zu dem oft visuell geprägten Veranstaltungsangebot. „Es ist deutlich spürbar, dass die Pandemie nun einige Zeit hinter uns liegt und die Kreativszene wieder in vollem Gang ist, was sehr schön ist“, bilanziert die Gruppe zum Schluss.
Mehr Informationen:
- Über die aktuellen Veranstaltungen informiert die „Runde Ecke“ auf Instagram: https://www.instagram.com/runde_ecke_/.
- Zu dem Organisationsteam der Runden Ecke gehören derzeit Catharina Cerny, Celia Joy Homann, Rebecca Schell, Ricardo Dumsch, Oxana Guryanova und Paul Herberg.
- Anm.d.Red.: Das Interview mit dem Team der Runden Ecke haben wir schriftlich geführt, weshalb das Team als Ganzes zitiert wird.
Anm.d.Red.: Haben Sie bis zum Ende gelesen? Nur zur Info: Die Nordstadtblogger arbeiten ehrenamtlich. Wir machen das gern, aber wir freuen uns auch über Unterstützung!
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