„Kunst und Kultur gegen das Vergessen“: Zu der Veranstaltung im Hansa-Theater kamen nahezu 200 Gäste. Der Begründer des Theaters Rudi Strothmüller sprach erstmals öffentlich über den gewaltsamen Tod seiner Großmutter. Er ging auf Spurensuche in Auschwitz und fand das Foto seiner Großmutter Marta Kocieniewska, die einer polnischen Widerstandsfamilie angehörte. Sie wurde 1943 nach Auschwitz deportiert und noch im selbem Jahr, im Alter von nur 45 Jahren, erschossen. Zuvor musste sie durch den Lagerarzt Mengele „medizinische“ Versuche ertragen. Rudi Strothmüller, Jahrgang 1948, zeigte das Portrait seiner Oma, in Häftlingskleidung von den Tätern fotografiert. Dieser persönliche Bericht war eröffnender Teil des Bühnenprogramms.
Die Botschaft des Abends: Haltung zeigen gegen rechte Demagogie
Schirmfrau Anja Butschkau (Landtagsabgeordnete und AWO-Vorsitzende Dortmund) hatte in ihrem Grußwort vehement die politische und gesellschaftliche Verantwortung angemahnt, für Vielfalt, Toleranz und Demokratie einzutreten. Sie sei schulisch genau in diese Richtung sozialisiert worden. Anja Butschkau damaliger Lehrer, Reinhard Junge, berichtete später im Bühnenprogramm aus dem Leben seiner Eltern Lore und Heinz Junge, Dortmunder Antifaschisten.
Anja Butschkau präsentierte den AWO-Videofilm „Sage Nein!“, der bei YouTube veröffentlicht ist. Eine interessante und kreative filmische Variante des Liedes von und mit dem Gesang von Konstantin Wecker.
Anlässlich der Pogrome im November 1938 und des Erstarkens des Rechtspopulismus, Rassismus und Antisemitismus in unserer Gesellschaft war die Botschaft dieses Abends zu mahnen, Gesicht zu zeigen und unsere Verantwortung deutlich zu machen, dass sich die Geschichte nicht wiederholen darf.
Lehren aus den furchtbaren Verbrechen der Nationalsozialisten ziehen
Die Lehren, die aus den furchtbaren Verbrechen der Nationalsozialisten zu ziehen sind, müssen jetzt und heute gelten. Sie mahnen uns, nicht gleichgültig zu sein. Unter diesem Leitgedanken konnte Georg Deventer, Vorsitzender des Fördervereins Gedenkstätte Steinwache – Internationales Rombergparkkomitee und Mitinitiator, alle Gäste für die Veranstaltergemeinschaft begrüßen.
Zu den Gästen zählte auch erster Bürgermeister Norbert Schilff, politische Mandatsträger aus Bezirksvertretungen, dem Rat und des Landtages. Sie müssten dafür Sorge tragen, dass in dieser Zeit, gemeinsam mit der Zivilgesellschaft, die Brandmauer gegen Populisten bestehen bleibt.
Begrüßt wurde auch der neue Sonderbeauftragten für Vielfalt, Toleranz und Demokratie
Georg Deventer konnte auch den neuen Sonderbeauftragten des Oberbürgermeisters für Vielfalt, Toleranz und Demokratie, Friedhelm Evermann begrüßen. Friedhelm Evermann nutzte an dem Abend die Möglichkeit, viele Akteur.innenkennen zu lernen. Die Rolle eines Sonderbeauftragten mit der Koordinierungsstelle im Rathaus ist in dieser Art einzigartig in Deutschland. Georg Deventer: „Jetzt lernen Sie uns kennen und wir Sie kennen“.
Ein besonderer Dank gebührte auch dem AWO Unterbezirk Dortmund und den beiden Ortsvereine Körne/ Wambel und Dortmund-Mitte. Durch Spenden der beiden Ortsvereine, vertreten durch ihre Vorsitzenden Ursula Bliese und Markus Adler, konnten die Kosten, des Abends mit Bühnenprogramm und der Benefiz-Verkaufsausstellung, maßgeblich refinanziert werden.
Zur Veranstaltergemeinschaft zählte auch die Auslandsgesellschaft, die in diesem Jahr ihr 75-jähriges Bestehen feierte und, in einem Wort gesagt, für die Völkerverständigung steht.
Künstler:innen präsentierten in den Räumen des Hansa Theaters ihre Werke
Der Abend im Hansa Theater wurde von einem Initiativkreis der Dortmunder Künstler.innen mit initiiert oder unterstützt: Helga Hoicke, Christiane Köhne, Yvonne Wilken, Babette Seim, Günter Rückert und Mathias Schubert sowie mit dem Nachlass von Walter Liggesmeyer (1938-2017). Als Beispiel für gesellschaftliche Integration beteiligten sich Mitarbeiter:innen des Ateliers „WERKstattArbeit“ der AWO-Werkstätten für Menschen mit Behinderungen.
Die Konzeption, Vorbereitung, Aufbau und der Ablauf oblag maßgeblich der erfahrenen Künstlerin Helga Hoicke. Die Besucher:innen konnten die Kunstwerke und Objekte zu einem fairen Preis erwerben.
Von den Erlösen der Verkäufe profitierten: Die „Backup-Comeback e.V. – couragiert Demokratie stärken“ – Beratung und Vermittlung von Wegen aus dem Rechtsextremismus und der Gewalt, vertreten durch Kerstin Pischowski und Heinz Höhne vom Trägerverein, die Obdachlosenhilfe BODO e.V., vertreten von Tanja Walter, die Obdachlosenhilfe „GastHaus e.V.“ vertreten von Katrin Lauterborn und das AWO-Projekt „Tiny-Houses“ für Obdachlose, vertreten durch Hans van Dormalen.
Ingesamt wurde ein Spendenerlös in Höhe von 2. 400 Euro erzielt
Die vier Vereine beziehungsweise Hilfsprojekte hatten an dem Abend Gelegenheit, sich mit einem kleinen Infostand zu präsentieren und mit den Besucher:innen ins Gespräch zu kommen. Anstelle eines Eintrittsgeldes lud eine Spendenbox ein und zusammen mit dem Verkauf von künstlerischen Werken wurde ein Gesamterlös in Höhe von 2.400 Euro eingenommen, der den vier Vereinen und Projekten nun zugutekommt.
Parallel zum begleitenden Benefizprogramm und guten Gesprächen berührte und bewegte ein zweistündiges Bühnenprogramm die Besucher:innen. Klaus Lenser, Lehrer, Radiomacher und Aktiver im Arbeitskreis „Hörder Pogromgedenken“ führte fachlich fundiert und empathisch durch das Bühnenprogramm.
Kammerschauspieler Jürgen Mikol trug den Text „Der Verrückte“ von Ida Fink sowie das mahnende Gedicht zum „Kinderkreuzzug“ von Bert Brecht vor. Kammerschauspieler Andreas Weißert las Texte aus dem Auschwitz-Zyklus „Mein Kind trägt Locken“ von Walter Liggesmeyer.
Parallel dazu wurden viele seiner großformatigen, bedrückenden Auschwitzbilder von Liggesmeyer auf die Bühnenrückwand projiziert. Christiane Köhne (Künstlerin) begleitete, ihre eigenen Texte gegen Krieg und Gewalt, vorgetragen von Andreas Weißert, mit ihrer Harfe. Sänger, Musiker und Schauspieler Christoph Nitz trat mit eigenen Liedern und seiner Gitarre auf.
Den Abschluss des Bühnenprogramms bildete die Erinnerung an Fred Ape
Fred Ape, Liedermacher und Kabarettist, ist im Jahre 2020 im Alter von 67 Jahren verstorben. Viele seiner Songs hatten politische Botschaften und mahnende Texte für eine politisierte Gesellschaft.
Klaus Lenser erzählte aus dem Leben und Werk in persönlichen Worten und Georg Deventer berichtete von der generellen Erlaubnis von Fred Ape, seinen Song „Ich will meine Stadt nicht braun“ immer abspielen zu dürfen, wenn es notwendig beziehungsweise passend sei. Somit bildete dann dieses Lied einen etwas wehmütigen Abschluss des Abends im Hansa Theater.
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Ulrich Sander
Hier gibt es weitere Infos:
file:///C:/Users/ulli/Downloads/kunst-und-kultur-gegen-das-vergessen_bericht-3%20(2).pdf
https://www.youtube.com/watch?v=1WqhlcKXeIU