Das bisherige Konzept zur Neugestaltung der Kampstraße ist inzwischen 26 Jahre alt – eine Umsetzung oder gar Fertigstellung dennoch in weiter Ferne. Der Verwaltungsvorstand der Stadt Dortmund will dem Stadtrat nun (endlich) einen zeitgemäßen Neustart empfehlen, bei dem der Klimawandel und die Mobilitätswende ganz im Zentrum stehen sollen. Die Planungen beziehen sich auf den zentralen – circa 700 Meter langen – Bereich der Kampstraße zwischen Reinoldi- und Petrikirche.
Alte Planungen sind unzeitgemäß und in Teilen unrealisierbar
Laut Stadtverwaltung beruht das bisherige Konzept einer Lichtpromenade mit Wasserlauf auf dem preisgekrönten Entwurf eines Wettbewerbs, der vor 26 Jahren ausgelobt wurde. Dieses Konzept habe bereits etliche Veränderungen hinter sich. Doch stoße es an die Grenzen dessen, was an Anpassung noch möglich sei.
Bauliche Gründe spielten hier ebenso eine Rolle wie veränderte Ansprüche – zum Beispiel an die Bedarfe des Fuß- und Radverkehrs nach heutigem Maßstab. Der ursprünglich geplante Wasserlauf ist nicht durchgehend machbar, und es gibt den Wunsch nach deutlich mehr Grün, Hitzeschutz und Aufenthaltsqualität.
Die Anpassung an die Folgen des Klimawandels sollten Ausgangs- und Mittelpunkt für die verantwortungsvolle Planung einer Straße sein, die eine solch zentrale und prominente Achse bildet wie die Kampstraße. Von dieser Position aus würde man heute sicher von vornherein zu einem anderen Entwurf kommen. Die nicht abreißende öffentliche und politische Diskussion spiegele das deutlich wider.
Bürger:innen sollen an der neuen Entwicklung beteiligt werden
Daher haben sich Verwaltungsvorstand und die Bau- und Planungsverwaltung entschlossen, dem Rat der Stadt vorzuschlagen, das Konzept des Architekturbüros Atelier Fritschi + Stahl nicht mehr umzusetzen und die entsprechenden Beschlüsse aufzuheben. Stattdessen soll das Projekt mit den heutigen Zielsetzungen neu gestartet werden.
Die Entscheidung sei nicht wegen der ausbleibenden Fördermittel für das Projekt gefallen, betont Dortmunds Oberbürgermeister Thomas Westphal auf Nachfrage von Nordstadtblogger.
„Die Frage war: Ist die Planung noch zeitgemäß und richtig? Ist sie nicht mehr. Es war nötig und hat Zeit gekostet. Es ging nicht nur darum, nein zu sagen. Mit einem Nein ist es noch nicht erledigt. Wir mussten da etwas an die Stelle setzen“, kommentiert er die Entwicklung.
Die richtige Weichenstellung bestimme am Ende die Qualität der Planung. Daher gehöre die Einbindung der Bürger:innen sowie besonders betroffener Akteur:innen schon in einer frühen Phase dazu. Gleich zu Beginn soll auch eine externe Projektsteuerung mit an Bord genommen werden. Sie soll den komplexen Diskussions- und Kommunikationsprozess begleiten, auch später in der Umsetzung, und das Zusammenwirken aller planerisch Beteiligten koordinieren.
Alles aus einer Hand: Stadt will Leistung als Generalplanung ausschreiben
Mit einem europaweiten Vergabeverfahren sollen im kommenden Jahr die Partner:innen für einen solchen Projektneustart gefunden werden. Mindestens drei Büros sollen zudem via Ausschreibung aufgefordert werden, Entwürfe für die Gestaltung zu erarbeiten. Alternative Entwurfsansätze können so gut gewürdigt und die Eignung des Büros bzw. der Bietergemeinschaft eingehender bewertet werden.
Ziel ist es, das beste Konzept zu realisieren. Die Stadt möchte die Leistung als Generalplanung ausschreiben. So liegen die Planungsleistungen für Verkehrsanlagen, Freianlagen und weitere wichtige Leistungen in einer Hand.
Für die verworfene Planung waren ursprünglich Kosten in Höhe von rund 21 Millionen Euro veranschlagt worden, die heute durch gestiegene Baukosten eher utopisch erscheinen.
Mit Hinblick auf finanzielle Fördermittel für die Neuplanung, könne man nichts vorhersagen „Wir werden uns bemühen. Aber wir sind nicht allein in NRW“, sagt Dortmunds Planungsdezernent Stefan Szuggat.
Planungsbüros können auf bisherigen Erkenntnissen aufbauen
Den Büros geben viele aktuelle Erkenntnisse Orientierung, die durch Untersuchungen vorliegen, darunter der Prozess zum Anstoß eines Citymanagements, das City-Durchgrünungskonzept des Umweltamtes oder der Masterplan Plätze. Aus der bisherigen Planung für die Kampstraße kann das Wissen zu den besonderen Restriktionen einfließen – etwa der geringe Raum zwischen Stadtbahnbauwerk-Decke und Straßenoberfläche, der Wasser und Grün stark beschränkt.
Dennoch ist in der Kampstraße Platz für viele große Zukunftsbäume, auch für Brunnen. Beete und blühende Pflanzflächen können als kleine Lebensräume für eine verbesserte Biodiversität sorgen. Es soll ein Stadtraum entstehen, der durch den Fußgänger:innen- und Radverkehr geprägt ist.
Der Lieferverkehr zu den anliegenden Gewerbetreibenden ist zu berücksichtigen. Auch Veranstaltungen wie die Weihnachtsstadt sollen weiterhin ihre multifunktionalen Flächen bekommen. Das alles muss die Neuplanung in Einklang bringen.
Mit externer Projektsteuerung den Gesamtprozess beschleunigen
Durch eine externe Projektsteuerung soll sich die Ausführung spürbar beschleunigen. Das Ziel: Die Kampstraße als identitätsstiftender und mikroklimatisch wirksamer Stadtraum, in dem man sich gerne aufhält und einkauft – grün und urban. Im Mittelpunkt stehen dabei die Menschen, die die Stadt ausmachen, als Besucher:innen wie auch als Bewohner:innen.
Ab Mitte 2026 steht erst einmal die Kanalerneuerung im Mittelabschnitt der Kampstraße an. Anschließend, ab Mitte 2027, soll die Umgestaltung folgen. Das Projekt könnte dann im Jahr 2030 beendet werden. Bis dahin begleitet die Stadt den Prozess intensiv mit temporärem Grün und Aktionen.
Ein Foto-Rundgang von Kirche zu Kirche
Mehr auf dazu auf Nordstadtblogger:
Uralt-Pläne für Umgestaltung der Kampstraße zum „Boulevard“ sorgen für Missstimmung
Baustelle an der Kampstraße wird mit Sitzflächen, Hopfen und anderen Pflanzen ausgestattet
Brüderweg: Vom „grauen Bruder“ zur Flaniermeile – Denkmalheft beschäftigt sich mit der Geschichte
Reaktionen
Statement der Grünen-Fraktion zu „Planungen für die Kampstraße neu aufnehmen“ (PM)
Zu den jetzt bekannt gewordenen Plänen der Stadt, die Planung für die Kampstraße neu aufzunehmen äußert sich die Sprecherin der GRÜNEN Fraktion, Katrin Lögering:
“Das ist eine gute Nachricht – sowohl für die Aufwertung der Innenstadt als auch für die Ziele des Klimaschutzes. Die Mehrheit des Rates hatte bisher immer wieder an den jahrzehntealten Planungen für die durchgehende Ost-West-Achse festgehalten, obwohl das darin vorgesehene breite anthrazitfarbenen Asphaltband und die Vollversiegelung längst nicht mehr den Anforderungen an eine hitze- und starkregenresiliente sowie barrierefreie Innenstadtplanung entsprach. Wir freuen uns, dass unser immer wieder geäußerter Wunsch nach einer Aktualisierung der Umgestaltung jetzt doch noch umgesetzt wird.
Für den neu zu startenden Prozess sollte schnellstmöglich ein Wettbewerbsverfahren um den besten gestalterischen und klimaschützenden Entwurf an den Start gehen. Über ein breit angelegtes Beteiligungsverfahren mit den Dortmunder*innen und den Anlieger*innen sollen auch die Belange all derjenigen einfließen, die von einer guten Gestaltung dieser wichtigen Innenstadtachse profitieren. Denn der Boulevard Kampstraße muss neben seiner Funktion als innerstädtische Verbindungsachse auch seiner Aufenthaltsfunktion gerecht werden. Dazu gehört, dass neben der Platzverwendung für Weihnachtsmarkt und Co., auch der Rad- und Fußverkehr sowie Begrünung und Verschattung durchgehend mitgedacht werden. Wir freuen uns auf den Neustart und auf frische Ideen für das Herzstück der Stadt”.