Florian Stary portraitiert Musiker:innen und Bands aus der Nordstadt

SERIE „Schön laut im Norden“ (3): George Major verfügt über 50 Jahre Bühnenerfahrung

Konzert von Hemingway Whiskey: George Major (mi.) mit Georg Grewe (li.) und  Rudi Mika (re.). Foto: Petra Coddington

Ein durchschnittlicher Lebenslauf soll zwei Seiten lang sein. Sollte George Major sich noch einmal die Mühe machen, seinen CV zu Papier zu bringen – er käme vielleicht auf zehn? Denn was sich in einem guten halben Jahrhundert Bühnenkarriere an Stationen angesammelt hat, ist mehr als nur außergewöhnlich. Eine Karriere im Zeitraffer.

Seit 14 Jahren wohnt und arbeitet George in der Nordstadt

Geboren wurde George als eines von fünf Kindern in einer kleinen Bergarbeiterstadt irgendwo bei Newcastle, England. Schon in der Schule begeisterte er sich für Musik; ein Studium kam für den Sohn eines Bergmanns damals aber nicht infrage. Also marschierte der sechszehnjährige George ins Rekrutierungsbüro der British Army und landete als Posaunist bei der Royal Scots Dragoon Guard in Edinburgh.

Mit der NATO ging es dann nach Paderborn-Sennlager gleich hier um die Ecke. Dann hängte George zunächst die Uniform an den Nagel („Keinen Bock mehr auf Armee.“) und kurz drauf auch die Posaune („Chronische Kopfschmerzen.“). Also: Musikstudium in den Niederlanden, finanziert durch ein Engagement beim Musical „Starlight Express“ – denn singen kann George auch.

George Major Foto: Petra Coddington

Nach dem Abschluss mit summa cum laude ging es weiter als freiberuflicher Musiklehrer und Mitglied in jeder Menge Bands; zum Beispiel den „Strandjungs“ bei denen George einsprang, als Leadsänger Peter Großmann (ja, der Peter aus dem ARD-Morgenmagazin) endgültig zu Radio und Fernsehen wechselte.

Und heute? Seit 14 Jahren wohnt George inzwischen in der Nordstadt und arbeitet als Dozent für Rock-, Pop- und Jazzgesang an der Musikschule Dortmund. Ein nicht mehr ganz so hektischer Lebensstil also, der ihm allerdings endlich Zeit lässt, selbst Songs zu schreiben.

Zum Glück, möchte man sagen. Denn als Künstler hat George nicht nur jede Menge zu sagen – vor allem packt jeder einzelne Song genau dort zu, wo die Gefühle sitzen. Mal folkig, mal jazzig, dann wieder mit einem Hauch von Country, meist nur getragen von Gitarre und Stimme.

Mehrere Alben sind so bereits entstanden, unter anderem die Reihe „Porch Songs“. Aber am besten hört man George Major live zu, denn zwischen die Songs mischen sich immer wieder Geschichten, Anekdoten und tatsächlich Fragen. Das Konzert wird zum Dialog und plötzlich ist man mit auf der Reise durch Dortmund, Europa und 50 Jahre Leben.


Fünf Fragen an George Major

Anmerkung der Redaktion: George schreibt und singt seine Songs auf Englisch. Deshalb haben wir ihn gebeten, auch unsere Fragen auf Englisch zu beantworten und diese anschließend übersetzt.

Hallo George! Obwohl du zeitlebens Musiker bist, hast du vergleichsweise spät angefangen, selbst Lieder zu schreiben – nämlich erst vor 14 Jahren. Warum hast du so lange gezögert?

Tatsächlich habe ich aus zwei Gründen erst so spät damit angefangen, eigene Songs zu schreiben. Nach meinem Studium in Holland war ich als Sänger in verschiedenen Bands so sehr damit beschäftigt, die Lieder anderer Leute zu lernen, und musste als Lehrer immer mehr Schüler zu unterrichten, sodass mir erstens ehrlich gesagt einfach die Zeit gefehlt hat. Und zweitens dachte ich immer, dass sich sowieso niemand für das interessiert, was ich zu sagen habe.

Mit deinen Sunday Cup of Coffee Songs hast du dich selbst herausgefordert, jeden Sonntag ein Lied auf Social Media zu präsentieren; wenn möglich, ein selbstgeschriebenes. Steckt deine Woche so voller Inspiration und was machst du, wenn mal nichts passiert?

Die Idee zu den Sunday Cup of Coffee Songs entstand während der Covid-Jahre, als alle Möglichkeiten für Künstler, live vor einem Publikum aufzutreten, von heute auf morgen verschwanden. Also begann ich, wie viele meiner Kollegen auch, live im Web zu streamen.

George Major Foto zur Verfügung gestellt von G. Major

Als sich die Covid-Situation dann irgendwann entspannte, fragten mich die Leute, ob ich damit nicht weitermachen wolle. Das gab mir das Gefühl, dass die Menschen immer noch an dem interessiert waren, was ich zu sagen hatte. Also fing ich an, einmal in der Woche einen Cup of Coffee Song zu singen; der Sonntag erwies sich schnell als der beste Tag dafür. Und das mache ich auch heute noch, all die Jahre später.

Aber Sorgen, dass mir die Ideen dafür ausgehen könnten, habe ich eigentlich nie. Denn Inspiration für Songs findet sich überall um uns herum und wir Singer-Songwriter sind gute Beobachter, oder sollten es zumindest sein. Ich selbst halte meine Antenne fast immer ausgefahren und höre zum Beispiel Gesprächen in Cafés und Kneipen zu, wenn ich unterwegs bin. Daher denke ich, dass die Sunday Cup of Coffee gekommen sind, um zu bleiben.

Du kommst aus einer kleinen Bergbaustadt, dein Vater hat unter Tage gearbeitet und du hast selbst einige Lieder zu diesem Thema komponiert. Gibt es für dich Parallelen zum Ruhrgebiet und spürst du, dass die Bergmannsmentalität auch hier immer noch durchblitzt?

In der Tat stamme ich aus einer Bergarbeiterfamilie, die in tief der Tradition und Geschichte des Bergbaus verwurzelt ist. Als ich die britische Armee verließ und beschloss, mich hier im Rurhgebiet niederzulassen, fühlte ich mich deshalb fast sofort zu Hause. Natürlich musste ich zunächst mein Deutsch ein wenig aufpolieren, aber als ich das geschafft hatte, bemerkte ich die vielen Gemeinsamkeiten zwischen den beiden unterschiedlichen Kulturen. Zum Beispiel ist die alte Bergarbeitermentalität auch hier in Dortmund immer noch deutlich spürbar.

Natürlich hat sich mit der zunehmenden Zahl von Menschen aus verschiedenen Nationen, die sich hier niedergelassen haben, vieles verändert. Aber ich denke, dass die Menschen, die hier geboren und aufgewachsen sind, immer noch die alten Charakterzüge der vergangenen Generationen in sich tragen. Also diese unverblümte Geradlinigkeit; einfach direkt zu sein und einem dabei in die Augen zu sehen. Das ist auch der Grund, warum ich mich entschieden habe, hier zu bleiben, obwohl mir mehrfach angeboten wurde, in anderen Gegenden Deutschlands zu arbeiten. Ich fühle, dass ich hierhergehöre, und das ist ein gutes Gefühl.

Jetzt mal ganz unzensiert: Als Musiker hast du auf hunderten Bühnen gestanden und mit vielen anderen Musik gemacht. Was ist die verrückteste Geschichte, die dir dabei jemals passiert ist?

George Major Foto: Petra Coddington

Ich trete seit 1989 als professioneller Sänger auf, natürlich habe ich im Laufe der Jahre eine Reihe verrückter Dinge erlebt. Eine Sache ist mir allerdings besonders im Gedächtnis geblieben: Ich war Mitglied der Band „Die Srandjungs“, quasi das deutsche Pendant zu den „Beach Boys“.

Wir hatten gerade unsere neue Single mit dem Titel „Auch wenn es stürmt und schneit“ veröffentlicht und wurden zu Fernsehshow „Musikantenscheune“ im MDR eingeladen. Dabei kam der Produzent auf die glorreiche Idee, uns in Ostfriesennerzkostümen durch einen Sturm laufen zu lassen.

Soweit, so gut. Das Problem allerdings war, dass wir diese Szene ungefähr 15 Mal wiederholen mussten; draußen, vor einer riesigen Wind- und Regenmaschine. Bis alle Lichter richtig eingestellt waren, der Wind stimmte, der Regen stimmte, waren wir völlig durchnässt. Unnötig zu sagen, dass wir nie wieder Einladungen für die Show angenommen haben.

Stell dir vor, du könntest einen Song schreiben, den jeder Mensch auf der Welt hört und seine Botschaft versteht. Wovon würde das Lied handeln?

Ich denke, die Antwort versteck sich bereits der Frage. Für mich sagt der Song „Imagine“ von John Lennon alles aus, was ich selbst in einem Lied sagen möchte. Ich habe selbst auch ein paar Lieder über die Sinnlosigkeit von Krieg und Rassismus geschrieben, aber dieser eine Song ist DIE Botschaft schlechthin.


Weitere Informationen: Der Steckbrief von George Major

  • Auf der Bühne seit: 1974
  • Genre: Amerikana, Acoustic Pop & ein bisschen Folk
  • Aktueller Release: Jeden Sonntag gibt’s einen neuen Sunday Cup Of Coffee Song auf YouTube, Instagram, Facebook & TikTok
  • Unbedingt anhören: “On My Own TV”
  • Gibt’s zu hören bei: Auf allen gängigen Portalen
  • Live zu sehen wo und wann: 14.12. Piepenstock, Dortmund Hörde (zusammen mit Hemingways Whiskey)

Anm.d.Red.: Haben Sie bis zum Ende gelesen? Nur zur Info: Die Nordstadtblogger arbeiten ehrenamtlich. Wir machen das gern, aber wir freuen uns auch über Unterstützung!

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