Protestmarsch sollte auf die Missstände in Kitas aufmerksam machen

Demonstrierende fordern eine bessere Finanzierung in den sozialen Bereichen in NRW

Unter dem Motto „Black Week, gehen in NRW bald die Lichter aus? Gegen den Ausverkauf unserer sozialen Landschaft – für die Zukunft unserer Kinder“ gingen zahlreiche Menschen in Dortmund auf die Straße.
Unter dem Motto „Black Week, gehen in NRW bald die Lichter aus? Gegen den Ausverkauf unserer sozialen Landschaft – für die Zukunft unserer Kinder“ gingen zahlreiche Menschen in Dortmund auf die Straße. Foto: Chimène Goudjinou

Unter dem Motto „Black Week, gehen in NRW bald die Lichter aus? Gegen den Ausverkauf unserer sozialen Landschaft – für die Zukunft unserer Kinder“ fand in Dortmund eine Demonstration statt. Ein breites Bündnis aus Wohlfahrtsverbänden, Eltern und Beschäftigten in der Kindertagespflege, Kitas sowie der Offenen Ganztagsbetreuung rief zu einem Protestmarsch auf, um auf die drängenden Missstände in der Betreuungslandschaft Nordrhein-Westfalens aufmerksam zu machen. Die Teilnehmenden marschierten vom Hansaplatz bis in den Westpark. Was sie dabei forderten.

Kitaleitung: „Wir kriegen kaum Gelder für Ausbildung und müssen das aus den Etats nehmen“

Die beteiligten Träger AWO, Caritas, dobeq, das Deutsche Rote Kreuz (DRK), der Evangelische Kirchenkreis (EKK), der Jugendamtselternbeirat (JAEB), der Katholische Gemeindeverband, die Jugendhilfe St. Elisabeth und Parisozial, sind sich einig: Die aktuelle Situation in der Kinderbetreuung und -erziehung ist alarmierend.

Petra Bock, Fachbereichsleitung der AWO Kitas und der Kindertagespflege: „Wir wollen gerne zuverlässig betreuen. Das können wir leider nicht“.
Petra Bock, Fachbereichsleitung der AWO Kitas und der Kindertagespflege: „Wir wollen gerne zuverlässig betreuen. Das können wir leider nicht“. Foto: Chimène Goudjinou

Sie berichten, dass Mitarbeiter:innen unter enormen Druck stehen, Träger damit konfrontiert sind mehr Leistung zu erbringen, ohne dass dafür ausreichende finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt werden. „Wir stellen fest, dass es in den sozialen Bereichen und auch speziell in der Kinderbetreuung immer schwierigere Bedingungen gibt, die so nicht weiter tragbar sind.

Deshalb wollen wir auf uns aufmerksam machen – speziell der Betreuungsbereich. Damit man uns mal hört und sieht“, sagt Petra Bock, Fachbereichsleitung der AWO Kitas und der Kindertagespflege. Sie stand am Anfang des Demonstrationszugs und verkündete über ihr Megafon die Forderungen der Demonstrierenden.

Die Forderungen der Demonstrierenden zielen darauf ab, die Qualität und die Finanzierung der Kinderbetreuung in NRW nachhaltig zu verbessern.
Die Forderungen der Demonstrierenden zielen darauf ab, die Qualität und die Finanzierung der Kinderbetreuung in NRW nachhaltig zu verbessern. Foto: Chimène Goudjinou

Diese zielen darauf ab, die Qualität und die Finanzierung der Kinderbetreuung in NRW nachhaltig zu verbessern. Dazu gehöre unter anderem im Bereich der Kindertageseinrichtungen eine auskömmliche Finanzierung der Auszubildenden und der Qualifizierung von Quereinsteiger:innen in Kitas.

„Wir kriegen kaum Gelder für Ausbildung und müssen das aus den Etats nehmen. Dadurch müssen wir aber auch Personal einsparen, weil wir das in die Ausbildung stecken. Das kann ja nicht richtig sein“, berichtet Bock.

Missstände in der Kita betreffen auch die Eltern der Kinder

Auch die Gelder für Fachberatung seien knapp. „Wir haben viel zu wenig Finanzierung für Fachberatung. Auch wenn die Landesregierung oft sagt, wir sind ja gut finanziert, reicht es aber nicht. Man sieht es ja, jetzt gerade werden Menschen krank, müssen Kitas geschlossen oder teilgeschlossen werden, weil dann doch nicht genug Personal da ist“, sagt Bock.

Die Teilnehmenden marschierten vom Hansaplatz bis in den Westpark.
Die Teilnehmenden marschierten vom Hansaplatz bis in den Westpark. Foto: Chimène Goudjinou

Der Demonstrationszug ging recht zügig voran und legte deswegen einige Stopps ein. Ganz vorne mit dabei auch AWO Vorsitzende und SPD-Landtagsabgeordnete Anja Butschkau und Heike Henze-Brockmann, Geschäftsführerin der dobeq. „Den Kindern wird zugemutet, dass sie auf Erzieher:innen treffen, die wirklich alles geben, was in ihrer Macht steht. Trotzdem nicht genügend sind“, sagt Butschkau.

Sie setzt fort: „Den Erzieher:innen wird zugemutet, mit wenig Personal, wenig Zeit und im OGS Bereich in nicht gut ausgestatteten Räumlichkeiten zu arbeiten“. Doch betont sie auch, dass dies geschehe, obwohl sich die Träger sehr viel Mühe geben. An der Demonstration nahmen auch viele Eltern mit ihren Kindern teil.

„Den Eltern wird zugemutet, dass sie morgens nicht wissen ob ihr Kind jetzt verlässlich betreut werden kann“, sagt AWO Vorsitzende und SPD-Landtagsabgeordnete Anja Butschkau (2. von rechts mit pinkem Schal).
„Den Eltern wird zugemutet, dass sie morgens nicht wissen ob ihr Kind jetzt verlässlich betreut werden kann“, sagt AWO Vorsitzende und SPD-Landtagsabgeordnete Anja Butschkau (2.v.r. mit pinkem Schal). Foto: Chimène Goudjinou

Auch auf sie möchte Butschkau einen Fokus legen: „Den Eltern wird zugemutet, dass sie morgens nicht wissen ob ihr Kind jetzt verlässlich betreut werden kann“. Die Geschäftsführerin der dobeq, Henze-Brockmann fügt hinzu: „Das hat Auswirkungen auf die Beschäftigung der Eltern, die unter Umständen Stress kriegen. Das zieht sich weiter in die Gesellschaft rein und ist letztendlich ein weiterer wirtschaftlicher Schaden. Weil dann irgendeiner Zuhause bleiben muss und die Kinder betreuen muss“.

Der Demonstrationszug marschierte vom Hansaplatz über den Wall und die Rheinische Straße in den Westpark.

Demonstrierende fordern kostenlose Bildung für Chancengleichheit

Im Chor sangen die Demonstrierenden „Bildung muss bezahlbar sein, für alle“ und „Bildung ist kein Sparprogramm, denkt an alle“. Denn der Stadtelternbeirat sieht die Beitragsfreiheit aller Bildungsangebote als notwendig an.

„Keiner wird diesen Job nehmen wenn er schon sieht die Kolleg:innen sind überlastet“, sagt Henze-Brockmann mit einem Blick auf die Azubis.
„Keiner wird diesen Job nehmen, wenn er schon sieht, die Kolleg:innen sind überlastet“, sagt Henze-Brockmann mit einem Blick auf die Azubis. Foto: Chimène Goudjinou

„Bildung soll für alle gleich sein. Von daher ist es wichtig, dass Bildung kostenlos ist. Das Essen zum Beispiel kostet auch Geld. Das kann ja nicht sein. Das fällt manchen auch schon schwer, die Essensgelder alleine zu finanzieren. Die Bedingungen sollten für alle dieselben sein und nicht unterschiedlich“, sagt Bock.

Zudem fordern die Demonstrierenden einheitliche Qualitätsstandards und eine auskömmliche Finanzierung im Offenen Ganztag (OGS) und Schulbegleiter:innen als Standardangebot. „Auch im OGS Bereich muss es Standards für alle geben. Es muss ausreichend finanziert sein, dass es möglich ist auch eine zuverlässige Betreuung und Bildung zu haben, nicht nur eine Verwahrung. Das hat natürlich immer was mit Finanzen zu tun“, so Petra Bock.

Auch die Azubis werden in den Forderungen nicht vergessen. „Es muss für Ausbildung genug Geld da sein. Damit qualitativ gut ausgebildet werden kann. Damit es auch reizvoll ist in diese Ausbildung zu gehen. Denn keiner wird diesen Job nehmen, wenn er schon sieht die Kolleg:innen sind überlastet“, sagt Henze-Brockmann. Im Westpark endete die Demonstration dann, die mit sehr großer Beteiligung stattfand.


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