Die Freunde des Hoesch-Museums trauern um den langjährigen Betriebsrat

Abschied von Werner Nass: Integer, aber mit Ecken und Kanten – ein selbstbewusster Arbeiterführer

Werner Nass stand in der Tradition der selbstbewussten Arbeiterschaft auf der Westfalenhütte. Archivbild: Klaus Hartmann für nordstadtblogger.de

Die Freunde des Hoesch-Museum e.V. trauern um Werner Nass – er war ein Vereinsmitglied der ersten Stunde. Er starb am 30. Mai 2024 nach schwerer Krankheit. Werner Nass war Betriebsratsvorsitzender der Hoesch-Westfalenhütte Dortmund, Vorsitzender des Gesamtbetriebsrats der Krupp Hoesch Stahl AG und Eurobetriebsratsvorsitzender der ThyssenKrupp AG. Kaum ein Gesicht wurde so sehr mit Hoesch verbunden wie der bekannte Gewerkschafter.

Sein größter Coup war der Besuch von Michail Gorbatschow

Werner Nass und Jochen Walbersdorf WR-Bild: Hermann Pruys aus dem Bestand Hoesch-Museum

Geboren am 21. Februar 1940, machte der Schürener eine Lehre als Schweißer. 16 Jahre arbeitete er als Schweißer im Walzwerk, im Schichtdienst, war Teil der meinungsstarken Stahlbauer.

Bald wurde er zu einem Vertrauensmann und 1975 für die SPD-Liste in den Betriebsrat gewählt. Er galt als integer, aber mit Ecken und Kanten. Und nicht nur sein stets aufgeräumter Schreibtisch hinterließ bleibenden Eindruck.

Werner Nass stand in der Tradition der selbstbewussten Arbeiterschaft auf der Westfalenhütte. Wie sein Vorbild und Vorgänger als Betriebsratsvorsitzender, Kurt Schrade, agierte er als Teil einer Belegschaft, die ihr politisches Bewusstsein in der Nachkriegszeit hart erkämpft hatte und sich nach wie vor den im Wandel begriffenen Herausforderungen stellte.

Werner Nass in der Ausstellung im Hoesch-Museum. Archivbild: Klaus Hartmann für nordstadtblogger.de

Sein größter Coup war das Ergebnis einer Diplomatie von unten: Einen der mächtigsten Männer der Welt 1989 nach Dortmund geholt zu haben – Michail Gorbatschow, den Generalsekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der Sowjetunion.

Bei Gorbatschows Besuch am 15. Juni 1989 auf dem Hoesch-Werk sagte Werner Nass den legendären Satz: „Wenn es nach den Stahlarbeitern ginge, hieße der Friedensnobelpreisträger des Jahres 1989 Michail Gorbatschow.“ Das hatte er im Vorfeld mit der sowjetischen Seite abgesprochen. Nicht abgesprochen war das mit dem Nobelpreiskomitee in Stockholm, das ihn deswegen per förmlichem Schreiben rügte.

Werner Nass war immer mehr als „nur“ ein Interessenvertreter

Werner Nass war Betriebsratsvorsitzender der Hoesch-Westfalenhütte Dortmund, Vorsitzender des Gesamtbetriebsrats der Krupp Hoesch Stahl AG und Eurobetriebsratsvorsitzender der ThyssenKrupp AG. Archivbild: Klaus Hartmann für nordstadtblogger.de

Die Übernahme von Hoesch durch den Krupp-Konzern Ende 1991, kam auch für Nass völlig überraschend. Noch 2005 musste er bei einem Interview dazu um Worte ringen.

So traf ihn die Ermordung des ehemaligen Hoesch-Vorstandsvorsitzenden, Detlev Rohwedder, auch persönlich. Und selbst auf dem Krankenbett sorgte er sich darum, wie es mit thyssenkrupp und den aktuellen Verkaufsplänen weitergehen werde.

Gewerkschaftliche Arbeit war für Nass mehr als nur unmittelbare Interessensvertretung und das Aushandeln von Löhnen und Arbeitszeiten. Er verstand die Tätigkeit als eine gesellschaftspolitische Aufgabe, d.h. Bedingungen herzustellen, die die Würde des Menschen in allen Bereichen garantieren: Rassismus und faschistische Kräfte bekämpfen, für Demokratie, Frieden sowie Völkerverständigung einstehen. So war der Überfall Russlands auf die Ukraine 2022 für Nass ein Schock.

Herzensangelegenheit: Ein engagierter Zeitzeuge im Hoesch-Museum

Die Freunde des Hoesch-Museums e.V. trauern um Werner Nass, ein Vereinsmitglied der ersten Stunde. Foto: Manfred Vollmer / Hoesch-Museum

Die Familie war für Nass stets der größte Rückhalt. Er reiste gern, war glühender BVB-Anhänger und trieb selbst Sport. Und das Hoesch-Museum war ihm eine Herzensangelegenheit.

Es ging ihm auch hier um die Sache, um die Anschlussfähigkeit an die Gegenwart und die Zukunft. Er führte unzählige Gruppen durch sein Museum, stand jedem als Zeitzeuge zur Verfügung und verharrte dabei nicht im Gestern. Es war ihm wichtig, bis zum Ende an den Museumsthemen teilzuhaben.

„Seine feste Stimme, sein bestimmter Duktus, sein Mahnen, auch aktuelle Themen als Teil unseres Vermittlungsortes Hoesch-Museum im Blick zu haben, werden in Erinnerung bleiben. Alle Freundinnen und Freunde des Hoesch-Museums werden ihm ein ehrendes Andenken bewahren“, betonen Dr. Karl Lauschke, Vorsitzender der Freunde des Hoesch-Museums e.V. und Museumsleiterin Isolde Parussel.

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