Mit dem Vertrag mit dem Carsharing-Anbieter „cambio“ wollte die Stadt Dortmund 2022 den Mobilitäts-Mix verbessern und einen Beitrag dazu leisten, um nach dem Rückzug des langjährigen Anbieters „greenwheels“ dennoch Menschen zu bewegen, auf ein eigenes Auto zu verzichten. Neben dem Mobilitätsangebot sind die eigens dafür vorgehaltenen Stellplätze aber auch ein Konjunkturprogramm für Ordnungsamt und Abschleppdienste. Insbesondere ein Standort schießt den Vogel ab.
Für Privatanbieter wurden an 12 Standorten öffentliche Parkplätze reserviert
Das Schild für die Carsharing-Stellplätze – ein geteiltes Auto mit vier Strichmännchen – war bis dato den meisten Dortmunder:innen völlig unbekannt. Das änderte sich spätestens, wer abgeschleppt wurde – dafür wurde ein happiger dreistelliger Betrag fällig.
Auch wenn es früher schon Carsharing in Dortmund gab, brauchte es dafür keine eigenen Schilder: Anders als bei „cambio“ hatte „greenwheels“ für seine Fahrzeuge private Stellplätze angemietet, beispielsweise in Parkhäusern.
Für „cambio“ wurden jetzt aber an 12 Standorten öffentliche Parkflächen reserviert. Teil zum Ärger der Anlieger:innen, aber auf jeden Fall für die, die vom Abschleppen betroffenen waren.
Beschilderung sorgt für Verwirrung – die meisten kannten das Schild nicht
Weil das Schild dafür aber mehr zur Verwirrung als zur Erhellung beitrug, hatte das Tiefbauamt den Carsharing-Anbietern die Erlaubnis erteilt, auf eigene Kosten eine Zusatzbeschilderung unterhalb der amtlichen Beschilderung der Carsharing-Parkplätze anzubringen.
„Diese Erlaubnis war mit der Auflage verbunden, dass die Beschilderung nach dem Aufbringen der Bodenmarkierung (Piktogramme) zu entfernen ist. Die Carsharing-Stellflächen sind bis heute noch nicht mit einer Bodenmarkierung versehen worden“, berichtet Stadtsprecher Christian Stein auf Nachfrage von Nordstadtblogger.
„Es gibt zwölf Standorte für Carsharing-Parkplätze. Eine nicht amtliche Zusatzbeschilderung hinsichtlich möglicher Abschleppmaßnahmen ist an fast allen Carsharing-Parkplätzen vorhanden – ausgenommen sind die Standorte Albingerstraße und Brinkhoffstraße.“
Brinkhoffstraße als Auftragsgenerator für den Abschleppdienst
Wahrscheinlich weil in der Albingerstraße im Dortmunder Süden ohnehin keine Kontrollen stattfinden, erweist sich der Standort Brinkhoffstraße – der ohne Abschlepphinweis – als Auftragsgenerator für den Abschleppdienst und Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für das Ordnungsamt.
Vom 1. Januar 2023 bis 30. April 2024 gab es an den 12 Standorten insgesamt 637 Verwarnungen und 545 Abschleppmaßnahmen – die Hälfte davon alleine an der Brinkhoffstraße, unterhalb des Dortmunder U und der Berufsschulen.
318 Mal wurden dort Falschparker:innen verwarnt, 300 Mal Fahrzeuge abgeschleppt – in unmittelbarer Nähe des Sitzes des Abschleppunternehmens. Es ist einer Standorte, wo die Zusatzbeschilderung mit dem Verweis auf das Abschleppen fehlt.
Verwarngeld-Tatbestand kostet 55 Euro – das Abschleppen ist noch viel teurer
Bei den anderen Standorten sind die Verwarnungen und Abschleppmaßnahmen nicht ansatzweise so zahlreich. Auf Platz 2 kommt der Standort Freistuhl (117 Verwarnungen/ 81 Abschleppmaßnahmen), auf dem dritten Platz liegt der Standort Weisbachstraße (106/ 96).
In weitem Abstand folgen dann Lange Straße (44/34), Markgrafenstraße (28/ 21) und Essener Straße (10/ 3). bei allen anderen Standorten liegen die Verstöße im einstelligen Bereich. Das unberechtigte Parken auf Carsharing-Parkplätzen ist ein Verwarngeld-Tatbestand und kostet 55 Euro.
Deutlich teurer wird allerdings das Abschleppen, aber dazu will die Stadt keine Aussagen machen: „Zu den Abschleppkosten können wir aus datenschutzrechtlichen Gründen keine Angaben machen, da diese Vertragsinhalte zwischen der Stadt Dortmund und dem zuständigen Abschleppunternehmen sind“, so Stadtsprecher Stein.
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Es gibt wieder einen CarSharing-Anbieter in Dortmund: „cambio“ statt „greenwheels“
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Reader Comments
Norbert
Diese Rechtslagewiederholschilder sind in der StVO bzw. der zugehörigen Verwaltungsvorschrift nicht enthalten. VwV-StVO zu § 39 Rn. 7 lautet:
Vor dem Hintergrund von §§ 33 Absatz 2 und 39 Absatz 1 StVO sind diese Schilder zusammen mit amtlichen Verkehrszeichen m. E. unzulässig.
Die Beschilderung wie im Foto von der Brinkhoffstraße zu sehen ist, ist nicht auf Fahrzeuge eines Unternehmens beschränkt.
(VwV-StVO zu § 45 Rn. 45)
Das klingt , als ob man die Ruhr Nachrichten liest, wenn hier suggeriert wird, dass es hierbei um Geldverdienen ginge und dann der Bericht mit einem Kommentar („schießt den Vogel ab“) verknüpft wird.
Da es wohl um einen Rahmenvertrag handelt, der ausgeschrieben wurde und der nach Vergabe einen exklusiven Zugang bedeutet zu den Aufträgen, gibt es keine ggü. anderen Betreibern schützenswerte Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse – anders als während einer Ausschreibung, zumal man die Kosten leicht herausfinden kann, indem man sich einmal abschleppen lässt. Gut, bei der Kontrolldichte in Dortmund dann doch nicht ganz so einfach. Nicht näher benannte datenschutzrechtliche Probleme sind etwa so überzeugend wie in den 90ern und 00-Jahre die verischerungstechnischen Gründe, die für alles mögliche herhalten mussten und nun durch ein difuses Verständnis von Datenschutz abgelöst wurden.
Nordstadtblogger-Redaktion
Danke für den Kommentar. Der Autor hat die Wette in der Redaktion gewonnen. Er sagte, dass Sie
1. kommentieren und die STVO zitieren,
2. die flapsige bzw. wertende Formulierungen wie „Schießt den Vogel ab“ kritisieren,
und 3. auf den fragwürdige Antwort in Sachen Datenschutz eingehen werden.
Er hat also drei von drei – er scheint sie schon gut zu kennen. Dennoch wollte er den Text nicht vorab ändern, um Sie nicht der Chance der Kommentierung berauben. So sind wir – und denken immer an unsere Leserinnen und Leser.
🙂
Norbert
Auf 2. hätte ich nicht gewettet. Glückwunsch.
Andreas
Nicht der Standort schießt den Vogel ab, sondern es sind immer noch Autofahrer, die Carsharing-Parkplätze blockieren und diese Autofahrer schießen dann selbst den Vogel ab.
Betroffene sind nicht in erster Linie die Falschparker, sondern die Carsharing-Nutzer, die dann z.B. am Freistuhl (immerhin der zweite Lieblingsplatz der Falschparker) den Carsharing-Wagen nicht dort parken können, wo nachfolgende Nutzer ihn zurecht erwarten. Übrigens erwartet dann auch die Carsharing-Nutzer eine (Vertrags-)Strafe, weil sie extra Nutzungszeit buchen müssen, bis das Ordnungsamt eintrifft oder sie parken den Wagen an einer ganz anderen Stelle und der nachfolgende Nutzer ist der leidtragende.