Im Amt des Oberbürgermeisters werden neue Stellen geschaffen

Das Amt für Stadterneuerung bleibt erhalten – zusätzlich gibt es einen Stab „Dortmund 2035“

Julius Obhues | Nordstadtblogger

„Durchregieren“, „Willkür-Akt“ und ein OB im Stile von „Gottvater Zeus“ – die Diskussionen um die Eingliederung des Amtes für Stadterneuerung ins Amt des Oberbürgermeisters waren ebenso heftig wie die Vorwürfe gegen Thomas Westphal, der sich große Teile des Rates gegen sich aufgebracht – und dem Rat anschließend mit einer Beanstandung des Beschlusses zum Erhalt des Stadtamtes gedroht hat. Zum Prozess und der nächsten Runde ist es nicht gekommen – nach intensiven Beratungen hinter den Kulissen gibt es nun einen Kompromiss.

Dortmund bekommt einen Stab „Dortmund 2035“

Auch im Rat, gegen die Stimmen von AfD und FDP/ Bürgerliste, wurde beschlossen, dass die Stadt Dortmund einen Stab „Dortmund 2035“ im Dezernat des Oberbürgermeisters einrichtet. Das Amt für Stadterneuerung bleibt im Dezernat 6 bestehen. Darauf haben sich die Stadt Dortmund, der Oberbürgermeister sowie die Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen, CDU und Linke+ geeinigt.

Oberbürgermeister Thomas Westphal. Julius Obhues | Nordstadtblogger

In den vergangenen Wochen haben Gespräche zwischen dem Oberbürgermeister und den drei Fraktionen stattgefunden, deren fruchtbarer Verlauf zu diesem Ergebnis führte. Damit verhindern die Fraktionen und der OB einen drohenden Rechtsstreit über die Verlagerung des Amtes für Stadterneuerung in das Dezernat des Oberbürgermeisters.

Der neue Stab des Oberbürgermeisters wird 19 Stellen umfassen und direkt dem OB und dem Verwaltungsvorstand berichten. 12 Stellen dafür werden neu geschaffen, sieben weitere derzeit unbesetzte Stellen kann Westphal im Rahmen seiner Organisationshoheit an sich ziehen.

Gemeinsam mit den wesentlichen Ämtern der Stadtverwaltung bildet er einen gemeinsamen „Projektraum“, in dem man Kompetenzen aus den Bereichen hinzuziehen oder gegebenenfalls temporär abordnen kann. Gemeinsam werden dann, basierend auf sehr detaillierten Bevölkerungsprognosen, die gesamtstädtischen Prioritäten im Infrastrukturausbau gesetzt.

Schwerpunkt liegt auf Kinder/Jugend, Bildung und Wohnungsbau

Das Amt für Stadterneuerung verbleibt im Dezernat von Stefan Szuggat Julius Obhues | Nordstadtblogger

Der Projektraum besteht aus rund 13 Fachämtern und Tochtergesellschaften der Stadt Dortmund, die mit den wesentlichen Themen der Infrastruktur zu tun haben. Besonders betrachtet werden dabei die Bereiche Kinder/Jugend, Bildung und Wohnungsbau.

Der Stab „Dortmund 2035“ soll überall, wo es möglich ist, Fördermittel einwerben. Dies geschieht in enger Abstimmung mit dem Fördermittelmanagement im Fachbereich 1. Vor allem für umfangreiche Infrastrukturmaßnahmen, aber auch für Gutachten sollen Fördermittel von EU, Bund und Land akquiriert werden, um die Investitionen für die Stadt Dortmund besonders zu steigern.

Das Amt für Stadterneuerung verbleibt im Dezernat für Umwelt, Planen und Wohnen. Es wird fester Bestandteil des Projektraums „Dortmund 2035“ sein.

„Diesen gemeinsamen Prozess hätten wir uns schon früher gewünscht“

„Wir sind froh, dass mit dem jetzt vorliegenden Beschluss der Plan des Oberbürgermeisters zur Auflösung des Amtes für Stadterneuerung vom Tisch ist. Dieser Bereich bleibt – wie vom Rat gefordert – auch zukünftig Teil des Planungsdezernats. Das ist insbesondere auch für die dort erfolgreich arbeitenden Mitarbeiter*innen eine gute Nachricht“, sagte Katrin Lögering (Grüne).

Katrin Lögering (Grüne) Julius Obhues | Nordstadtblogger

Vor dem Hintergrund bestehender und kommender Herausforderungen der Stadt sowie mit dem gemeinsamen Ziel, die Situation am Wohnungsmarkt und beim Schul- und Kitabau zu entschärfen, könne die Koordinierung über Dezernatsgrenzen hinweg eine sinnvolle Lösung sein.„Ohne in die Eigenständigkeit der Dezernate einzugreifen oder eine parallele Dezernatsstruktur aufzubauen“, betonte die Grüne. „Diesen gemeinsamen Prozess hätten wir uns schon früher gewünscht.“

„Entscheidend ist dabei für uns, dass alle berührten Bereiche eingebunden und vernetzt betrachtet werden, denn die anstehende Aufgabe betrifft mehr als nur Stadterneuerung und Planung. Und wir erwarten, dass die Ergebnisse des neuen Stabs „Dortmund 2035“ – im Sinne einer weiteren konstruktiven Zusammenarbeit – mit der Politik in den jeweiligen Gremien gemeinsam beraten und diskutiert werden“, so Lögering.

Hoffnung auf mehr Schub bei Wohnungsbau, Kitas und Schulen

„Ich freue mich, dass es zwischen den Beteiligten gelungen ist, einen tragfähigen Kompromiss zu finden. Eine langjährige Auseinandersetzung zwischen dem Oberbürgermeister und dem Rat der Stadt wäre in der Sache sicher nicht gut gewesen. Ebenso bin ich erfreut, dass das Amt für Stadterneuerung nun in seiner ursprünglichen Form erhalten bleibt“, betonte Utz Kowalewski (Die Linke+). 

Utz Kowalewski (Die Linke+)
Utz Kowalewski (Die Linke+) Foto: Alexander Völkel für die nordstadtblogger.de

Mit dem nun vorliegenden Kompromiss verband er die Hoffnung, mehr Schwung in die Aufgabenerfüllung der Stadt zu bekommen. „Durch die neue Einheit im Dezernat des Oberbürgermeisters sollten zudem bestehende erhebliche Schnittstellenprobleme in der Verwaltung abgebaut und die kommunale Daseinsfürsorge ausgebaut werden, was letztlich allen Menschen in Dortmund zugutekommt“, so Kowalewski.

„Besonders auf dem Wohnungsmarkt und beim Mangel an Kitas und Schulplätzen hinkt die Stadt den Entwicklungen seit vielen Jahren hinterher. Weitere zusätzliche Aufgabenstellungen durch die Bevölkerungsentwicklung zeichnen sich bereits ab. Auf diese neuen Entwicklungen müssen wir uns ebenso vorbereiten wie die Versäumnisse der Vergangenheit aufholen“, so der Linken-Politiker.

Von der wachsenden Stadt und 650.000 Einwohner:innen ist nicht mehr die Rede

„Da stehen wir wieder hier nach einer denkwürdigen Sitzung. In mehreren Runden haben wir gesprochen mit dem Ziel einer verantwortungsvollen Lösung, den Rechtsstreit zu vermeiden und den Interessen der Beschäftigten in dieser Stadtverwaltung nachzukommen und auf sie zu hören. Das war uns als Fraktion sehr wichtig“, so CDU-Fraktionschef Dr. Jendrik Suck. 

Jendrik Suck (CDU) Julius Obhues | Nordstadtblogger

„Das Ringen war hart – die Kompromisse tun allen Seiten weh, aber das gehört wahrscheinlich auch zu einem Kompromiss dazu. Das Amt für Stadterneuerung bleibt so wie es ist – das ist fachlich und personell richtig und der wertschätzende Umgang mit denen, die da arbeiten. Das war Anspruch von Grünen, CDU und Linken+“, so Suck.

Nun komme der Stab „Dortmund 2035“: „Wir machen das mit, weil wir glauben, dass wir besser werden müssen – für die 612.000 die schon da sind“, so Suck. Für sie müssten  Wohnungen, Kita- und Schulplätze geschaffen werden.

Allerdings sei jetzt „die Erzählung der wachsenden Stadt“ nicht mehr enthalten. „Sie taucht nicht auf. Und auch nicht die 650.000 als einzig wahre Prognose. Da hat eine deutliche Ratsmehrheit gesagt, dass sie das nicht so sieht”, betonte der CDU-Fraktionsvorsitzende. „Daher wird der Stab auf anderer Grundlage seine Arbeit aufnehmen.“ 

„Sie haben sich an den Finanzen versündigt und einen neuen Wasserkopf geschaffen“

Der Kompromiss kam nicht bei allen Fraktionen gut an: „Wir haben einen Machtkampf erlebt zwischen dem OB und Grün-Schwarz und da hat man sich jetzt geeinigt. Der OB wollte Stellen zu sich holen. Grün-Schwarz wollte die Stellen dort lassen, wo sie sind. Jetzt hat man sich geeinigt, auf Kosten des Steuerzahlers“, kritisierte Michael Kauch (FDP/Bürgerliste). 

Michael Kauch (FDP) Julius Obhues | Nordstadtblogger

„Jetzt gibt es zwölf neue Stellen – das ist ein Kompromiss auf Kosten Dritter. Sie haben nicht das erreicht, was sie wollten, sondern haben sich an den Finanzen versündigt und einen neuen Wasserkopf geschaffen. Wir als FDP/Bürgerliste finden das nicht gut“, so der Fraktionsvorsitzende.

Auch Peter Bohnhof (AfD) war nicht begeistert und lobte den OB für seinen „Taschenspielertrick“: „Das war ein Kuhhandel: Sie haben ihre Stellen und die anderen Fraktionen haben versagt. Ich ziehe den Hut davor, was sie da hingelegt haben. Es ist ein Klasse Trick – den merke ich mir, aber wir werden die Vorlage ablehnen.“

„Gemeinsam die wichtigen Weichen für die Zukunft unserer Stadt stellen“

Carla Neumann-Lieven (SPD) machte deutlich, dass sie von Anfang an hinter den Plänen des Oberbürgermeisters gestanden habe: „Er hat klar gesagt, dass wir uns auf eine wachsende Stadt vorbereiten müssen. Dass wir dafür neue Fachkräfte benötigen, war von uns nicht geplant“, räumte die Fraktionsvorsitzende ein.  

Carla Neumann-Lieven (SPD) Julius Obhues | Nordstadtblogger

„Es ist aber gut, dass wir diese Übereinkunft mit den Fraktionen haben. Dieser agile Stab sorgt dafür, dass wir auch mit einer wachsenden Bevölkerung die Stadt erfolgreich gestalten. Dafür braucht es Ideen und Vorschläge für den Ausbau der Infrastruktur, für Wohnen, Kitas und Schulen. Dann bleibt Dortmund eine erfolgreiche junge Großstadt“, so Neumann-Lieven.

Westphal selbst gab sich versöhnlich und wollte auch nicht mehr zerreden, wer welchen Beitrag geleistet habe und wer Gewinner oder Verlier sei: „Wir haben alle zusammen einen guten Weg gefunden. Jetzt können wir gemeinsam die wichtigen Weichen für die Zukunft unserer Stadt stellen“, stellte der OB fest.

„Ich war nie an einem Machtspiel oder einem Rechtsstreit interessiert“, erklärte Westphal. „Das haben die Beschäftigten unserer Stadterneuerung überhaupt nicht verdient. Deshalb ist die Lösung, die wir jetzt gefunden haben, eine gute Lösung für die gesamte Stadt, und darum geht es schließlich“.


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Reaktionen

  1. „Steuerzahler zahlt für politische Konflikte“ – FDP/Bürgerliste kritisiert neue Stellen bei der Stadt Dortmund (PM)

    „Der Machtkampf zwischen Oberbürgermeister und Grün-Schwarz wurde auf dem Rücken der Steuerzahler gelöst. Die Bürgerinnen und Bürger müssen um des politischen Friedens Willen für 12 überflüssige neue Stellen zahlen“, kritisiert der Fraktionsvorsitzende von FDP/Bürgerliste, Michael Kauch, die Beschlüsse der gestrigen Ratssitzung.

    Grüne und CDU wollten das Amt für Stadterneuerung erhalten, der OB wollte es auflösen und die Stellen in seinen eigenen Verantwortungsbereich ziehen. „Jetzt bekommt jeder seinen Willen und bestehende Stellen werden einfach vermehrt – was eigentlich vorher keine Seite wollte. Daraus kann man nur den Schluss ziehen: entweder sind die Stellen beim Oberbürgermeister überflüssig oder die im Amt für Stadterneuerung. Wahrscheinlich wird in Zukunft die gleiche Arbeit einfach doppelt gemacht“, so Kauch.

    Auch an einer anderen wurden gestern mal wieder neue Stellen geschaffen, als gäbe es kein dreistelliges Millionen-Defizit im städtischen Haushalt. „FDP und Bürgerliste wollen das Amt für Migration – aber nicht so. Statt mehr Personal für Fachkräfte-Service oder Abschiebungen vorzuschlagen, wurden neun neue Stellen für zentrale Verwaltungsdienste wie Buchhaltung, IT und Personalverwaltung geschaffen. Mir kann niemand erzählen, dass die Umorganisation für das Amt für Migration nicht durch Umschichtungen von Personal hätte erreicht werden können“, betont der Fraktionsvorsitzende von FDP/Bürgerliste.

  2. IngoSt.

    Ein strategisches Team Stadtentwicklung beim OB ist etwas ganz anderes als ein operatives Amt Stadterneuerung für Stadtteil- und Quartiersentwicklung und Fördermittelaquise.

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