Art scenico setzt das Projekt in Gedenken an den verstorbenen Künstler um

Nach einer Idee von Rolf Dennemann: In Mamator spielt ein Mann Verstecken auf dem Hinterhof

Maximilian Strestik als Protagonist: leidenschaftlicher Fußballfan, Welterklärer, Biertrinker, Mitte 40 und lebt eigentlich noch bei seiner Mutter
Maximilian Strestik als Protagonist: leidenschaftlicher Fußballfan, Welterklärer, Biertrinker, Mitte 40 und lebt eigentlich noch bei seiner Mutter. Guntram Walter/art scenico

Er habe keine Angst vor Frauen, erklärt der namenlose Protagonist. Nachdem er kurz zuvor anhand einer Kreidezeichnung wie ein Lehrer an der Tafel skizziert hat, wo er sich bewegen kann ohne in das Sichtfeld seiner Mutter zu geraten. Sie ist titelgebend für „Mamator oder guck mal ob die Mama guckt”, eine Inszenierung des Vereins artscenico in einem Hinterhof an der Missundestraße. Am Freitag feiert das Stück Premiere.

Eine Figur aus „Nordkurve“ hat Rolf Dennemann für das Stück weiter entwickelt

Weitere Personen, die für den Protagonisten in seinen Monolog immer wieder anspielt, sind Freund Hanno und die Wirtin Gerda – oder Helga? So ganz sicher ist er sich bei den Namen nicht mehr, das mag auch am steigenden Alkoholpegel liegen. Berthold Meyer (Dramaturgie) und Matthias Hecht (Regie) entwickelten das Stück nach einer Idee und Textvorlagen von Rolf Dennemann, der im Januar 2024 verstarb. Noch im November saß Darsteller Maximilian Strestik mit ihm zusammen um über den Text für das Solotheaterstück zu sprechen. 

Monologe und mathematische Kalkulationen im Hinterhof Guntram Walter

Das nun dem Stück zugrunde liegende Manuskript ist der letzte Theatertext, den Rolf Dennemann für artscenico verfasst hat. Der Charakter beruht auf einer Figur des Gelsenkirchener Autors Michael Klaus und nimmt dabei sehr frei Motive seines Romans „Nordkurve“ auf.

Korrektur: Der Roman basiert auf Adolf Winkelmanns Film „Nordkurve“, dritter Teil der Ruhrgebietstrilogie.

„Es gibt einen ganz kurzen Moment im Film, wie er sich im Auto vor der Mama versteckt – falls sie rausguckt. Weil sie denkt, er sei arbeiten” erklärt Matthias Hecht.

Bestimmte Dinge haben wir übernommen: dass er Fußballfan ist, dass er mit seiner Mama ein spezielles Verhältnis hat. Und auch ein großer Schwadroneur vor dem Herrn ist. Und über alles und jeden redet“, führt Berthold Meyer aus.

„Ortsspezifische Interventionen” machten den Verein aus, beispielsweise das Projekt „Kunsthuren”, für das die Schauspieler:innen die Räume eines Stundenhotels in der Nordstadt bezogen und gebucht werden konnten, während des laufenden Betriebs. Das Gleiche gilt für die Proben und Aufführungen von Mamator: das normale Leben geht weiter, Autos fahren auf den Hinterhof, Kinder spielen, rufen nebenan und zwischendurch sind die Sirenen der Polizei zu hören – Nordstadt eben.

Ruhrgebietstypische, zeitlose Kulisse liefert den Hintergrund

Für dieses Stück bestehe dahingegen „fast eine klassische Theateranordnung”, so der Dramaturg, Berthold Meyer. „Hier gibts eine Tribüne und da vorne spielt ein Mensch“. Damit ist Darsteller Maximilian Strestik gemeint, dem in der Umsetzung viel Gestaltungsfreiheit gelassen wird. Regieassistent Ludwig Juhrich verfolgte die Proben im Detail, sodass sie ausführlich besprochen und entwickelt werden konnten.

Guntram Walter/art scenico

Marius Glagovsek ist für die Ausstattung verantwortlich, zu den erforderlichen Requisiten zählen ein Plastikfußball, ein alter Fernseher, ein Klappstuhl mit 70er-Jahre-Blumenmuster, ein Gartenzwerg und ein Wäscheständer. Nicht zu vergessen: das obligatorische Bier und die versiffte Kutte mit Aufnähern. Im Hintergrund sind graue Mauern und gestapelter Schrott zu sehen. 

Das Stück wird in Realzeit aufgeführt, der Namenlose fiebert auf den Anstoß seines Lieblingsvereins um 20:30 Uhr hin. Regisseur Matthias Hecht ergänzt: „Sieg oder Abstieg. Wenn nicht gewonnen wird, dann steigt die Mannschaft ab und damit auch ein Teil seiner Identität“. Sein Problem dabei: er darf nicht ins Stadion. Und so redet er sich mehr und mehr in Rage, was teilweise zu absurden Monologen über Würste, Vögel oder Autos ausartet.

Als „Vermächtnis und Neuanfang” bezeichnet Berthold Meyer die Aufführung des Stückes nach Dennemanns Tod. Hecht und er sind Teil des neuen Vorstands, zusammen mit Roman D. Metzner, Lars Wege und Stefanie Winner. Auf ihrer Website schreiben sie, der Verein sei bekannt geworden für „Werke, die vom Moment, von der Situation, lebten und die nur in einem, diesem besonderen Augenblick überhaupt existieren konnten. Sie wirken flüchtig“. Gleichzeitig seien die Werke „Ansporn […] im bleibenden Geiste der Arbeit, die Rolf und artscenico seit mehr als drei Dekaden geleistet haben”. 

Der Verein beschreibt das Stück als Hinterhofballade und Hommage an einen Fan und seinen Fußball Guntram Walter/art scenico

Premiere am Freitag, weitere Aufführungen dieses und kommendes Wochenende

Über Mamator: www.artscenico.de/blog/2024/04/06/mamator/

Spielort: Hinterhof Missundestraße 10, Dortmund

Tickets: Eintrittspreise 17 Euro, ermäßigt 10 Euro (für Schüler:innen, Student:innen, Arbeitssuchende und Menschen mit Behinderung) 

online unter ticketree, Reservierung unter orga@artscenico.de oder an der Abendkasse am Veranstaltungsort 

Termine: Uraufführung am Freitag 26. April 24 (19 Uhr)

Aufführungen: 27. April, 3. und 4. Mai 24 / Beginn 19 Uhr 

Am 4. Mai finden im Rahmen von Dortbunt.Nebenan ab 14 Uhr mehrere Aktionen im angrenzenden Hinterhof statt. Diese enden vor Beginn der Aufführung, sodass auch ein Besuch beider Veranstaltungen möglich ist. 

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