Städtische Kliniken sind trotz Haushaltsdefizit „gut aufgestellt“

Gesundheitsminister Karl Lauterbach wirbt im Klinikum für seine geplante Krankenhausreform

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (3.v.l.) besuchte das Klinikum Dortmund und sprach dort unter anderem mit (v.l.) Prof. Dr. Dr. Stefan Haßfeld, Medizinischer Geschäftsführer und Ärztlicher Direktor, OB Thomas Westphal und Arbeitsdirektor Michael Kötzing. Foto: Marina Giritsch für das Klinikum Dortmund

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach möchte das Krankenhaussystem in Deutschland umkrempeln. Bei einem Besuch warb er in den Städtischen Klinken in Dortmund für den geplanten Gesetzentwurf. Der SPD-Politiker betont: „Die Reform muss schnell kommen.“

Bundesgesundheitsminister Lauterbach: „Das Klinikum Dortmund ist jetzt schon gut aufgestellt“

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach war am Sonntag (21. April 2024)  zu Gast in Dortmund. Wiederholt warb und verteidigte der 61-Jährige seine geplante Krankenhausreform. Im Kern sieht diese vor, große Kliniken, sogenannte „Maximalversorger“, zu stärken, um die medizinische Versorgung zu verbessern. Viele kleinere Krankenhäuser, in denen die „nur“ die Grundversorgung geleistet wird, werden hingegen schließen müssen.

Das Städtische Klinikum ist gut aufgestellt. Die Auflösung von Kliniken in Dortmund schloss Lauterbach aber nicht aus.

„Das Klinikum Dortmund ist jetzt schon gut aufgestellt“, betonte der Minister – und dass trotz des spürbaren Haushaltslochs des größten kommunalen Krankenhauses in Nordrhein-Westfalen. Für andere könnten dunkle Zeiten anbrechen: Die Auflösung von Kliniken in Dortmund schloss Lauterbach nicht aus. Rund 1.900 Häuser gibt es in Deutschland (Stand 2022). „Dafür haben wir weder den medizinischen Bedarf noch das notwendige Pflegepersonal noch die notwendige Ärzteschaft. Von daher müssen wir auch Standorte abbauen und wir müssen Leistungen zentrieren“, so der Gesundheitsminister.

Pflegepersonal und Krankenkassen kritisieren Reform

Besonders in medizinisch hochkomplexen Fachbereichen wie der Neuro- oder Onkologie hätten Studien gezeigt, dass es sinnvoller sei, an einem Standort mit mehr Personal und besseren Gerätschaften ausgestattet zu sein, als die Versorgung auf viele Kliniken aufzuteilen. Um als „Maximalversorger“ anerkannt zu werden, müssen Krankenhäuser strukturelle Mindeststandards erfüllen.

Bald noch wichtiger für die Gesundheitsversorgung im Ruhrgebiet? Das Klinikum Dortmund ist schon jetzt das größte kommunale Krankenhaus in NRW. Archivbild: Klinikum Dortmund

Kritik an Lauterbachs Plänen kommt unter anderem von Beschäftigten aus der Pflege. Eine Petition gegen die Reform hat bereits über 39.000 Unterschriften. „Viele kleinere Krankenhäuser geben angesichts der kommenden Krankenhausreform einfach auf, bzw. ergreifen keine Initiativen mehr, tätigen keine Investitionen, Geschäftsführungen fliehen und neue werden nicht mehr gefunden“, befürchtet die Initiatorin der Petition, Josephine Thyrêt. Auch die gesetzlichen Krankenkassen schlagen Alarm: Beitragszahler:innen könnten über Jahre finanziell mehrbelastet werden, weil der Umbau des Gesundheitssystems auch aus Mitteln der Kassen finanziert werden soll.

Größere Bedeutung der Städtischen Kliniken durch neues Gesetz

Prof. Stefan Haßfeld, medizinischer Geschäftsführer und Ärztlicher Direktor am Klinikum Dortmund geht im Zuge der Reform von einer größeren Bedeutung seines Hauses aus. Gleichzeitig bestünde die größte Problematik darin, Mitarbeitende zu gewinnen und zu halten. Der Bundesgesundheitsminister hofft, sein Gesetz noch in diesem Jahr zu verabschieden. „Die Reform muss schnell kommen“, ansonsten würde man ein historisches Momentum verpassen.


Anm.d.Red.: Haben Sie bis zum Ende gelesen? Nur zur Info: Die Nordstadtblogger arbeiten ehrenamtlich. Wir machen das gern, aber wir freuen uns auch über Unterstützung!

Unterstütze uns auf Steady

Reader Comments

  1. Anne Schulze-Allen

    Zur Durchsetzung seiner Reform hat Minister Lauterbach offenbar Anleihen bei Machiavelli genommen und auf das alte Prinzip von „teile und herrsche“ zurückgegriffen. Bei seinem Besuch im Klinikum Dortmund warb er vor den Beschäftigten mit einer Bestandsgarantie für ihr Krankenhaus. Woher das Geld für den geschätzten zukünftigen Investitionsbedarf von 400 Mio € kommen soll, verriet er allerdings nicht. Der Schwerpunkt soll ohnehin auf planbaren komplexen Operationen liegen, die dann vor allem im Klinikum Dortmund stattfinden sollen. Mit diesen wird bekanntlich das Geld verdient, das für die nicht planbare Grundversorgung und Notfälle fehlt. Die Grundversorgung soll dann offensichtlich überwiegend in den dann auf Level 1i (keine Rund-um-die-Uhr-Betreuung durch Ärzte) herabgestuften Kliniken und vom jetzt schon überlasteten ambulanten Sektor durchgeführt werden. Der Konkurrenzkampf zwischen den Teilnehmern am Gesundheitssystem wird durch diese Politik und angesichts eingesparter öffentlicher Mittel für die Daseinsvorsorge noch zunehmen. Die Leidtragenden werden die Beschäftigten sein und die, die sich keine hochwertige private Medizin leisten können

  2. Regionalkonferenz Krankenhausplanung: ver.di-Mahnwache zur Neugestaltung der Krankenhauslandschaft in NRW (PM)

    m kommenden Montag (13. Mai 2024) lädt das NRW-Gesundheitsministerium die Krankenhausträger und Krankenhäuser im Raum Düsseldorf, Solingen, Remscheid, Wuppertal, Kreis Mettmann, Essen, Oberhausen, Mülheim an der Ruhr und Duisburg zu einer Regionalkonferenz zur Umsetzung der Krankenhausplanung in NRW nach Düsseldorf ein. ver.di setzt sich mit einer Mahnwache am Veranstaltungsort für eine Krankenhausplanung aus der Perspektive der betroffenen Menschen ein.

    „Bisher erfolgt der Umbau der Krankenhauslandschaft hinter verschlossenen Türen“, kritisiert Susanne Hille, ver.di-Fachbereichsleiterin Gesundheit in NRW. „Leistungsbereiche werden hin und hergeschoben, bestehende und vielfach bewährte Strukturen werden dadurch geschwächt. Völlig ausgeblendet wird die Betroffenheit der Beschäftigten.“

    ver.di fordert deshalb die umgehende Beteiligung und den Erhalt von tariflichen Bindungen. „Ein Verschieben von Leistungsbereichen betrifft immer die dort arbeitenden Menschen. Deren Belange werden bisher nicht berücksichtigt. Ohne die Betroffenen wird keine Reform gelingen. Sie müssen für Veränderungen gewonnen werden“, so Hille. „Dazu bedarf es Sicherheit, Anreize und Mitsprachemöglichkeiten.“

    Die Beschäftigten hätten zahlreiche Fragen zu ihrer beruflichen Zukunft, die sie sich im aktuellen Umwandlungsprozess stellten und die im Entscheidungsprozess bisher nicht berücksichtigt wurden. Die Fragen betreffen arbeits- und tarifvertragliche Rahmenbedingungen, mögliche Kündigungen, die Anerkennung von bestehenden Qualifikationen und Berufserfahrung bis hin zu Fragen nach bestehenden Arbeitszeitkonten, Altersvorsorge und der Auswirkung verlängerter Arbeitswege auf Einkommen und Arbeitszeit.

    „Wir wollen die Entscheidungsträger mit unserer Mahnwache an ihre Verantwortung den Beschäftigten gegenüber erinnern. Es ist höchste Zeit, Patientenvertretungen, betriebliche Interessenvertretungen und Gewerkschaften einzubeziehen“, so die Gewerkschafterin abschließend.

Write a Comment

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert