„Lass uns reden“ ist in die Nordstadt gekommen. Studierende des Instituts für Journalistik der Technischen Universität Dortmund haben zusammen mit dem TV Lern- und Lehrsender und der Bürgermedienplattform NRWision die Menschen in der Dortmunder Nordstadt zum Thema Chancenungleichheit zusammengebracht. Ein Abend an dem nicht nur über Probleme, sondern auch über Lösungsansätze für die Zukunft geredet wurde.
Die Nordstädter:innen über Bildungsungleichheit, Jobchancen und Armut
Unter dem Motto „Lass uns reden“ wurden im Depot die Probleme der Bürger:innen aufgegriffen und mit ausgewählten Expert:innen diskutiert: Bezirksbürgermeisterin Hannah Rosenbaum, Politikwissenschaftler Prof. Dr. Sebastian Kurtenbach, Izel Kahraman von Arbeiterkind und Fatma Karacakurtoğlu, Gründerin von Train of Hope.
Schon im Oktober letzten Jahres war das Format in Hörde und hat dort das Thema „Sicherheit und Wohlfühlen in Dortmund-Hörde“ aufgegriffen. Das Stadtgespräch ist im Rahmen des Bachelorseminars „Journalistische Praxis: Projekt und Reflexion“ entstanden. So entschieden sich die Studierenden dafür die Nordstadt als nächstes Viertel mit in das Format zu nehmen.
„Bei der Recherche ist rausgekommen, dass es viele Statistiken zu gibt, dass die Chancenungleichheit hier in der Nordstadt im Vergleich zu anderen Viertel in Dortmund relativ hoch ist. Dementsprechend ist es die Nordstadt geworden“, sagt Leonie Krzistetzko, Chefredakteurin von NRWision und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Journalistik.
So waren die drei großen Themen des Abends „Bildungsungleichheit, Jobchancen und Armut“.
Mit roten und grünen Karten konnten die Menschen im Publikum zeigen, ob sie oder ihre Kinder in der Schule schon mal Erfahrungen mit Benachteiligung gemacht haben. Die Karten haben gezeigt, dass einige schon Erfahrungen gemacht haben, viele aber auch nicht.
Keine Jobchancen aufgrund der Postleitzahl und den Namen der Schule
Im Publikum saß Bernd Bruns, der Schuldirektor der Anne-Frank-Gesamtschule, der sich auch rege an der Diskussion beteiligte: „Wir müssen für Bildungsgerechtigkeit viel kämpfen und bewegen. Wir müssen dafür sorgen, dass wir Bildungschancen aufmachen“, sagt Schuldirektor Bruns, der als Arbeiterkind eine schwierige Schulzeit gehabt habe.
Daher setze er sich an seiner Schule besonders für Bildungsgerechtigkeit ein. Auch heute sehe er noch viele Probleme: zum Beispiel Schüler:innen die aufgrund der Postleitzahl oder den Namen der Schule keine Chance bei Ausbildungsstätten haben.
Es meldete sich eine Zuschauerin ebenfalls zu Wort und berichtete wie sie von ihrem Ausbildungsleiter unterschätzt wurde und er sie mit den Worten „Im praktischen ist sie sehr gut, aber ob sie das schriftliche schaffen wird“ abgewertet wurde.
Als Kind von Gastarbeitern, habe sie sich immer beweisen müssen und entkam nicht den Vorurteilen. Alle sind sich einig: Für Bildungsgerechtigkeit und gleiche Jobchancen muss mehr getan werden und so haben das Publikum sowie auch die Expert:innen Lösungsansätze gesammelt, die im Nachhinein in einem Forderungskatalog zusammengefasst wurden.
Die Forderungskataloge nach jeder Diskussion, wurden von Übersetzer:innen in spanisch, bulgarisch, türkisch und arabisch übersetzt. „Ich muss da ein Lob aussprechen. In den Schulen hier in der Nordstadt wird so viel wertvolle Arbeit geleistet“, sagte Rosenbaum, die erkennt, dass innerhalb der Schulen in der Nordstadt schon sehr viel gemacht wird, aber Lösungen auch auf höherer politischer Ebene gemacht werden müssen.
„Es gibt Migrant:innen die bekommen gar nichts“
Weiter ging es mit dem Thema Armut. Mit ihren Karten zeigten die meisten Teilnehmer:innen, dass sie ausreichende finanzielle Mittel zur Verfügung haben, einige im Publikum aber nicht.
Ein Mann im Publikum spricht die großen Unterschiede bei den Transferleistungen an: „Es gibt Migrant:innen die bekommen gar nichts“. Er sehe Handlungsbedarf bei der Regierung. Zudem spricht er auch die engen Wohnverhältnisse an, denen viele Familien ausgesetzt sind.
Darauf erwidert Rosenbaum, die die beengten Wohnverhältnisse auch als Problem sieht: „Kommunal soll wieder mehr Wohnraum geschaffen werden“. Sie merkt aber auch an, dass es in der Nordstadt wenig freie, bebaubare Flächen gibt.
In der Vergangenheit habe sie sich aber in der Bezirksvertretung für eine Stadtteilbibliothek eingesetzt, um da einen Ausweichraum bieten zu können. „Die Nordstadt ist ein Chancenquartier wo Menschen den sozialen Aufstieg schaffen“, merkt Kurtenbach an.
Mit dem Stadtgespräch in der Nordstadt ist noch nicht alles vorbei
Er ist der Meinung, dass eine Kommune wenig gegen Armut tun könne, außer das Problem anzuerkennen. Zum Schluss erzählen die Expert:innen, was sie sich aus dem Stadtgespräch mitnehmen.
Karacakurtoğlu nimmt sich aus dem Gespräch mit: „Wir müssen viel mehr Aufklärungsarbeit führen“. Sie sieht den Staat in der Pflicht, Lösungen zu entwickeln, sodass es nicht immer auf dem Rücken der Ehrenämter laste.
Wer jetzt denkt, dass nur viel geredet wurde und ohnehin nichts gemacht wird liegt falsch. „Es ist auch so, dass unsere Expert:innen die da vorne saßen, dass auch mit in ihre Arbeit genommen haben. Das heißt sie sind gerade dabei bestimmte Sachen zu auch zu implementieren“, sagt Krzistetzko,
„Die Polizei hat damals gesagt, dass sie eine Social Media Aufklärungskampagne machen werden. Die soll jetzt auch in kürze tatsächlich online gehen. Da haben wir auch nachgehakt und sind auch immer hinterher, dass wir gucken, sagen die jetzt nur das wir das mitnehmen oder machen sie es auch wirklich“.
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