Skepsis, ob die Cannabis-Legalisierung ab dem 1.April umgesetzt wird

Ortsgruppe formiert sich: Der Hanfverband Deutschland ist jetzt auch in Dortmund aktiv

David Müller und weitere Mitglieder beim Gründungstreffen der Ortsgruppe Dortmund Anna Tenholt | Nordstadtblogger

Abgesehen von Dauerstreit zwischen den Koalitionspartnern und dem gemeinsamen Kampf gegen die Demokratiefeinde schafft es noch ein Thema der Ampelregierung immer wieder in die Medien und in den öffentlichen Diskurs: die Legalisierung von Cannabis. Letztes Jahr musste das Vorhaben noch mal vertagt werden, aber dieses Jahr soll es endlich soweit sein: Am 1. April 2024 kommt die Legalisierung laut Bundesregierung. In nur wenigen Wochen soll also Kiffen legal sein? „Bis jetzt habe ich noch keine Riesenwelle im Hintergrund mitbekommen“, sagt dagegen David Müller, vom Hanfverband Deutschland. „Wir knabbern die ganze Zeit an den Fingernägeln und warten sehnsüchtig drauf, dass etwas passiert. Wir fühlen uns so langsam echt hintergangen und veräppelt.“

Hanfverband Deutschland begleitet kritisch das Legalisierungs-Vorhaben

Der Hanfverband Deutschland möchte die Legalisierung und Markteinführung von Cannabis begleiten und die Verfolgung oder auch Diskriminierung von Cannabiskonsumenten beenden. In Deutschland existieren 25 Ortsgruppen. Dazu gehört seit dem 15. Februar 2024 auch Dortmund. Sie organisieren Veranstaltungen, Podiumsdiskussionen oder Infostände und platzieren das Thema in den Medien und schaffen Bewusstsein in der Öffentlichkeit. Mit einem klaren Ziel: das Kiffen aus der Schmuddelecke rausholen.

Ärztliche Bescheinigung über die legale Nutzung von Cannabis. Anna Tenholt | Nordstadtblogger

„Es gibt mehr als den Rausch“, sagt David Müller. Zum Beispiel den Einsatz im medizinischen Bereich, von dem viele der Teilnehmer:innen aus eigener Erfahrung berichten. Cannabis wird bereits jetzt bei vielen unterschiedlichen Krankheitsbildern als Alternative zu Betäubungsmitteln wie Opioiden, Schmerzmitteln oder Psychopharmaka eingesetzt.

Oder auch zur Behandlung von Hautkrankheiten, wie Ekzemen, Neurodermitis. Und mit dem Thema Nutzhanf bringt man David Müller ins Schwärmen: „Daraus kann man viel effizienter alles herstellen von Häusern über Kleidung über Papier…Und Hanf braucht weder Chemie noch viel Wasser, weil es so viele feine Wurzeln sind, die sehr tief gehen und selbstständig Wasser ziehen können.“

Gegenüber der Politik und der Legalisierung überwiegt Skepsis

Die Stimmung auf diesem ersten Dortmunder Gruppentreffen ist also sowohl hoffnungsvoll als auch frustriert von den andauernden Verzögerungen und dem Gerangel der Parteien.

Leopold Achilles | Nordstadtblogger

„Die SPD blockiert seit Anfang Dezember das Gesetz. Es liegt fertig in der Schublade und war auf der Tagesordnung, dann wurde es wieder runter genommen, weil sie gesagt haben, es würden zu viele aus der SPD-Fraktion ,Nein‘ sagen“, erklärt David Müller.

Eine Teilnehmerin des Gründungstreffens befürchtet: „Ich könnte mir vorstellen, dass dieser Staat einen Rückzug macht.“ Aber es besteht auch Hoffnung: „Ich bin geflasht, dass endlich sowas wie Legalisierung im Raum steht“, so ein anderes Gründungsmitglied. „Wenn es am 1. April wirklich kommt, würde ich gern nach Berlin fahren und vorm Bundestag aus Protest einen rauchen.“

Stadt Dortmund zeigt Interesse, Modellkommune zu werden

War das Thema Legalisierung nur PR und eine Masche, um im Wahlkampf mehr Wählerstimmen zu gewinnen? Das „Eckpunktepapier“ der Bundesregierung sieht zwei Säulen oder auch zwei Phasen der Legalisierung vor: Im ersten Schritt soll der private Eigenanbau und auch Besitz bestimmter Mengen von Cannabis legalisiert werden. Nach vier (!) Jahren soll diese Phase evaluiert werden.

Leopold Achilles | Nordstadtblogger

Die zweite Phase ist dann das „Regionale Modellvorhaben mit kommerziellen Lieferketten“, also gewerblicher Handel und Verkauf. „Tatsächlich kann ich zur Säule 2 relativ wenig sagen, weil ich mich persönlich extrem auf Säule 1 konzentriert hab, weil wir alle Angst und bange sind, das nicht mal Säule 1 kommt“, so David Müller.

Hier in Dortmund haben sich immerhin fast alle Parteien dafür ausgesprochen, sich als Modellkommune zu bewerben und haben dementsprechend ein Schreiben nach Berlin geschickt. Das hält Müller trotz aller Skepsis für den richtigen Schritt, denn „es war besonders wichtig für die ganzen Kommunen, einschließlich Dortmund, jetzt sofort zu zeigen: wir haben Interesse, wir wollen etwas verändern. Auch wenn das Gesetz noch nicht da ist, aber wir wollen was ändern“.

Repressionen durch Polizei und Justiz müssen thematisiert werden

Diskussion über die aktuelle Drogenpolitik und Folgen der Repressionen Anna Tenholt | Nordstadtblogger

Ein weiteres großes Thema, das die Ortsgruppe beschäftigt, sind aktuelle Repressionen gegen Konsument:innen und Shopbetreiber:innen. Mit den Folgen der restriktiven Politik würde sich kaum jemand beschäftigen: „Darf ich Auto fahren?“ fragen sich die meisten hier, die einen Führerschein haben.

Laut aktueller Gesetzeslage: Nein. Denn der relevante Grenzwert ist so niedrig, dass er „lediglich einen Cannabis-Konsum nachweise. Einen zwingenden Rückschluss auf eine verkehrssicherheitsrelevante Wirkung lasse der aktuelle Grenzwert jedoch nicht zu“, so der ADAC auf seiner Website.

Weitere Informationen:

  • Das zweite Gruppentreffen findet am 7. März, 18.30 Uhr in Dortmund-Mengede, Siegburgstraße 29, statt.
  • Außerdem wird es eine gemeinsame Fahrt nach Berlin zum Aktionstag 420  am 20.April (in amerikanischer Schreibweise 4/20) geben.
  • Und gemeinsam mit der Gruppe um den „Global Marijuana March“ wird die nächste Demo in Dortmund für Mai 2024 vorbereitet.
  • Hier findet sich der Gesetzesentwurf zum Cannabis-Gesetz (CanG): https://www.bundesgesundheitsministerium.de/service/gesetze-und-verordnungen/detail/cannabisgesetz.html
  • Wer sich für diese und weitere Themen in Zusammenhang mit der Cannabis-Legalisierung engagieren möchte, kann an den Gruppentreffen der Ortsgruppe Dortmund teilnehmen oder Kontakt per E-Mail aufnehmen unter: dortmund@hanfverband.de

Mehr zum Thema bei nordstadtblogger.de:

Große Mehrheit im Rat: Dortmund soll eine „Cannabis-Modellkommune“ werden

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  1. Cannabis: Lockerungen im Straßenverkehr nicht im Sinne der Vision Zero (PM ACE)

    Anlässlich der morgen im Bundestag diskutierten Lockerungen hinsichtlich der Fahreignung nach Cannabiskonsum, appelliert der ACE, Europas Mobilitätsbegleiter, an den Gesetzgeber: Das im Koalitionsvertrag verankerte Bekenntnis zur Vision Zero darf durch die Cannabis-Legalisierung nicht in den Hintergrund rücken. Regelungen über die Zulässigkeit von Fahrten unter der Wirkung von Cannabis müssen sich weiterhin ausschließlich an der Sicherheit im Straßenverkehr orientieren.

    Kerstin Hurek, Leiterin der Abteilung Verkehrspolitik des ACE, erläutert: Die Bundesregierung hat sich im Koalitionsvertrag zur Vision Zero bekannt und sich dem Grundsatz verpflichtet, das Verkehrssystem und die entsprechenden Regelwerke so zu gestalten, dass Unfälle mit Getöteten und Verletzten im Straßenverkehr vermieden werden. Nun gerät im Rahmen der angestrebten Cannabis-Legalisierung die Vision Zero aus dem Fokus – stattdessen wird eine Lockerung der Sicherheitsmaßnahmen im Straßenverkehr diskutiert. Nur wer unter Cannabiseinfluss künftig mehrfach auffällig wird, soll beispielsweise seine Fahreignung durch eine Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU) nachweisen müssen. Es besteht somit zwangsläufig die Gefahr von mehr ungeeigneten Fahrern und Fahrerinnen auf Deutschlands Straßen. Wir sehen dadurch die Verkehrssicherheit und somit auch das Ziel der Vision Zero gefährdet. Eine MPU sollte auch weiterhin bei erstmaliger Auffälligkeit mit Cannabis im Straßenverkehr angeordnet werden können.“

    Aus Sicht des ACE verharmlost bereits die Diskussion um die Lockerung den Einfluss von Cannabis auf die Fahrsicherheit. Cannabis-Nutzerinnen und -Nutzer müssen klar zwischen Konsum und Fahren trennen. Eine Fahrt unter Cannabiseinfluss ist kein Bagatelldelikt. „Damit die Cannabis-Legalisierung nicht zulasten der Verkehrssicherheit geht, ist eine bundesweite Aufklärungskampagne dringend geboten. Der Gesetzgeber muss ausreichend Haushaltsmittel zur Verfügung stellen und dafür Sorge tragen, dass die Bevölkerung hinlänglich zur Wirkung von Cannabis informiert wird.“

    Cannabis wirkt psychoaktiv und schränkt nachweislich die Reaktions- oder Konzentrationsfähigkeit von Konsumentinnen und Konsumenten ein. Der Konsum kann auf unterschiedliche Weise das Fahrverhalten beeinflussen. Die vorgeschlagene Gleichsetzung der Regelungen zur Fahreignungsüberprüfung bei cannabisbezogenen Auffälligkeiten mit den Regelungen zum Alkoholmissbrauch ist, wie Expertinnen und Experten der Deutschen Gesellschaft für Verkehrsmedizin (DGVM) und der Deutschen Gesellschaft für Verkehrspsychologie (DGVP) betont haben, „weder aus fachlicher Sicht sinnvoll, noch aus wissenschaftlichen Daten ableit- und begründbar“. Weiterhin ist fraglich, ob der gültige THC-Grenzwert im Straßenverkehr noch dem aktuellen Stand der Wissenschaft entspricht. Der THC-Wert von 1,0 ng/ml Blutserum markiert aktuell den Grenzwert für eine Ordnungswidrigkeit im Straßenverkehrsrecht. Aus Sicht des ACE sollte diese Grenze vorerst beibehalten werden, denn bisher konnte wissenschaftlich nicht zweifelsfrei belegt werden, dass Beeinträchtigungen der Fahrsicherheit unterhalb eines höheren Wertes ausgeschlossen sind. Bis Ende März tagt dazu eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe, die das Bundesverkehrsministerium einberufen hat – die Legalisierung von Cannabis soll jedoch bereits zum ersten April beschlossen werden.

    Weiterführende Informationen

    >> Cannabis als Unfallursache einführen: https://presse.ace.de/pressemitteilungen/presse-detail/news/cannabiskonsum-als-unfallursache-einfuehren/

    >> Forderungen an den 60. Verkehrsgerichtstag zur Steigerung der Verkehrssicherheit – u.a. zum Thema „Cannabis im Straßenverkehr – Strafrecht und Ordnungswidrigkeiten”: https://presse.ace.de/pressemitteilungen/presse-detail/news/forderungen-an-den-60-verkehrsgerichtstag-zur-steigerung-der-verkehrssicherheit/

    Über den ACE Auto Club Europa:

    Klare Orientierung, sichere Hilfe, zuverlässige Lösungen: Der ACE Auto Club Europa ist seit 1965 als engagierte Gemeinschaft für alle modernen mobilen Menschen da, egal mit welchem Verkehrsmittel sie unterwegs sind. Als Mobilitätsbegleiter hilft der ACE international, unbürokratisch und unabhängig. Kernthemen sind die Unfall- und Pannenhilfe, Verkehrssicherheit, Verbraucherschutz, Elektromobilität und neue Mobilitätsformen.

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