Noch wenige Tage, dann geht Dr. Frank Renken, Leiter des Dortmunder Gesundheitsamts, nach fast zehn Jahren in den Ruhestand. Eigentlich wäre es erst am 31. Juli so weit gewesen, aber eine Vielzahl von Überstunden und offene Urlaubstage machen es möglich: Auch das eine Folge der Corona-Pandemie.
„Die Pandemie hat mich eigentlich nicht überrascht“
Die Corona-Pandemie, sie ist beim Rückblick auf Renkens Amtszeit das alles bestimmende Thema. Dabei war sie für ihn gar nicht so überraschend: „Das einmal eine Pandemie kommt, war nur eine Frage der Zeit“, so Renken in seinem persönlichen Statement. „Aber das sie durch ein Corona-Virus ausgelöst wird und dass das Virus noch heute – mehr als drei Jahre nach Ausbruch – für Menschen tödlich sein kann, das war nicht zu erwarten.“
Erst Ende März diesen Jahres wurde der Dortmunder Krisenstab aufgelöst, in dem Renken eine führende Rolle hatte. „Dr. Renken hat viel dazu beigetragen, dass die Pandemie in Dortmund gut bewältigt werden konnte“, lobt Sozialdezernentin Birgit Zoerner beim Abschied.
Es seien seine Kompetenz und die klaren Ansagen gewesen, die dafür gesorgt hätten, dass alle wichtigen Informationen in Dortmund gut platziert werden konnten und sein Rat auch über die Grenzen der Stadt hinaus gefragt war: „Von der Influenza zum Influencer“, erlaubt sich Zoerner einen kleinen Kalauer.
Kommunikation war in der Pandemie ein entscheidender Faktor
Tatsächlich ist es die Kommunikation, die auch für Renken während der Pandemie zu einem entscheidenden Faktor wurde – im guten und im schlechten Sinne. „Dass wir hier in Dortmund mehrsprachig kommuniziert haben und früh die sozialen Medien eingebunden haben, war wichtig und richtig“, bilanziert er.
Dass sie aber immer immer nur nachgeordnet kommunizieren konnten, dass Bund und Land ihre Informationen mit der Kommune häufig nicht abgestimmt haben, das war für ihn mehr Verunsicherung als Hilfe. Renken hofft, dass daraus Lehren für die Zukunft gezogen werden.
Was hätte er heute noch anders gemacht? War es nicht falsch die Schulen zu schließen, gerade mit Blick auf die Folgen für die Gesundheit der Kinder? Für Renken stellen sich diese Fragen so nicht: „Wir hatten Zielkonflikte, die sich nicht ohne Verluste auflösen lassen“, und auch Zoerner findet, man könne und müsse Entscheidungen auch immer vor dem Hintergrund der damals vorhandenen Informationen beurteilen. Hinterher ist man ja bekanntlich immer schlauer.
Unbürokratische Lösungen – auch mal mit der Bundeswehr
Heute ist Renken glücklich, dass die Zusammenarbeit in der Stadt unbürokratisch und konstruktiv lief – über alle Zuständigkeitsbereiche hinweg. Sicher ist es auch seiner Biografie zu verdanken, dass die Bundeswehr in Dortmund so schnell und umfassend helfen konnte.
Renken hat bei der Bundeswehr studiert und sicherte sich während der Pandemie die Unterstützung durch die Truppe. „Das wirkte vielleicht etwas martialisch“, erinnert er sich, „aber wir haben damit Zeit gewonnen, das zivile Personal aufzubauen.“
In der Spitze waren 500 Menschen im Einsatz um die Infektionsketten zu verfolgen und Dortmund lange Zeit eine Kommune mit geringer Sterblichkeitsrate. Für ihn auch ein Erfolg dieser Strategie – vor allem aber ein Erfolg vieler Menschen: „Das ist ja hier keine one-man-show“, so Renken.
Projekte zur Prävention sind für ihn Herzensangelegenheit
Was war noch wichtig? Fragt man Birgit Zoerner, so hat Renken natürlich auch viele weitere Gesundheitsthemen angestoßen. Da ist das Thema Ernährung an den Schulen, Projekte wie „Iss ok“ und die Wasserbrunnen, aber auch Projekte zur Sucht oder die Initiative „Verrückt, na und?“, die früh das Thema seelische Gesundheit auf die Agenda genommen hat. Auch der Aufbau einer Sprechstunde für Nicht-Krankenversicherte sei Renkens Initiative zu verdanken. Projekte, die bis heute laufen.
Das Thema Prävention liegt ihm besonders am Herzen: „Alles was Kinder früh lernen, Essverhalten oder auch Bewegung, daran gewöhnen sie sich und davon profitieren sie dann ein Leben lang“, weiß Renken. Und er weiß auch: „Kindergesundheit ist leider in vielen Stadtteilen Dortmunds nichts, was einfach da ist. Es ist eine Frage der Kultur, des Wissens und der finanziellen Ressourcen.“
Entsprechend wichtig war es ihm das Thema Gesundheit bereits in den „Willkommensklassen“ zu etablieren und er hofft auf zeitnahe Lösungen für die Dortmunder Nordstadt und den dortigen Mangel an Kinderärzten. „Wir sind dazu mit den zuständigen kassenärztlichen Vereinigungen im Gespräch“, berichtet Zoerner – selber lösen kann sie das Problem nicht. Leider.
Nachfolgelösung setzt auf geteilte Kompetenz
Viele Themen aber, da ist sie sicher, werden auch mit dem Wechsel der Amtsleitung fortgeführt. Die Neubesetzung zu regeln, war allerdings alles andere als einfach. Weder die öffentliche Ausschreibung noch die Zusammenarbeit mit einem Personaldienstleister brachte geeignete Bewerbungen. „Wir haben uns daher für eine neue Lösung entschieden und die notwendigen Fachkompetenzen quasi geteilt“, so Zoerner.
Nachfolger von Dr. Frank Renken wird sein bisheriger Stellvertreter Holger Keßling. Da dieser aber kein Mediziner ist, wurde eine neue Stabstelle eingerichtet, für die aktuell noch ein Arzt oder eine Ärztin gesucht wird. Er oder sie wird dann die stellvertretende Leitung übernehmen. So sind sowohl Verwaltungs- als auch Medizinkompetenz abgedeckt: „Eine Lösung, die uns erlaubt auch langfristig Nachfolgekonzepte aus dem Amt heraus zu entwickeln“, ist Zoerner zufrieden.
Am Ende überreicht Birgit Zoerner dann Blumen. Eigentlich gäbe es für Männer ja immer Schnaps und Blumen für die Frauen, aber beim Abschied des Leiters des Gesundheitsamtes, erschien ihr das unpassend. Renken lacht. Und was macht er nun? „Nun werde ich das tun, wozu ich 45 Jahre lang keine Zeit hatte.“ Die Enkel warten, Bücher, der Französischkurs, vielleicht ein Ehrenamt …
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Linke
Ich habe einigeJahre unter und mit ihm gearbeitet und kann sagen, dass er ein fairer und kompetenten Chef war, der auch zu einem offenen Gespräch bereit war. So wünsche ich ihm alles Gute und eine schöne Abschiedsfeier.