Einblicke in unterschiedliche Konfliktthemen und Lösungsansätze

Neue Ausstellung in der DASA: „Konflikte“ – zum Verständnis von und Umgang mit Konflikten

Mario Bäumer, Kurator (links) und Gregor Isenbort, Dasa Direktor (rechts) eröffnen die Ausstellung "Konflikte"
Mario Bäumer, Kurator (links) und Gregor Isenbort, Dasa Direktor (rechts) eröffnen die Ausstellung „Konflikte“. Foto: Lina Khyat für nordstadtblogger.de

Was sind Konflikte und wie funktionieren sie? Dazu gibt es laut dem Kurator, Mario Bäumer, keine genaue Antwort. Und genau das soll seine Ausstellung widerspiegeln: Konflikte sind vielschichtig, unterschiedlich und situationsabhängig. Mit unterschiedlichen Konfliktthemen und Lösungsansätzen schenkt uns Bäumer einen Einblick in die vielseitige Welt der Konflikte. Seit dem 24. März 2023 ist die Ausstellung bis zum 28. Januar 2024 in der DASA zu erleben sein. Der Eintritt beträgt sechs Euro  für Erwachsene. Unter 18 Jahren sowie für Schulklassen ist der Eintritt frei.

Frage nach einem besseren gesellschaftlichen Zusammenleben als Anlass

Diese Ausstellung ist eine Weiterführung einer Reihe weiterer Ausstellungen. Bäumers Ausstellungen drehten sich schon vorher um Themen wie Kapitalismus oder künstliche Intelligenz. Und „bei allem geht es um die Frage, wie wir ein besseres gesellschaftliches Zusammenleben erreichen und wie wir künftig leben wollen. ,Konflikte’ knüpft hieran an“, so Bäumer.

Kurator Mario Bäumer und die "Konfikt" und "Empörungs" Äpfel
Kurator Mario Bäumer und die „Konfikt“ und „Empörungs“ Äpfel. Foto: Lina Khyat für nordstadtblogger.de

Nicht die derzeitigen gesellschaftlichen Konflikte sind Anlass der Ausstellung: Vielmehr ist es die Vielseitigkeit der Konflikte selbst. Neben den Teilbereichen„“Innere Konflikte“, „private Konflikte“ , „Arbeitskonflikte“ und der sogenannten „Konflikt-Theorie“ hat natürlich auch der Bereich „gesellschaftliche Konflikte“ seinen Platz in der Ausstellung.

Doch im Vordergrund stehen sie nicht. Vielmehr sind die Lösungsansätze, die Arten, das Dilemma und viele weitere Austragungen des Themas Konflikt, der Anlass selbst.

Konflikte tragen ein „unglaubliches Potenzial” in sich

Die Ausstellung entstand 2019 die Idee und im November 2021 ist sie im Hamburger Museum begleitend von einem Buch erschienen. Doch Corona blieb bewusst nur vereinzelt Thema in der Ausstellung.

Zum Zeitpunkt der Eröffnung der Ausstellung war das Verhältnis zwischen Russland und der Ukraine in der weltweiten Wahrnehmung noch „nur“ ein „Konflikt“. Dieser wird demnach auch nicht in der Ausstellung aufgefasst. Ob man den Krieg zum jetzigen Zeitpunkt als Konflikt definieren kann, hinterfragt der Kurator ebenfalls, denn bei einem Konflikt gäbe es immer zwei Beteiligte, die proaktiv ein Problem haben.

Mario Böumer neben der Einstufung für die meisten Nachbarschaftskonflikte.
Mario Bäumer neben der Einstufung der meisten Ursachen für Nachbarschaftskonflikte. Foto: Lina Khyat für nordstadtblogger.de

Thema ist vielmehr die Austragung von Konflikten: Mit dem Wort „Konflikte“ verbinde man meist eher negative Konnotationen. „Doch aus der Forschung und der Beschäftigung mit Kapitalismus weiß man, dass Konflikte ein unglaubliches Potenzial in sich tragen“, beschreibt Bäumer.

„Sie sind Treibstoff und Motor für Entwicklung und Fortschritt. Warum sind sie das? Konflikte haben immer mit Veränderung zu tun. Man strebt Veränderung an, aus einem Interessengegensatz heraus und diese Veränderung kann zu etwas Positivem führen, wenn Ungerechtigkeiten aufgehoben werden”, erklärt er. 

Selber erwägen, was einen Konflikt überhaupt ausmacht

Die verschiedenen Teilbereiche sind in der Ausstellung interaktiv veranschaulicht: Neben Dilemmata, Audiodateien, visuellen Darstellung und Entscheidungsmöglichkeiten, kann man in der Ausstellung auch seinen eigenen Konflikttyp herausfinden, und was dieser über einen aussagt.

Bilderserie zu inneren Konflikten.
Bilderserie zum Thema inneren Konflikten. Foto: Lina Khyat für nordstadtblogger.de

Denn für das Herantasten an ein besseres gesellschaftliches Zusammenleben ist auch die verbesserte Konfliktfähigkeit von großer Bedeutung: Deshalb ist das Herzstück des Bereichs „Konflikttheorie“  die Konflikttypanalyse.

Allgemein soll es in diesem Bereich darum gehen, dass „Besucher:innen vor allen Dingen interaktiv die Möglichkeit haben, sich damit zu beschäftigen, was ein Konflikt ist“, erklärt Bäumer.

Private Konflikte: Zwischen Familienmitgliedern, Kindern und Nachbarn

Private Konflikte drehen sich im Großen und Ganzen um häusliche Konflikte, darunter fallen auch Konflikte zwischen Nachbarn und Kindern. Kulturvermittlerin Marleen Schulze Middendorf hat sich mit dem Teilbereich beschäftigt und einen eigenen Beitrag zur Ausstellung gemacht.

Middendorff und die Konfliktformen 'Giraffe' und 'Wolf'.
Kulturvermittlerin Marleen Schulze Middendorf und die Konfliktformen Giraffe und Wol‘. Foto: Lina Khyat für nordstadtblogger.de

Mithilfe einer kindgerechten Giraffe und einem Wolf aus Pappe veranschaulicht Middendorf die unterschiedlichen Konfliktformen.

„Wer sich von Ihnen vielleicht schon ein bisschen auseinandergesetzt hat, dem kommt das Bild von Giraffe und Wolf vielleicht schon bekannt vor. Denn in der gewaltfreien Kommunikation wird oft von der Wolfssprache gesprochen. Der Wolf spricht in Befehlen und Urteilen“, beschreibt sie.

„Im Gegensatz dazu steht die Giraffe mit ihren langen Antennen,die eben ein Gefühl für den anderen Menschen und seiner Situation hat. Die Giraffe hat also die weitsichtige Konfliktform und Umgang“, erklärt Middendorf. Auch themenspezifische Kinderbücher sind platziert, um den Rundgang insgesamt auch für Familien und Kinder interessant zu gestalten.

Ziel: Eigene Selbstreflexion in Bezug auf Konflikte 

Ein Wunschziel, was die Besucher:innen der Ausstellung betrifft, hat Bäumer auch: „Was Besucher:innen im Idealfall mitnehmen, ist, dass sie sagen, ‘ich habe viel darüber gelernt, was ein Konflikt eigentlich ist und was kein Konflikt ist’ , ‘Ich habe mich damit auseinandergesetzt, wann Konflikte destruktiv und wann sie konstruktiv sind’, ‘ Ich habe gelernt, dass Konflikte notwendig sind für gesellschaftliche Entwicklung und auch das Aufbrechen von Ungerechtigkeiten’ , ‘und ich habe darüber nachgedacht, wie ich selbst zu einem besseren Konfliktverständnis komme’.”

Bereich Arbeitskonflikte.
Teilbereich Arbeitskonflikte. Foto: Lina Khyat für nordstadtblogger.de

„Das wäre das formulierte Ideal. Aber grundsätzlich ist es schön, wenn Schulklassen hier sind und man spürt, dass die Ansatzweise darüber nachdenken: über Konflikte, die sie haben”, fügt er hinzu. Auch Selbstreflexion zum Thema Mobbing heißt Bäumer willkommen. Auch, wenn es nach ihm kein Konflikt ist, weil „es keine zwei Partner sind und weil es auch nicht auf einer Ebene ist“, erklärt er.

„Mobbing ist ja auch kein Konflikt, aber eine Schulklasse kann wunderbare über Mobbingstrukturen nachdenken und das würde die Konfliktausstellung total begrüßen. Sie würde sagen, Mobbing ist kein Konflikt, aber wenn die Schulklassen auch nur assoziativ darüber nachdenken, dann wäre ein anderes Ziel perfekt erreicht“, erklärt Bäumer.

Gesellschaftliche, innere und Arbeitskonflikte

Natürlich prägen noch viele weitere spannende und interaktive Bereiche die Ausstellung: Unter anderem die inneren Konflikte, die vor allem um die Pubertät und das erste Eintauchen in das Selbst zentriert ist.Oder Arbeitskonflikte, die vor allem von Arbeits-Ungerechtigkeiten wie der Gender Pay Gap, Unterbezahlung oder oft ganz groß: Nichtanerkennung der Arbeit geprägt ist.

Bereich: Geselschaftliche Konflikte, mit Fokus auf Fridays For Future.
Teilbereich: Geselschaftliche Konflikte, mit Fokus auf Fridays For Future. Foto: Lina Khyat für nordstadtblogger.de

Die Schauspielerin Marie Schöneburg verkörpert die unterschiedlichen Konflikte der Menschen in den unterschiedlichen Bereichen der Ausstellung, unter anderem auch im Bereich Arbeit. Dort schauspielt sie eine Putzkraft: Die unwürdige Behandlung, die sie auf ihrer Arbeit für niedrigen Lohn zu ertragen müssen wird zur Schau gestellt.

Gesellschaftsthema Klimawandel wird in der Ausstellung ganz großgeschrieben: Dafür und viele weitere Bereiche hat die Ausstellung viel Raum geschaffen. 

Mehr Informationen:

  • BegleitbuchKonflikte. Das Buch. 1. Auflage 2021. 196 Seiten mit ca. 150 Farb- und s/w-Abbildungen, ISBN 978-3-96060-546-1. 14,90 Euro
  • Öffnungszeiten DASA: Montags bis freitags von 9-17 Uhr sowie samstags und sonntags von 10 bis 18 Uhr.
  • Eintritt: Erwachsene zahlen sechs Euro. Unter 18 Jahren und für Schulklassen ist der Eintritt frei.
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Reader Comments

  1. Eva Dogan

    Ich hatte das Glück bei der Ausstellungseröffnung dabei zu sein und vor allem dem Kurator Mario Bäumer zuzuhören, der seine wirklich tolle und absolut in die Zeit passende Ausstellung emphatisch und emotional vorgestellt hat. Ich kann Allen einen Besuch empfehlen, hier wird man zum Nachdenken angeregt und hat auch Spaß.

  2. Letzte Chance für „Konflikte“ – DASA-Ausstellung über Zoff und Ärger endet (PM)

    Zehn Monate lang hat die DASA Arbeitswelt Ausstellung im Kleinen gezeigt, worum es im Großen geht: „Konflikte“ beherrschen die Welt gerade mehr denn je. In der aktuellen Sonderausstellung geht es noch bis Sonntag, 28. Januar, um die Frage, was eigentlich ein Konflikt ist, welchen Sinn er hat und wie man ihn lösen kann.

    Die Ausstellung stammt aus dem Museum der Arbeit in Hamburg und gliedert sich in verschiedene Raumbilder. Darin geht es um „Innere Konflikte“, „Private Konflikte“, „Arbeitskonflikte“, „Gesellschaftskonflikte“ und´ „Konflikttheorie“. Medienstationen und Objekte bieten auf anschauliche und überraschende Weise einen Zugang zu diesem komplexen Thema. Ein Besuch schult den Umgang mit Konflikten und sensibilisiert für die eigene Streitkultur.

    Die Schauspielerin Marie Schöneburg führt in eindrücklichen Filmsequenzen in jeden Bereich ein. Zum Mitmachen gibt es etwa einen Test zum individuellen Konflikttier. Für Familien gibt es an der Kasse Mitmach-Karten mit Tipps für eine entspanntere Kommunikation zu Hause. Die Ausstellung ergründet Trennungsgründe genauso wie das Grundmuster von Lohnverhandlungen und Tarifstreits oder gesellschaftlichen Themen wie die Proteste zum Klimawandel.

    Die Ausstellung ist während der Woche von 9-17 Uhr und am Wochenende von 10-18 Uhr geöffnet. Ein Standardticket ist für 6 EUR zu haben, die Familienkarte kostet 9 EUR.

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