Die gute Nachricht zum Internationalen Frauentag 2023: Immer mehr Frauen gehen in Dortmund einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach, im Sommer 2022 stieg deren Zahl um 2,6 Prozent auf 118.983. Für Vollzeit entscheiden sich allerdings nur etwas mehr als die Hälfte aller berufstätigen Dortmunderinnen. Und: Etwa 40 Prozent von ihnen sind in „klassisch weiblichen“ Branchen tätig: Gesundheitswesen, Einzelhandel, Erziehung und Unterricht sowie Sozialwesen. Ändert sich denn gar nichts für Frauen auf dem Arbeitsmarkt? Tatsächlich lohnt oft ein genauerer Blick.
Die Zahl der berufstätigen Frauen in Dortmund steigt deutlich an
„Der internationale Frauentag ist ein wichtiger Tag und wird gerade für berufstätige Frauen und all jene, die sich eine Erwerbstätigkeit vorstellen können, immer wichtiger. Denn die Chancen, eine interessante und zukunftsträchtige Arbeitsstelle zu finden, sind in Zeiten des vielzitierten Arbeits- und Fachkräftemangels gut wie nie“, betont Heike Bettermann, Chefin der Agentur für Arbeit Dortmund.
Und es bewegt sich ja auch etwas: Die Zahl der berufstätigen Frauen in Dortmund steigt sowohl absolut als auch anteilig zur Gesamtzahl der Erwerbstätigen.
„Sie könnte in beiden Fällen aber noch viel stärker steigen, wenn mehr Frauen bereit wären, ihre angestrebte Wochenarbeitszeit zu erhöhen und in noch ungewohnte spannende Branchen einzusteigen. Auch wenn man es kaum glauben mag, beträgt etwa der Frauenanteil im Dortmunder Handwerk nur knapp 15 Prozent“, so Bettermann. In Zahlen sind dies gerade einmal 2.888 Frauen – von insgesamt rund 258.000 in Dortmund sozialversicherungspflichtig Beschäftigten.
„In den MINT-Berufen sieht es etwas besser aus, doch auch hier ist noch jede Menge Luft nach oben. Dortmunderinnen, die eine Ausbildung anfangen möchten, ihren beruflichen (Wieder-)Einstieg planen oder sich beruflich weiterentwickeln möchten, lade ich herzlich ein: Prüfen Sie gemeinsam mit unseren Beratungsfachkräften Ihre Optionen, und starten Sie jetzt durch“, so die Chefin der Arbeitsagentur.
Weit mehr als nur „stille Reserve“ – MINT-Berufe: stellenweise weiblich
Die Beschäftigung von Frauen ist im zweiten Krisenjahr wieder deutlich angestiegen. Von den insgesamt 257.885 sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten in Dortmund sind 118.983 weiblich, dies entspricht einem Anteil von gut 46 Prozent Frauen. Die meisten hiervon sind – ähnlich wie bei den männlichen Beschäftigten – im Alter von 25 bis unter 55 Jahren. Insgesamt hat sich die Beschäftigungsquote für Frauen weiter erhöht. 2022 lag sie bei 52,7 Prozent – ein Anstieg zum Vorjahr um 1,4 Prozentpunkte. Allerdings bleibt sie nach wie vor hinter der Beschäftigungsquote in NRW zurück; diese liegt bei 55,7 Prozent.
Zu den MINT-Berufen zählen technische, informationstechnische und naturwissenschaftliche Berufe. Während rund ein Drittel der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Männer in MINT-Berufen tätig ist, arbeitet weniger als jede zehnte Frau in diesen Berufsfeldern. Allerdings gibt es durchaus auch Bereiche, in denen Frauen stark vertreten sind, so ist etwa in den mathematisch-naturwissenschaftlichen Berufen jede zweite Stelle durch eine Frau besetzt. Hier sind insbesondere die Pharmazeutisch-technische Assistentinnen sowie Chemie-technische und Biologisch-technische Laborfachkräfte zu nennen.
Noch größer ist der Frauenanteil mit über 68 Prozent in den gesundheitstechnischen Berufen. Der Haken: Beide Bereiche zusammen decken in der Gesamtzahl der in MINT-Berufen Beschäftigten lediglich etwa 11 Prozent ab. In den klassischen Technikberufen wie der Produktionstechnik und in der Informatik sind Frauen mit 10,0 bzw. 14,9 Prozent nach wie vor deutlich unterrepräsentiert. Dabei bieten genau diese Berufsfelder attraktive Karriere- und Verdienstmöglichkeiten.
Männer-Domäne Handwerk – Teilzeit als Einkommens- und Karrierebremse
Unter den knapp 20.000 im Handwerk Beschäftigten sind nur etwa ein Siebtel Frauen. Dennoch gibt es darunter Berufsbilder mit einem überraschend hohen Frauenanteil wie etwa die Fotografie (62,5 Prozent) oder die Bühnen- und Kostümbildnerei (71 Prozent), beide jedoch mit sehr geringen absoluten Zahlen.
Blickt man auf die Berufsbilder, bei denen sowohl der Frauenanteil als auch die Personenzahl hoch ausfallen, landet man schnell wieder bei „klassischen Frauenberufen“ im Reinigungsgewerbe (Frauenanteil: 53,0 Prozent), in der Textiltechnik (63,2 Prozent Frauen) und in der Körperpflege (z.B. Frisörin) mit 79,6 Prozent. In den zukunftsträchtigen Sparten Produktion, Fertigung und Bau sind Frauen indessen weiterhin mit niedrigen einstelligen Prozentwerten vertreten.
Die größten Unterschiede auf dem Arbeitsmarkt lassen sich jedoch immer noch bei der Arbeitszeit erkennen. Während in Dortmund 85 Prozent der Männer in Vollzeit arbeiten, sind es bei den Frauen nur 53 Prozent. Dies lässt den Schluss zu, dass immer noch deutlich mehr Frauen als Männer wegen der Kinderbetreuung oder auch der Pflege von Angehörigen nicht in Vollzeit arbeiten können und ihre Erwerbstätigkeiten auch mehr Unterbrechungen aufweisen.
In Folge dessen profitieren sie seltener von Gehaltssteigerungen, die an Betriebszugehörigkeiten gebunden sind. All dies hat nicht nur Auswirkungen auf die Höhe des Gehaltes, sondern auch auf die Renten von Frauen.
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NGG zur „Euro-Schere“ zwischen Männern und Frauen: Mehr „Lohn-Fair-Play“ – Mini-Jobs in Dortmund sind zu 58 Prozent in Frauenhand (PM)
Die 520-Euro-Arbeit ist weiblich: Von den rund 54.400 Mini-Jobs in Dortmund sind 58 Prozent in Frauenhand – in der Nahrungsmittelindustrie liegt der Anteil sogar bei 71 Prozent. Auch bei der Teilzeitarbeit liegen die Frauen vorne: Die rund 76.700 Teilzeitstellen in Dortmund werden zu 73 Prozent von Frauen gemacht. Das teilt die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten mit. Die NGG beruft sich dabei auf aktuelle Zahlen der Arbeitsagentur. Ein Großteil der Vollzeitstellen würden in vielen Branchen nicht von Frauen besetzt.
Torsten Gebehart, Geschäftsführer der NGG-Region Dortmund, spricht von einer „Lohn- und Renten-Falle“: „Teilzeitarbeit bedeutet immer ein schmaleres Portemonnaie – und auch eine kleinere Rente. Und Mini-Jobs bedeuten Mini-Renten.“ Hinzu komme, dass Frauen im Bundesdurchschnitt 7 Prozent weniger pro Stunde verdienten als Männer. Und das bei einer vergleichbaren Qualifikation, Tätigkeit und Erwerbsbiografie, so die NGG Dortmund. Die Gewerkschaft beruft sich dabei auf Angaben des Statistischen Bundesamtes (Destatis).
Es sei daher wichtig, mit einem Tabu zu brechen: „Über Geld redet man nicht. Das ist ein ungeschriebenes Gesetz. Beim Lohn sollte man in den Dortmunder Betrieben aber mal eine Ausnahme machen“, so Torsten Gebehart. Überall dort, wo es einen Betriebsrat gibt, könne der auch die „Lohn-Kommunikation im Unternehmen beleben“. Ansonsten gebe es zwar auch noch einen Rechtsanspruch darauf, zu erfahren, was ein männlicher Kollege in ähnlicher Position verdient. Doch das Entgelttransparenzgesetz gilt lediglich in Betrieben mit mindestens 200 Beschäftigten. „Eine Köchin im Restaurant oder eine Verkäuferin in der Bäckerei haben davon allerdings nichts“, so NGG-Geschäftsführer Gebehart. Hier solle die Bundesregierung dringend nachbessern.
Ziel müsse es sein, die Lohnscheren zwischen Männern und Frauen zu schließen. „Wie dick die Lohntüte ist, das darf nicht vom Geschlecht abhängen. Aber auch nicht davon, wie gut jemand das Lohnpokern beherrscht. Beim Lohn für Arbeit muss mehr Fairness her: Wir brauchen ein neues ‚Lohn-Fair-Play‘“, so Torsten Gebehart.