Ein Zufluchtsort, eine zweite Familie, ein Platz des Ausprobierens

„Zirkus Fritzantino“: 45 Jahre Faszination, Gemeinschaft und Zusammenhalt

Seit 40 Jahren gibt es den Zirkus Fritzantino im Fritz-Henßler-Haus.
Zirkus Fritzantino feiert vom vom 16. bis 18. Septmeber seinen 45. Geburtstag mit der Jubiläumsshow „Unisono“, bei der auch ehemalige Artist:innen und Künstler:innen wieder auf der Bühne stehen.

„Lasst uns doch mal Zirkus machen“ – damit startete vor 45 Jahren im Fritz-Henßler-Haus ein Pionier-Projekt. Inzwischen gestalten Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene unterschiedlicher Nationalitäten mehrere Auftritte jährlich. Mit 150 Teilnehmer:innen gehört er mittlerweile sogar zu einem der größten Kinder- und Jugendzirkussen in NRW. Seinen 45. Geburtstag feiert der Zirkus Fritzantino vom 16.bis 18. Septmeber mit der Jubiläumsshow „Unisono“. Unter der Leitung von Nicole Voß bringen 11- bis 25-Jährige ihre Fähigkeiten und Talente in eine gemeinsame Vorstellung ein. Das Besondere an der Jubiläumsshow –  zu diesem Anlass stehen auch ehemalige Künster:innen und Artist:innen wieder auf der Bühne.

Die Faszination für den Zirkus lässt nicht nach, denn der „Applaus macht süchtig“

„Unisolo beschreibt in diesem Jahr aber nicht unbedingt die Vergangenheit, sondern leitet den Fokus ins Hier und Jetzt.“ Kyra Usielski für nordstadtblogger.de

Gerade nach Corona mussten in vielen Bereich neue Strukturen erarbeitet werden – bei Zirkus Fritzantino nicht. Trotz der „dramatischen Zeiten“ hat der Zirkus offenbar nicht an Faszination verloren. Zirkusdirektorin Nicole Voss führt dies auf den „hohen Aufforderungscharakter“ zurück.

„Die Bandbreite von Disziplin bietet für jedes Kind, für jeden Jugendlichen, für jeden jungen Erwachsenen einen Erfahrungsraum, in dem alle sich und ihre individuellen Stärken einordnen können.“ Ein weiterer möglicher Grund könnte das psychologische Phänomen der Nähe sein, so der ehemalige Artist Santosh Kumar-Wadwa.

„Der Weg vom Publikum auf die Bühne ist wesentlich kürzer, als der Weg von der Tribüne zum Fußballer. Man merkt, dass man schnell dazu lernt, sich einbringt und wenn jemand einmal auf der Bühne stand und den Applaus erleben durfte, macht das süchtig“, so Kumar-Wadwa. Die Zirkusdirektorin ergänzt, dass „der Andrang deshalb auch nach Corona nicht nach lässt. Aktuell befinden sich 224 Kinder und Jugendliche auf der Warteliste. Diese müssen mittlerweile zwischen drei bis vier Jahre auf einen Platz im Zirkus warten“.

Kinder und Jugendliche waren in ihren Möglichkeiten, ihren Körper und ihre Fähigkeiten zu stärken, sehr eingeschränkt – trainiert wurde aber dennoch via Zoom. Deshalb ist Schirmherrin Anna Spaenhoff „umso dankbarer, dass die Jubiläumsshow stattfinden kann“. Die Show trage deshalb nicht ohne Grund den Namen „Unisono“. „Die Zirkusfamilie geht nach der ganzen Zeit immer noch gemeinsam in eine Richtung. Jeder wächst für sich und alle wachsen zusammen. Unisolo beschreibt deshalb nicht die Vergangenheit, sondern leitet den Fokus ins Hier und Jetzt“, erklärt Nicole Voss.

Zirkuspädagogik: Eine Familie und ein zu Hause, statt „die schiefe Bahn“

Die Programme und Aufführungen im Herbst und Winter schweißen die jungen Artist:innen zusammen und sind „wichtige Bausteine in der Erfahrung von Selbstwirksamkeit und Persönlichkeitsentwicklung. Das Entdecken eigener Fähigkeiten und Talente, aber auch das Anerkennen eigener Schwächen gehören ebenso zum Zirkus-Erlebnis wie der Respekt vor den Leistungen anderer“, so die Zirkusdirektorin.

Zirkus Fritzantino
Ein Ort des zu Hause seins, ein Ort des sich Kennenlernens: Der Zirkus zeichnet sich grundsätzlich durch ein starkes Miteinander aus.“ – Dr. Jonas, Leiter des Fritz-Hensler-Hauses.

Sich in einer Gruppe von Einzelkünstler:innen zu einem großen Ganzen ergänzen zu können, das fördert die eigene Ich- und Identitätsbildung jedes Teammitglieds. Auf diese Weise macht Zirkuspädagogik kooperations- und teamfähig. Zirkus ist sprachübergreifend und bietet Menschen mit verschiedensten Voraussetzungen einen idealen Lernort.  „Im Vordergrund steht aber der Spaß, das Gemeinschaftserlebnis und das Gefühl des Ankommens“, betont Voss.

Santosh Kumar-Wadwa ist sich ziemlich sicher, dass er ohne Zirkus und das Haus heute wahrscheinlich nicht da wäre, wo er heute ist: „Wahrscheinlich wäre ich auf die schiefe Bahn geraten. Es war einfach ein Stück weit zu Hause, wegen der Gemeinschaft und diese Gemeinschaft ist heute noch da“, so der ehemalige Artist.

 „Fritzantino ist nun schon über mehrere Generationen hinweg für Teilnehmer:innen ein unvergesslicher Teil ihres Lebens geworden.“ Darüber hinaus spricht Dr. Jonas, Leiter des Fritz-Hensler-Hauses, von „einem Ort des zu Hause seins“ und einem „Ort des sich Kennenlernens“. „Der Zirkus zeichnet sich grundsätzlich durch ein starkes Miteinander aus. Die Unterstützung der Kinder untereinander ist enorm groß“, so Stuhlmann (ehemalige Artistin – heute Trainerin).
Gerade Ehemalige, die heute noch dabei sind, macht es stolz zu sehen, was aus dem Zirkus geworden ist. „Man freut sich, man fiebert mit. Es gibt doch nichts Schöneres als glückliche Kinderaugen. Du genießt einfach mit und freust dich“, so der ehemalige Artist Thomas Stulert.

Irgendwann 1977: „Lass uns doch mal Zirkus machen“

2017.10.08 Dortmund Jubiläumsvorstellung Kinderzirkus Fritzantino
Anfangs bildeten sich Mitarbeiter:innen fort, um den Kindern und Jugendlichen neue Kunststücke und Tricks beibringen zu können.

Der Zirkus Fritzantino ist 1977 zu einem Gemeinschaftsprojekt des Fritz-Henßler-Hauses geworden und ist bis heute fester Bestandteil der Kinder- und Jugendarbeit.

Anfangs war von „Zirkuspädagogik“ noch keine Rede, wurde aber schnell zum Herzen des Vorhabens. Bereits nach dem ersten Zirkus-Projekt erkannten die Pädagog:innen den Wert für die Teilnehmer:innen. Auch die Kinder forderten eine Fortsetzung, bis es zu einem wöchentlichen Zirkustraining in Akrobatik, Jonglage, Zauberei und Luftartistik kam.

Anfangs bildeten sich Mitarbeiter:innen fort, um den Kindern und Jugendlichen neue Kunststücke und Tricks beibringen zu können. Die Kinder und Jugendliche erreichten jedoch schnell ein so hohes zirzensisches Niveau. Um die jungen Künstler:innen und Akrobat:innen in ihrer Entwicklung zu fördern, wurden darüber hinaus Trainer:innen aus anderen Zirkussen und Profiartisten engagiert.

Der Zirkus startete als Sommerprojekt, um Kinder und Jugendliche aus Brennpunktfamilien von der Straße zu holen. „Für viele war es ein Zufluchtsort, eine zweite Familie und ein Ort des Ausprobierens, Lernens und über sich Hinauswachsens“ – so Santosh Kumar-Wadwa. Einige blieben sogar im Erwachsenenalter Teil der Zirkusfamilie und unterstützen den Zirkus im Rahmen ihrer Möglichkeiten. So besteht der aktuelle Trainer:innenpool zu großen Teilen aus Ehemaligen.

Auch heute noch wird die Zirkuskunst von Kindern und Jugendlichen präsentiert

Zurzeit wird das Programm von 65 Akrobat:innen und Künstler:innen im Alter von 11 bis 25 Jahren gestaltet. Kyra Usielski | Nordstadtblogger

Das zweistündige Zirkusprogramm bietet eine breite Palette der Zirkuskunst. Seit seiner Gründung präsentiert der Zirkus Fritzantino in fünf bis sechs Auftritten jährlich ein zweistündiges Programm.

Zurzeit wird das Programm von 65 Akrobat:innen und Künstler:innen im Alter von 11 bis 25 Jahren gestaltet. Neben der Auftrittsgruppe nehmen weitere 85 Kinder und Jugendliche an verschieden Grundlagentrainings teil.

Zu den Höhepunkten der Auftritte gehören die Teilnahmen an großen Zirkusfestivals. Fritzantino selbst war auch schon Ausrichter internationaler Veranstaltungen. Zu seinem 40. Jubiläum veranstaltete Fritzantino eine Convention mit vielen Kinder- und Jugendzirkussen aus der Region.
Zudem bietet der Zirkus das Projekt „Zirkus macht Schule – Zirkus Fritzantino als außerschulischer Lernort“. Das Projekt wurde gemeinsam mit dem Förderverein FritzantinoFreunde e.V. ins Leben gerufen und bietet Schulklassen die Möglichkeit sich in verschiedenen Zirkusdisziplinen auszuprobieren.
Weitere Informationen:
Tickets unter: zirkusfritzantino.de/

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