„Inzwischen können sie mich irgendwo in der Nordstadt aussetzen und ich finde unfallfrei nach Hause.“ Rechtsdezernentin Diane Jägers zieht auf dem Jahresempfang der CDU-Fraktion der Bezirksvertretung Innenstadt-Nord Bilanz der Tätigkeit ihres Dezernates in der Nordstadt. Knapp zwei Jahre ist sie nun nach ihrem Wechsel aus der Nachbarstadt Bochum im Amt. Dass sie die Nordstadt vollends kenne, sei nicht der Fall.
Familiärer Anker in der Nordstadt: „Meine Tochter möchte da auch nicht wegziehen.“
Dass sie ihren Blick auf den Stadtteil erweitern konnte, verdankt sie auch zu einem großen Teil ihrer Tochter.
Die Studentin lebt in dem Stadtteil und genießt dort das studentische Milieu und „dass es dort noch bezahlbar ist“, so Jägers vor ihren Parteifreunden und vielen geladenen Gästen. „Meine Tochter möchte da auch nicht wegziehen.“
Der Stadtteil besitzt viele Potentiale, doch „so wie im Dortmunder Süden wird es in der Nordstadt nicht werden“, prognostiziert sie.
„Es wird nie prostitutionsfrei, nie drogenfrei werden, es wird immer Herausforderungen geben“, skizziert sie zwei der Probleme nördlich des Hauptbahnhofs. „Es wird immer ein Grundrauschen geben“, sagt Jägers. „Unsere Aufgabe ist es, das Grundrauschen zu verringern.“
Die Freier kommen trotz hoher Bußgelder immer wieder ins Quartier
Die Anzahl der Prostituierten sei nach Schließung des Straßenstrich auf konstanten Niveau geblieben. Jedoch steige der Freiersuchverkehr bei gleicher Anzahl der Prostituierten.
Viele Kennzeichen von Fahrzeugen seien den Ordnungskräften bekannt. Es handele sich oft um Wiederholungstäter, die zum Teil schon mit Bußgeldern im vierstelligen Bereich bestraft wurden und trotzdem immer wieder kommen.
„Für das Geld hätten sie sich schon die Dienste eines Callgirls leisten können, jedoch ziehen sie ihren Kick aus der Notsituation der Frauen rund um den Nordmarkt“, wie die Dezernentin nach persönliche Aussage eines – von den Ordnungskräfte gestellten – Freiers erfahren konnte.
Einige der Prostituierten befinden sich zur Zeit in Haft. Dem Vorwurf, die Frauen, die sich oft in ausweglosen Situation befinden, damit noch mehr zu bestrafen, entgegnet sie, „dass es darum gehe ein ordnungsrechtliches Regelwerk aufrecht zu erhalten.“
Die Alkoholikerszene im Norden ist viele der Bewohner ein großes Ärgernis
Anders sieht es bei der Alkoholikerszene aus: Die Möglichkeiten, dem Wunsch der Bevölkerung hier stärker in Erscheinung zu treten und Maßnahmen zu ergreifen, seien begrenzt.
„Vom Trinken von Alkohol geht erstmal keine öffentliche Gefährdung aus,“ bemerkt die Juristin „und darüber hinaus hat das Biertrinken im Ruhrgebiet Tradition“, erklärt sie den Besuchern im Kaminzimmer der DAB-Brauerei.
„Es gibt viele Leute die kein Geld für ein Bier in der Kneipe haben“, so Jägers. Denen möchte sie das Bierchen im Freien auch nicht verbieten. Oft sei eine Ermahnung der Alkoholikerszene durch die Ordnungskräfte ausreichend.
Zur Integration der Zuwanderer gibt es keine Alternative
Zur Zuwanderung aus Osteueropa bemerkt Jägers, „dass es eine Alternative zur Integration dieser Menschen nicht gebe.“ Problematisch seien auch in erster Linie die bulgarischen alleinstehenden Männer zwischen 18 und 45 Jahren.
Diese stehen zum Teil mit bis zu 200 Personen rund um den Nordmarkt. „Jedoch seien die meisten von ihnen gutmütig und durchaus ansprechbar, sie kennen es einfach nicht anders“, sieht auch hier die Dezernetin die Möglichkeit der Ansprache.
Die Hälfte des Nordmarktes ist als Kinderspielplatz ausgewiesen, hier herrscht Rauchverbot und das Verbot Alkohol zu trinken. Mit zunehmenden Temperaturen nimmt dieses Problem wieder zu.
Es gibt Überlegung der Anmietung eines Ladenlokals direkt am Nordmarkt als Dependance des Büros an der Bornstraße
Das Ordnungsamt hat in den letzten Tagen wieder seinen Bauwagen als Zeichen der verstärkten Präsenz rund um den Platz aufgestellt. Man überlegt ein Ladenlokal als Dependance zum Büro in der Bornstraße zu mieten.
Personell sind natürlich auch Einschränkungen vorhanden. „Die Verstärkung der Kräfte im Norden, geht eindeutig zu Lasten anderer Stadtteile“, bemerkt Jägers. Drogenhandel und -Konsum und die Problemhäuser sind weitere Aufgabenpunkte.
Die Nordstadt ist ein reizvoller Stadtteil mit vielen Potentialen. „Da gibt es viele Chancen, ich genieße die Abende mit der Tochter beim Türken, Spanier oder in sonst einem der vielen guten Restaurants im Stadtbezirk.“
Ein spannendes Jahr für die Nordstadt sieht BV-Fraktionschef Dorian Marius Vornweg – sei es die Entwicklungen im Hoeschpark oder das Projekt Nordwärts: „Wichtig sei es“, so der Christdemokrat in seiner Begrüßung, „die soziale Entwicklung der Nordstadt auf ein stabiles Fundament zu stellen.“
Reader Comments
Peter Köhling
Es ist schön wie offen Frau Jägers die Probleme in der Nordstadt anspricht. Doch finde ich es problematisch das man Prostitutierte krimininalisiert. Sie haben ja kaum eine ander Möglichkeit ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Die Ausbeutung der Armutszuwanderer hier im Stadtteil ist himmelschreiende Ungerechtigkeit. Es sind Menschen, die zu uns kommen,die eine Zukunft suchen und vor Diskrimminierungen flüchten. Sie hier dafür zu kriminalisieren ist höchst unmenschlich!
Rasputin
Ich stimme der Ansicht von Herrn Peter Köhling voll zu.
Was die illegale Straßenprostitution betrifft,so sind diese Probleme in der Nordstadt doch hausgemacht!
Die ersatzlose Schließung der legalen HBS hat doch erst zu der illegalen Straßenprostitution geführt.Unter dem Vorwand des Jugendschutzes wurde der als vorbildlich gerühmte legale Straßenstrich mit Verrichtungsboxen damals geschlossen.Dabei war doch Allen klar,daß einige Dortmunder Lokalpolitiker damit nur die Menschen,die hauptsächlich aus dem Romaghetto von Stolopinova in die Nordstadt kamen,hier bessere Lebensbedingungen zu finden vertreiben wollten.Man dachte die Menschen vertreiben zu können,igen man ihnen ihre einzige legale Verdienstmöglichkeit nimmt.Doch der Plan ging nicht auf!
Es kommen auch weiterhin Menschen aus Bulgarien in die Nordstadt,weil sich ihre Lebensbedingungen in der Heimat kein Stück verbessert haben.
Leider wurde in dem Artikel nicht erwähnt,daß es sich bei der Sache um einen Rechtsstreit handelt.Die Prostituierte Dany hat gegen die neue Sperrbezirksverordnung vor dem Gelsenkirchener Verwaltungsgericht geklagt,weil man ihr die freie Berufsausübung verbieten wollte.Sie hat den Prozeß gegen die Stadt Dortmund gewonnen.
Das Gericht hat es für unzulässig erklärt ein GESAMTES Stadtgebiet komplett zum Sperrbezirk zu erklären.Es müsse auch einen Ort geben,an dem das legale Gewerbe stattfinden kann.Außerdem wurde die Stadt Dortmund angewiesen einen geeigneten Platz abseits vom Wohngebiet,Schulen und Kindergärten ect. zu suchen,andem das Gewerbe legal stattfinden kann.
Die Stadt Dortmund hat bis heute ihre Hausaufgaben nicht gemacht! Stattdessen versucht sie lieber die Sache auf die lange Bank zu schieben und hat einen Antrag auf Genehmigung einer Berufung gegen das Gerichtsurteil gestellt,der nach 1,5 Jahren stattgegeben wurde.
Statt einen neuen Platzzu suchen,andem das Gewerbe wieder legal und sicher für die Frauen stattfinden kann,werden lieber Steuergelder verschwendet zur Bekämpfung der illegalen Straßenprostitution.
Peter Lustig
Und weil die Polizisten so damit beschäftigt sind Junkies zu jagen hat der Vizepräsident der Industrie-und Handelskammer Dortmunds einen Brandbrief an die Polizei geschrieben.
Bei Ihm und seiner Familie wird zu oft eingebrochen.
Aber so ist Dortmund, man setzt Prioritäten und Jagd lieber Junkies, kriminalisiert Menschen und wundert sich wenn plötzlich mehr Wohnungseinbrüche und Autoaufbrüche stattfinden.
Zum Glück trifft es wohl mal die Richtigen!