Von Klaus Winter
Während des Ersten Weltkrieges lag Dortmund weit entfernt von der Front. Ein einziger Bombenabwurf führte der Stadtbevölkerung vor Augen, was Krieg bedeuten konnte. Aber es gab auch die vielen Todesanzeigen für die Gefallenen, die Kriegsversehrten im Straßenbild sowie eine große Anzahl Probleme in der städtischen Infrastruktur und im alltäglichen Leben. Manche Spuren haben bis heute überdauert, aber nicht jede fällt noch als solche gleich ins Auge.
Notlage führte zur Gründung einer Siedlungsgesellschaft
Der Lutherblock im Dortmunder Norden kann als eine kleine Folge des Ersten Weltkrieges angesehen werden. Die Wohnungsnot in der Stadt verschärfte sich bereits im Kriegsverlauf stetig. Die Beschaffung neuen Wohnraums war dringend notwendig.
So musste sich auch das Stadtparlament mit diesem Problem auseinandersetzen. Im Februar 1918 ließ der Magistrat verkünden, in der nächsten Sitzung der Stadtverordneten-Versammlung die Gründung einer Gemeinnützigen Siedlungsgesellschaft m. b. H. zu beantragen.
Stadt und Industrie beteiligten sich an neuer Siedlungsgesellschaft
Seitens des Magistrats ging man davon aus, dass die vor dem Krieg so wichtige private Bautätigkeit aus vielerlei Gründen nicht so einfach wieder aufleben würde. Andererseits sah man die rege Tätigkeit des Spar- und Bauvereins, war sich aber sicher, das von der Seite die Wohnungsnot nur ansatzweise bekämpft werden konnte.
Stadtbaurat Strobel, Verfasser einer umfangreichen Denkschrift zum Thema Wohnungsbau, erklärte deshalb in einer Stadtverordneten-Sitzung im Juli 1918, dass die Stadt sich tatsächlich an einer neuen gemeinnützigen Siedlungsgesellschaft beteiligen wolle. Für diesen Zweck seien 1,2 Millionen Mark bewilligt worden. Mit einer weiteren Millionen Mark wollten sich auch Industrieunternehmen beteiligen.
Gründungsversammlung fand im Magistratssitzungssaal statt
Erstes Projekt der neuen Gesellschaft sollte eine Gruppe von Wohnhäusern an der Luther-, Robert- und Flurstraße mit insgesamt 64 Wohnungen werden. Strobel versicherte, dass am Tage nach der Gründung der Gesellschaft bereits mit dem Bau der Wohnungen begonnen werden könne. Weitere Projekte seien in der Planung.
Im Oktober 1918 fand die Gründungsversammlung der Dortmunder gemeinnützigen Siedlungsgesellschaft m. b. H. im Sitzungssaal des Magistrats statt. Oberbürgermeister Dr. Eichhoff beschrieb den Zweck der Gesellschaft so: „Erbauung von Wohnungen für minderbemittelte, für kinderreiche Familien, für Kriegsbeschädigte und Kriegerwitwen“.
Der Direktor des städtischen Wohnungsamtes, Dr. Strehlow, wurde zum ersten Geschäftsführer der Gesellschaft gewählt.
Aufsichtsrat stimmte für den sofortigen Baubeginn
An dem Vorhaben, zunächst den Bereich an der Robertstraße zwischen Flur- und Lutherstraße zu bauen, hatte sich nichts geändert. Die Reinoldi-Gemeinde hatte den Bauplatz zu günstigen Konditionen zur Verfügung gestellt. Er lag an einer bereits fertiggestellten Straße, was ein schnelles Bauen ermöglichte.
Pläne der Architekten Wenzler und Strunck, Kostenvoranschläge und verbindliche Angebote für die acht Häuser mit insgesamt 64 Wohnungen lagen schon vor. Der Aufsichtsrat der neuen Gesellschaft stimmte der sofortigen Ausführung des Projekts zu.
Bauarbeiten waren innerhalb eines Jahres abgeschlossen
Das Ende des Ersten Weltkrieges und die Nachkriegswirren scheinen die Baumaßnahme an der Lutherkirche nicht wesentlich verzögert zu haben. Die Arbeiten wurden von den Baufirmen Röllecke & Co. sowie Grävinghoff & Reinhard binnen Jahresfrist ausgeführt.
Im September 1919 lobte die Presse: „Dieser Baublock an der Lutherkirche gereicht dem nordöstlichen Stadtteil wegen seines gefälligen Äußeren sehr zur Zierde.“ Wenige Wochen später sollten die Wohnungen bezogen werden.
Arbeiter, Bergleute und Witwen bezogen den Wohnblock
In den Häusern zogen vornehmlich Arbeiter- und Bergmann-Familien ein. Die Adressbücher aus der Zeit überliefern für die Mieter aber auch Berufs- und Standesangaben wie Botin, Kontoristin und Witwe.
Der 1919 fertiggestellte Wohnblock an der Nordseite der Robertstraße zwischen Flur- und Lutherstraße ist mit seinen Schmuckelementen äußerlich fast unverändert erhalten geblieben. Er steht inzwischen unter Denkmalschutz. An der Ecke Robert- /Lutherstraße ist eine Informationstafel angebracht.
Die Dortmunder gemeinnützige Siedlungsgesellschaft m. b. H. ist heute unter dem Namen Dogewo Dortmunder Gesellschaft für Wohnen m. b. H. aktiv und nach wie vor Eigentümer des Lutherblocks.
Reader Comments
Peter Kroos
Guten Tag, woher genau kommt die Kenntnis über die Architekten (im übrigen Strunck & Wentzler, und nicht umgekehrt)?
Klaus Winter
Die Architekten des Lutherblocks wurden in der Dortmund Zeitung, Nr. 449 vom 19.9.1919 genannt. Eine Blitzrecherche hat ergeben, dass das Architekturbüro im Zeitraum 1905 bis 1934 mehrfach so genannt wurde, wie in dem Artikel angegeben.