Von Klaus Winter
Die Arbeiten der DEW21 an ihrem neuen Fernwärmenetz dauern an. Viele sehen in den entsprechenden Baustellen nur Hindernisse: Gesperrte Straßen führen zu Umwegen für den Autofahrer, Baustellenabsperrungen schränken den Raum für Fußgänger ein, Anlieger ärgern sich über Lärm und Schmutz. Aber nicht nur die künftigen Nutzer des Fernwärmenetzes werden von den Bauarbeiten profitieren.
Zeugnisse des alten Dortmunds kommen wieder ans Tageslicht
Weil viele Arbeiten auf Grund und Boden durchgeführt werden, der seit Jahrhunderten besiedelt ist, verwundert es nicht, dass bei den Tiefbauarbeiten Zeugnisse des alten Dortmunds ans Tageslicht kommen. ___STEADY_PAYWALL___
So wurde im vergangenen Jahr am Ostwall vor dem Haus des Baukunstarchivs ein langes Stück der einstigen Stadtmauer gefunden. Wenige Monate später legte man die Reste des Schwanenturms am Schwanenwall frei.
Neue Funde in der Klosterstraße
Jetzt kann von einer weiteren Entdeckung berichtet werden. Nicht weit entfernt vom Standort des Schwanenturms, in der Klosterstraße stieß man auf einen Mauerrest, der mit einer Stärke von etwa 1,60 Meter zu dick war für ein normales Wohn- oder Wirtschaftsgebäude.
Der Blick in altes Kartenmaterial verrät, dass sich hier einst das zu Beginn des 13. Jahrhunderts gegründete Franziskaner-Kloster befunden hat. Die starke Mauer könnte zur Kloster-Kirche gehört haben.
Mit Pinsel und Spatel in die Vergangenheit
Passierte man in letzter Zeit als Fußgänger die Baustellenabsperrung in der Klosterstraße, erkannte man nicht, dass auf dem Grund der langgezogenen aber schmalen Baugrube mit Pinsel, Holzspatel und Winkelkratzer gearbeitet wurde.
Fachleute der LQ Archäologie legten in langwieriger Kleinstarbeit in etwa zwei Metern Tiefe besondere Geschichtszeugnisse frei: menschliche Skelette. Bis heute waren es 13 an der Zahl.
Bestattungen an einem privilegierten Ort
Es handelt sich um die Überreste von Menschen, die einst in der Kirche des Franziskaner-Klosters beigesetzt wurden. Das war ein privilegierter Bestattungsplatz.
Die Frage, wer diese Personen waren, ist nicht leicht zu beantworten. Es ist schon schwierig, ihren Kreis einzugrenzen. So fehlen zum Beispiel Grabbeigaben, denn seit dem 8. Jahrhundert waren solche nicht mehr üblich.
Bodenverfärbungen deuten auf Särge hin
Erschwerend kommt hinzu, dass die Leichenreste nicht alle in einer geordneten Lage aufgefunden wurden. Es hat vielmehr den Anschein, als ob im Laufe der Zeit ältere Bestattungen umgebettet wurden, um Platz für neue zu schaffen.
Verfärbungen im Boden deuten darauf hin, dass verschiedene Personen in Särgen bestattet wurden. Das belegen auch noch vorgefundene Sargnägel. Bei anderen Bestattungen fehlt der Sargschatten.
Knochen werden geborgen
Hilfreich für die Datierung der Toten ist die Auffindesituation der Skelette. Lagen früher die Arme des Verstorbenen ausgestreckt am Körper an, so wurden sie zum Ende des Mittelalters über den Körper gekreuzt oder zum Gebetsstatus gefaltet.
Letztendlich werden aber nur naturwissenschaftliche Untersuchungen der Skelettfunde nähere Auskunft über die einst in der Kirche des Franziskaner-Klosters geben können. Die Knochen werden nun sorgfältig geborgen, denn an ihrem jetzigen Platz können sie aufgrund der anstehenden Bodenverdichtungsmaßnahmen nicht überdauern.
Altar der Klosterkirche ist erhalten
Von der Ausgrabungsstätte wird bald nichts mehr sichtbar sein. Aber vielleicht wird die Klosterstraße einmal eine Station eines archäologischen Pfades durch die Stadt.
Eines der prachtvollsten Zeugnisse des nur dürftig dokumentierten ehemaligen Franziskaner-Klosters hat sich aber erhalten und ist gewöhnlich frei zugänglich, nämlich der flämische Schnitzaltar der Klosterkirche, der heute in der Petri-Kirche zu sehen ist und der vor einigen Jahren aufwändig restauriert und gesichert wurde.