Restaurierte Werke von Benno Elkan sind Denkmal des Monats April 2022

Künstlerisch wertvolle Grabmale auf dem Ostfriedhof und ihre Sicherung vor Metallräubern

(li.)Vor ziemlich genau einem Jahr präsentierte sich das Grabmal Borbein noch in einem ungereinigten Zustand und ohne Skulptur den Besucher:innen. (re.) Mit dem Aufstellen der Replik wurde der Granitstein der Grabmalanlage gereinigt. Fotos: Michael Holtkötter für die Denkmalbehörde Dortmund

Wer den beginnenden Frühling für einen Spaziergang über den Ostfriedhof (auch Ostenfriedhof) an der Robert-Koch-Straße nutzt, wird feststellen, dass einige besonders schöne, große und ausdrucksvolle Bronzefiguren und Reliefs restauriert sind. Kenner:innen hatten die Kunstwerke vielleicht im letzten Jahr vermisst. Sie waren bis Ende des Jahres 2021 in der Fachwerkstatt Paetzke in Hörstel – Anlass für die Dortmunder Denkmalbehörde sie als Denkmal des Monats April 2022 vorzustellen.

Alle Arbeiten sind vom Dortmunder Künstler Benno Elkan

Die große Menorah vor der Knesset in Jerusalem stammt von Benno Elkan. Foto: Alex Völkel
Die große Menorah vor der Knesset in Jerusalem stammt von Benno Elkan. Archivfoto: Alexander Völkel für Nordstadtblogger.de

Es handelt sich durchweg um Arbeiten des 1877 in Dortmund geborenen jüdischen Künstlers Benno Elkan, der sie zwischen 1904 und 1910 schuf. Nach der Ausbildung an Kunstakademien in München und Karlsruhe wohnte Elkan ab 1906 mehrere Jahre in Paris und Rom, wo es zu intensivem Austausch mit anderen Künstlern kam.

Vielleicht bestärkte die Bekanntschaft mit Auguste Rodin Benno Elkan in seiner Entscheidung, als Bildhauer und Plastiker zu arbeiten. Neben Grabdenkmälern schuf er besonders Medaillons und Büsten, teils berühmter Persönlichkeiten wie Walter Rathenau oder Karl Valentin.

Sein weithin bekanntestes Kunstwerk steht vor der Knesset in Jerusalem: die Menora. Den traditionellen siebenarmigen Leuchter mit einem ausführlichen Bildprogramm zur jüdischen Geschichte schuf Benno Elkan zwischen 1949 und 1956 in London, wo er seit seiner Emigration 1934 lebte und – von der Queen zum Officer of the Order of the British Empire ernannt – 1960 starb.

Benno Elkan war stets mit Dortmund verbunden

Benno Elkan vor der Menorah für die Knesset. Foto: Tamar Hayardeni, Quelle: Wikipedia
Benno Elkan vor der Menorah für die Knesset. Foto: Tamar Hayardeni, Quelle: Wikipedia Foto: Tamar Hayardeni / Wikipedia

Elkan, der seit 1897 nicht mehr ständig in Dortmund lebte, hatte die Bande zu seinem Geburtsort nie abbrechen lassen. So erhielt er seine ersten Aufträge von Dortmunder Freunden und Bekannten für ihre Familiengrabstätten auf dem Ostenfriedhof.

Sie finden sich nicht nur in der jüdischen Abteilung des Friedhofs, sondern sind auch an der prominenten Hauptachse vertreten, an der sich auch die repräsentativen Denkmäler für die Toten der Bergwerksunglücke auf der Zeche Kaiserstuhl oder der Familie Hoesch befinden.

Die Facetten der Werke Elkans reichen von der griechischen Mythologie über christliche Sujets bis zur allgemeinen Todessymbolik. Sie sind ein Spiegel der vor dem ersten Weltkrieg im Bürgertum herrschenden Ansichten.

Griechische Mythologie und christlich-jüdische Tradition

Auch wenn man genauer hinschaut, erkennt man nicht, dass man es nicht mit einem Bronzeguss zu tun hat, sondern es sich um Polymer-Beton handelt. Foto: Michael Holtkötter für die Denkmalbehörde Dortmund

Eine der großen Grabplastiken zeigt Persephone, die Tochter der griechischen Fruchtbarkeitsgöttin Demeter. Auf Beschluss der Götter musste Persephone jeweils ein halbes Jahr bei ihrem Ehemann Hades in der Unterwelt bleiben, in der anderen Jahreshälfte durfte sie zu ihrer Mutter Demeter zurück. Persephone ist damit ein Auferstehungssymbol.

Bei anderen Grabstätten zeigen Reliefs die Auferstehung eher in christlicher Tradition. Weitere Werke Elkans widmen sich dem Übergang in die Welt der Toten, so in der überlebensgroßen Figur der Schreitenden. Der sie hinterfangende Grabstein deutet ein Tor zu einer anderen Dimension an.

Häufiger hat Elkan auch kauernde Figuren, eingepfercht in enge Rahmen, gezeigt: Hinweis auf das Gefangensein im Tod. Eine emotional besonders beeindruckende Arbeit Elkans, ursprünglich ebenfalls ein Grabrelief, befindet sich heute in der Dortmunder Marienkirche: der Kopf des dornengekrönten Christus.

Kriegszerstörung und neue Gefahren wie Metallraub

links: Ohne das Bronzerelief fehlt der Grabstätte ein wichtiges künstlerisches Detail. rechts: Mit der Replik und der Reinigung des Natursteins ist das Gesamtbild für die Betrachter:innen wieder stimmig. Fotos: li. Anneke Lamot / re. Michael Holtkötter

Der Christuskopf kam nach dem Zweiten Weltkrieg an diesen Ort. Er wurde nach Kriegszerstörungen auf dem Ostenfriedhof im Schutt gefunden und der Kirchengemeinde übergeben. Andere Arbeiten Elkans gingen in dieser Zeit verloren.

Für die verbliebenen Bronzeplastiken bestehen heute neue Gefahren. Seit der weltweite Bedarf an Metallen gestiegen ist, finden sich immer wieder Kriminelle, die in Parks und auf Friedhöfen Kunstwerke brachial abbrechen, um das Metall einzuschmelzen. In Kauf genommen wird die Zerstörung einmaliger Kunstwerke.

„In einem Relief von Benno Elkan war schon ein großes Loch, vermutlich von Dieben, die versucht hatten, das Metall vom Grabstein zu lösen“, hatte der Restaurator festgestellt. Die Bezirksvertretung Innenstadt-Ost folgte deshalb einem Antrag, die überlieferten Originale von Benno Elkan zu sichern und durch Repliken zu ersetzen.

Repliken bestehen aus Polymer-Beton mit Glasfaser-Armierung

In der Werkstatt bereitet Andreas Strotmeier von der Restaurierungsfirma Paetzke die „Bronzepatina“ vor. Foto: Restaurierung Paetzke

Den Auftrag für diese Maßnahme erhielt die auf dem Gebiet der Restaurierung erfahrene Firma Paetzke aus Hörstel. In der Werkstatt nahm man nach der Reinigung der Kunstwerke Negativformen aus Silikonharz ab.

Eine unmittelbar aufgebrachte dünne Schicht aus Bienenwachs erleichterte die Abnahme der Form.

Eingebettet in eine Stützform konnte die Silikonform mit einem von der Firma Paetzke hergestellten robusten Material aus Polymer-Beton gefüllt werden, die durch eine Glasfaser-Armierung stabilisiert wird.

Anschließend erhielten die Repliken eine Farbfassung in dem für Bronze typischen Grünspanton. Im letzten Arbeitsschritt fügte man die Repliken in die restaurierten Steinfassungen auf dem Ostenfriedhof ein.

Nach dem Ausschalen aus der Silikonform befreit Andreas Strotmeier von der Restaurierungsfirma Paetzke die neue Skulptur von kleinen Resten des Gießprozesses. Foto: Restaurierung Paetzke

Ganz einfach war die Aktion nicht, wie der Restaurator anmerkt: „Das wiegt ja einiges. Aber dank der großartigen Hilfe der Truppe vom Dortmunder Friedhofsamt war die Verladung und der Transport der Figuren und Reliefs nach Hörstel und zurück gut zu schaffen.“

Inzwischen sind die Originale in die sichere Obhut der Friedhofsverwaltung zurückgekehrt. Über ihre mögliche museale Ausstellung muss noch entschieden werden. Metallräuber haben künftig das Nachsehen.

„Wenn die mit der Spitzhacke drangehen, um ein Relief zu lösen, wird eine Ecke abplatzen, und sie werden dumm gucken, weil es kein Metall ist. Wir haben aber hier die Formen und können jederzeit eine fehlende Ecke wieder fast unsichtbar anfügen“, erklärt Restaurator Paetzke.

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  1. Denkmale und Skulpturen auf dem Ostfriedhof: Ein Rundgang mit Denkmalbehörde und Kunst im öffentlichen Raum (PM)

    Der Ostfriedhof hält für einige Stadtämter viel Arbeit bereit: Nicht nur Gräber und Grünflächen, sondern auch skulpturale Werke müssen regelmäßig gepflegt werden. Dr. Lucia Reckwitz von der Denkmalbehörde und Dr. Jacques Heinrich Toussaint, Leiter des Ressorts Kunst im öffentlichen Raum, erörtern bei einem gemeinsamen Rundgang die Möglichkeiten und Perspektiven einer Restaurierung der skulpturalen Werke des Friedhofs. Der Termin: Donnerstag, 20. April. 17 bis 18.30 Uhr. Treffpunkt ist der Haupteingang des Ostfriedhofs, Robert-Koch-Str. 37.

  2. Themenwoche Ostfriedhof der Nachbarschaftsinitiative Ka!sern (PM)

    Als Anfang Januar 2023 der Autor Rüdiger Wulf sein neues Buch über den Ostriedhof Heike Wulf (nicht verwandt und nicht verschwägert) zusandte und in derselben Woche der Bensheimer Fotograf und Künstler Bernhard Schroth mit einer E-Mail mit der Nachfrage nach einer Ausstellung auch Kontakt zu Heike Wulf aufnahm, keimte der Gedanke auf, diese beiden Nachfragen in der Nachbarschaftsinitiative Kaisern zu besprechen. Wolfgang Niehoff machte dann den Vorschlag doch gleich eine Themenwoche Ostfriedhof zu machen.

    Gesagt getan: So haben wir unsere gebündelte Kreativität des Viertels mit der Nachbarschaftsinitiative Kaisern zusammengefügt und entstanden ist eine wirklich tolle Themenwoche mit den unterschiedlichsten Angeboten, wie Vorträge, Führungen, Ausstellungen, Fotografie und Urban Sketching.

    Sonntag: 23.4. ab 18 Uhr
    Ort der Inspiration –
    Künstlerische Fotografien offenbaren den Zauber des Ostfriedhofs

    Die Nachbarschaftsinitiative des Kaiserviertels präsentiert unter dem Titel „Respekt & Mahnung“ Bilder des Bensheimer Fotografen Bernhard Schroth. Die auf dem Dortmunder Ostfriedhof entstandenen Fotografien zeigen inspirierende Stätten der Stille und der Erinnerung.
    Der in Recklinghausen geborene Fotograf bringt mit der künstlerischen Bearbeitung digitaler Aufnahmen seine individuelle Wahrnehmung des Ostfriedhofs zum Ausdruck. Er kombiniert in seinen Arbeiten schwarzweiße und farbige Bildinhalte. Die üppig wuchernde Parkvegetation stellt er detailliert in Schwarzweiß dar und betont damit die eindringliche Wirkung der in ihren natürlichen Farben wiedergegebenen historischen Grab- und Mahnmale.
    In vielen Bereichen des Ostfriedhofs findet sich die sanfte Magie des gebrochenen Lichts. Sie erzeugt vielfältige Perspektiven mit feinen Stimmungen, die der Künstler in seinen bearbeiteten Fotografien sichtbar macht.
    Eine Auswahl der Bilder ist vom 23. April bis zum 14. Mai im Projektraum „Kaisern“ in der Kaiserstraße zu sehen. Die Ausstellung wird am 23. April um 18:00 Uhr mit einer Vernissage eröffnet.
    Die Vernissage bildet zugleich den Auftakt für die ebenfalls von der Nachbarschaftsinitiative „Kaisern“ veranstaltete Themenwoche „Grüner Ruheort im Kaiserviertel“. Vom 23. bis zum 29. April werden in Vorträgen und Führungen Informationen und Einblicke zur künstlerischen und geschichtlichen Bedeutung des Dortmunder Ostfriedhofs vermittelt.
    Die Öffnungszeiten können den Informationen auf der „Kaisern“-Website http://www.kaisern.de entnommen werden.

    Montag, 24.4. um 16 Uhr -Dauer 2 Std.
    Der Ostfriedhof und sein berühmtester Künstler Benno Elkan
    Gehen Sie mit Heike Wulf auf die Spuren von Benno Elkan.
    Wer war dieser Ausnahmekünstler? Welche Kunstwerke haben wir von ihm auf unserem historischen Ostfriedhof, der als einer der schönsten Deutschlands gilt?  1876 als zweiter Friedhof der Stadt eröffnet, enthält er die schönsten Grabanlagen der vermögenden und industriell geprägten Persönlichkeiten aus dem Gründerviertel unsere Stadt: dem Kaiserviertel.
    Treffpunkt Haupteingang Ostfriedhof um 16 Uhr

    Dienstag um 17 Uhr Dauer ca. 2 Std.
    Urban Sketching – ein Sketchwalk auf dem Ostfriedhof
    Gemeinsam mit der Dortmunder Künstlerin Sabine Schümers haben Sie die Möglichkeit den Ostfriedhof zeichnerisch zu erkunden. Durch das Zeichnen erhalten Sie einen ganz besonderen Blick für das Wesentliche und entdecken das ein oder andere Detail, welches Ihnen sonst vielleicht verborgen geblieben wäre. Frei nach dem Motto „jeder kann Zeichnen“ sind alle herzlich eingeladen, die Spaß am Kritzeln, Zeichnen und Malen haben. Es sind keine Vorkenntnisse erforderlich.
    Das Material ist bitte selbst mitzubringen. 
    Treffpunkt: Haupteingang Robert-Koch-Straße

    Donnerstag 27.4. um 19.30 Vortrag Dauer ca. 1,5 Std.
    Mit Katja Freese und Heike Wulf
    Frauen auf dem Ostfriedhof
    Welche Männer auf dem Ostfriedhof ihre letzte Ruhestätte gefunden haben ist weitgehend bekannt. Denn auch hier führen die Frauen während der Gründerzeit mal wieder ein Schattendasein, aus dem wir sie etwas herausholen wollen.
    Zusammen mit der Fotografin und Autorin Katja Freese führt uns Heike Wulf in die Frauengeschichten des Dortmunder Ostfriedhofs ein. Wobei sich Katja Freese auf die bildliche Darstellung konzentriert hat und Heike Wulf Biografien von Dortmunder Frauen vorstellt, die fast in Vergessenheit geraten sind.

    Freitag, 28.04., 18:30 Uhr, Vortrag im Projektraum Kaisern, Dauer ca. 75 min.
    „Alle 2 Stunden einen Esslöffel voll“.
    Dönekes & Anekdoten vom Ostfriedhof, mit Bildern vorgetragen von Rüdiger Wulf
    Selbst wenn es befremdlich klingen mag: Bei Führungen über den Ostfriedhof darf auch gelacht werden! Es sind sogar besonders die kleinen witzigen Anekdoten am Rande, die „Dönekes“ zum Schmunzeln, die aus dem informativen Rundgang ein besonderes Erlebnis machen. In seinem vergnüglichen Vortrag stellt Rüdiger Wulf die unterhaltsamsten Geschichten aus seinem Repertoire als „Ostfriedhofsführer“ vor.   

    Samstag, 29.04., 14:30 Uhr, Führung, Treffpunkt: Haupteingang Ostfriedhof, Robert-Koch-Straße, Dauer ca. 75 min.
    Grünes Kleinod und aufgeschlagenes Geschichtsbuch.
    Ein geführter Spaziergang über den Ostfriedhof mit Rüdiger Wulf
    Unter den mächtigen alten Bäumen des Dortmunder Ostfriedhofes ruhen fast alle, die Rang und Namen hatten in der Stadt – in den Jahrzehnten um 1900, als Dortmund zur Industriemetropole wurde. Mit einer ebenso unterhaltsamen wie informativen Führung stellt Rüdiger Wulf die wichtigsten von ihnen vor und berichtet Wissenswertes wie Amüsantes aus dem Leben der „Promis“, aus ihrer Zeit und ihrer Stadt.

  3. Geschichten vom Dortmunder Ostfriedhof (PM)

    Am Samstag, den 11.11.2023, bittet Rüdiger Wulf, ehemals Leiter des Westfälischen Schulmuseums in Marten, um 14.30 Uhr zu einer einstündigen „Lesung im Gehen“ auf den Ostfriedhof. Beim Rundgang über den Friedhof liest Rüdiger Wulf aus seinem soeben neu aufgelegten Buch „Geschichten vom Dortmunder Ostfriedhof“. Anschließend gibt‘s ein kleines Quiz, bei dem Teilnehmer, die gut zugehört haben, ein druckfrisches Exemplar der Neuauflage gewinnen können. Die Teilnahme ist kostenlos. Treffpunkt ist der Haupteingang des Friedhofs an der Robert-Koch-Straße.

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