Der alte jüdische Friedhof ist heute eine Gedenkstätte

In Dortmund-Wickede wurden schon im Jahr 1931 jüdische Kindergräber geschändet

Der ehemalige jüdische Friedhof an der Straße Fränkischer Friedhof
Der ehemalige jüdische Friedhof an der Straße Fränkischer Friedhof in Dortmund-Wickede heute. Klaus Winter | Nordstadtblogger

Von Klaus Winter

Die ehemalige jüdische Gemeinde von (Dortmund-) Wickede war klein. Am 1. Dezember 1900 lebten gemäß einer Volkszählung gerade einmal 21 Juden im Ort. Ihre Toten bestatteten sie zunächst auf dem jüdischen Friedhof in Brackel, der sich am Brackeler Hellweg, Ecke Breierspfad befand. Erst 1891 wurde in Wickede ein jüdischer Friedhof angelegt. In dem Jahr wurde Levi Steinberg hier beigesetzt.

Der jüdische Friedhof war nur 325 Quadratmeter groß

Stadtplan-Ausschnitt um 1930; der Pfeil deutet die Lage des nicht eingezeichneten jüdischen Friedhofs an
Stadtplan-Ausschnitt um 1930; der Pfeil deutet die Lage des nicht eingezeichneten jüdischen Friedhofs an. Klaus Winter | Nordstadtblogger

Der jüdische Friedhof in Wickede lag am Bockumweg, heute Fränkischer Friedhof. Eigentümer des Geländes war ein Landwirt, der es für 99 Jahre an die jüdische Gemeinschaft in Wickede verpachtet hatte.

Das Friedhofsgrundstück war etwa 325 Quadratmeter groß und hatte die Form eines Dreiecks, dessen Spitze nach Osten zeigte. Dort befand sich – anders als heute – auch der Eingang.

Es gab eine schmiedeeisernes Tor und eine Weißdornhecke

Der Heimatforscher Erich Alewelt überlieferte, dass der Zugang mit einem schmiedeeisernen Tor ausgestattet war. Um den Friedhof herum hatte man eine Weißdornhecke gepflanzt.

Die Nachrichten über den Friedhof sind rar. Die Unterlagen über die Friedhofsordnung, Bestattungen und Lage der Grabstellen etc. dürften in der Zeit des Nationalsozialismus verloren gegangen sein.

Belohnung sollte auf die Spur der Grabschänder führen

Bericht der lokalen Presse (Dortmunder Zeitung, 16.09.1931, Nr. 432)
Gedenkstein auf dem Hauptfriedhof, Rennweg Foto: Klaus Winter für Nordstadtblogger.de

Aus dem September 1931 stammt jedoch eine Zeitungsnotiz, die über Grabschändungen berichtete. Details zu dem Vorgang wurden in dem kurzen Artikel nicht genannt.

Der „Zentral-Verein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens“ hatte eine Belohnung in Höhe von 100 Reichsmark ausgesetzt für diejenigen, die „den oder die Missetäter so namhaft machen, daß ihre gerichtliche Bestrafung erfolgen kann.“

Jüdische Presse berichtete über die Grabschändung

Berichterstattung über die Grabschändung (Jüdisches Echo, 25.09.1931, Nr. 39)
Berichterstattung über die Grabschändung (Jüdisches Echo, 25.09.1931, Nr. 39) Foto: Klaus Winter für Nordstadtblogger.de

Jüdische Zeitungen und Zeitschriften berichteten ebenfalls über den Vandalismus-Akt, so das „Israelitische Familienblatt“, die „Central-Verein-Zeitung“, das „Jüdische Echo“ u. a.

Den Beiträgen dieser Publikationen ist übereinstimmend zu entnehmen, dass in der Nacht zum 11. September 1931 zwei Grabsteine von Kindergräbern umgestürzt worden waren. Einer von ihnen wurde in die Straßenböschung geworfen.

Die Kriminalpolizei war eingeschaltet worden.

Der Friedhof wurde 1938 beseitigt – Schon 1946 wurde ein Gedenkstein aufgestellt

Der letzte Orginal-Grabstein des jüdischen Friedhofs in Wickede
Der letzte Orginal-Grabstein des jüdischen Friedhofs in Wickede. Foto: Klaus Winter für Nordstadtblogger.de

Der Vandalismus-Akt auf dem jüdischen Friedhof in Wickede 1931 scheint nicht aufgeklärt worden zu sein. Er war – gemessen an dem, was noch folgen sollte – aber nur ein Vorspiel.

Im Jahre 1938 wurde der Friedhof beseitigt. Die Leichen wurden exhumiert und auf dem Hauptfriedhof in einem Gemeinschaftsgrab beigesetzt. Die Grabsteine wurden hinter die Mauer des Gutes Schorlemmer verbracht, und der Friedhof auf das jetzige Niveau abgetragen.

Im Jahre 1946 wurde am Ort des jüdischen Friedhofs eine „Grün- und Ruheanlage“ eingerichtet und „der Obhut und Pflege aller Bürger anvertraut“. Das steht auf einem Gedenkstein (Bild unten links), der hier aufgestellt wurde.

Ein Gedenkstein steht auch auf dem Hauptfriedhof

Neben diesem befinden sich heute mehrere Grabsteine. Sie erwecken den Eindruck, hier befände sich noch immer ein Friedhof. Aber bis auf einen Grabstein ist keiner ein Original, sondern lediglich ein Ersatz. Zum Gedächtnis an die Umgebetteten steht auf dem Hauptfriedhof (Bild unten rechts) ein weiterer Gedenkstein, der auf die willkürliche Umbettung vom Friedhof Wickede hinweist.

Hintergrund:

  • Der Historische Verein für Dortmund und die Grafschaft Mark e. V. (gegr. 1871) ist Träger des Projekts „Jüdische Identität, jüdisches Leben und jüdische Friedhöfe in Dortmund“.
  • Ausgehend von einer wissenschaftlich fundierten Bestandsaufnahme aller historischen jüdischen Friedhöfe im Stadtgebiet sollen neue Erkenntnisse über das Leben und Wirken jüdischer Mitbürger gewonnen und dokumentiert werden.
  • Das Projekt wird gefördert mit Mitteln aus dem Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen („Heimatzeugnis“).

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