„Gegen Rassismus in Dortmund und überall“ – unter diesem Motto wollen Aktivisten der Dortmunder Gruppe „Refugees Welcome“ am Samstag, 31. Januar, in einer offenen und bunten Demo zeigen, dass die Stadtgesellschaft solidarisch ist mit den Geflüchteten in Dortmund und anderen Städten. Treffpunkt ist um 12.30 Uhr an den Katharinentreppen (oben) gegenüber dem Dortmunder Hauptbahnhof.
Demonstration für menschenwürdige Verhältnisse und gegen Rassismus
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer – die Veranstalter rechnen mit 150 bis 200 Personen – treten laut Aufruf für „menschenwürdige Verhältnisse und eine Gesellschaft ohne Rassismus“ ein.
„Wir solidarisieren uns mit den Menschen der Brügmannhallen und schließen uns ihren Forderungen und Anliegen an. Es ist zu begrüßen, dass die Stadt Dortmund nun das Gespräch mit den Menschen vor Ort gesucht hat“, heißt es in einem Schreiben. Es sollte jedoch eine Selbstverständlichkeit sein, dass mit und nicht über die Menschen geredet werde. Auch sollte klar sein, dass Notunterkünfte allenfalls als kurzfristige Übergangslösung dienen könnten.
Solidarität zeigen und Flüchtlinge unterstützen
„Die Situation hat sich mittlerweile jedoch derart verselbstständigt, dass die Geflüchteten sich gegen diese Unterbringungspraxis zur Wehr setzen. Erst der Protest der Geflüchteten in der letzten Woche hat dazu geführt, dass die Stadt Dortmund sich dem Problem angenommen hat und die Lage der Geflüchteten ernst nimmt“, betonen die Aktivisten.
Stadtdirektor Jörg Stüdemann hatte daher vor einer Woche das Heft des Handelns in die Hand genommen, Fehler eingeräumt und schnelle Abhilfe versprochen. Vieles ist seitdem passiert.
Kritik: Hausverbote gegen Flüchtlinge – Widersprüchliche Darstellung
Doch auch neue Kritik hat sich entfacht: In der Einrichtung sollen sich Konflikte zwischen Bewohnern so zugespitzt haben, dass sich die Einrichtungsleitung zum Verhängen von temporären Hausverboten genötigt sah.
Allerdings gibt es widersprüchliche Angaben zu den Zeiträumen: „Sofern diese nicht im Rahmen von Gesprächen und weiteren Deeskalationsmaßnahmen beruhigt werden konnten, haben die Johanniter im Einzelfall von ihrem Hausrecht Gebrauch machen müssen“, nimmt Stadtsprecherin Anke Widow Stellung.
„In diesem Zusammenhang sind zeitlich befristete (stundenweise) Hausverbote ausgesprochen oder auch Umsetzungen vorgenommen worden.“
Die Flüchtlingshelfer widersprechen der Darstellung: Zwei Flüchtlinge hätten die Nacht am Bahnhof verbringen müssen. „Dieses Verhalten ist absolut nicht tragbar. Die Securities haben kein Recht, die dort untergebrachten Menschen Kontrollen und Repressionen auszusetzen“, heißt es in einer Veröffentlichung der Gruppe.
Unterstützer von „Refugees Welcome“ dürfen die Brügmann-Hallen nicht mehr betreten
Die Flüchtlingshelfer loben den guten Willen und registrieren auch einige Fortschritte. Dennoch sind sie nicht zufrieden: „Merklich besser geworden ist die Situation in den vergangenen Tagen scheinbar nicht. Die Angestellten des Sicherheitsdienstes sind aggressiver und gereizter als zuvor, das Essen ist noch schlechter, in den Hallen ist es zurzeit sehr kalt“, heißt es weiter.
Allerdings können sie nicht mehr selbst überprüfen, was sich verändert hat: „Wir selbst dürfen im Moment nicht in die Brügmannhallen kommen. Auslöser dafür war ein Treffen mit Refugees in der vergangenen Woche. Mehr als 100 in den Hallen Untergebrachte diskutierten gemeinsam mit uns über die Zustände dort und ihr weiteres Vorgehen“, heißt es auf der Internetseite der Gruppe.
„Die Gespräche waren emotional und auch laut, aber zu keinem Zeitpunkt gereizt – bis die Wachleute der Einrichtung in die Halle kamen und aufgebracht fragten, was denn hier los sei und dass sie wissen müssten, worüber gesprochen wird. Als sie dies nicht erfuhren, haben sie unsere Aktivist*innen von Refugees Welcome aufgebracht und sauer aus der Halle geschmissen.“
Besuchsverbote für Aktivsten und Journalisten zum Schutz der Privatsphäre
„Besuche von Gruppen und Initiativen, die die Situation vor Ort kontrollieren wollen, werden zum Schutz der ohnehin geringen Privatsphäre der Menschen in den Hallen nicht zugelassen“, begründet Stadtsprecherin Anke Widow die Entscheidung.
Schon zuvor gab es zumindest für Journalisten keine Erlaubnis – selbst auf Einladung der Menschen – ihre Kammern zu besuchen. Generell können Flüchtlinge Besuch empfangen, betont Widow: „Einzelbesuche von Freunden und Verwandten sind beim Betreiber anzumelden. Hier werden aus Sicherheitsaspekten Einlass- und Ausgangskontrollen durchgeführt“, heißt es von der Stadt weiter.
Flüchtlingsrat NRW fordert die Schließung der Sporthallen als Notunterkunft
Diese Situation nehmen die Aktivisten zum Anlass, auf eine schnelle dezentrale Unterbringung zu drängen und die Notunterkunft Brügmannhallen schnellstens zu schließen. Dieser Forderung schließt sich auch der Flüchtlingsrat NRW an, erklärt Antonia Kreul, Referentin der Organisation, im Gespräch mit den Nordstadtbloggern.
Der Flüchtlingsrat schaut sehr kritisch auf die Zustände in der Großsporthalle. „Wir kennen die Betroffenen nicht, die über Tage der Einrichtung verwiesen sein sollen“, räumt Kreuz ein. Sollte dies stimmen, sei dies allerdings untragbar: „Die Stadt muss sich um die Menschen kümmern und sie unterbringen. Sie hat eine Fürsorgepflicht für die Flüchtlinge“, betont die Referentin des NRW-Flüchtlingsrates.
Stadt sieht Fürsorgepflicht erfüllt und verweist auf Verlegungen
Die Stadt meint allerdings, sie komme dieser Fürsorgepflicht nach. Sie habe zudem viele Versprechen bereits umgesetzt: „Diejenigen, die am längsten dort untergebracht sind, werden im Rahmen verfügbarer Möglichkeiten in andere Einrichtungen verlegt. So sollen am heutigen Freitag insgesamt 30 Personen in die ehemalige Hauptschule in der Osterfeldstraße verlegt werden“, berichtet Anke Widow.
„In der nächsten Woche werden weitere 40 Personen in die ehemalige Hauptschule am Ostpark wechseln.“ Auch eine direkte Wohnungsintegration sei möglich. „Diese Maßnahme dient der Entzerrung der Belegungssituation. Verlegungen wurden auch zuvor schon umgesetzt; Das betraf bereits 17 Familien mit insgesamt 80 Personen.“
Stadt Dortmund sieht viele ihrer Versprechen bereits umgesetzt
Aufgrund der von vielen Flüchtlingen geäußerten Kritikpunkte sind seitens der Stadt Verbesserungsmaßnahmen zugesagt worden. Hier einige der Punkte, die die Stadt als Beleg anführt:
- Austausch der Feldbetten: 80 Betten sind bereits ersetzt worden. Weitere 50 Betten werden sofort und der Rest so schnell wie möglich ausgetauscht.
- Durch das Sozialamt werden die regelmäßigen Sozialarbeiter-Beratungstermine in der Halle auf drei Termine pro Woche erhöht (MO, DI und Fr). Dort können auch Umzugswünsche angesprochen werden.
- Die Versorgung mit Mineralwasser auch außerhalb der Essensausgabezeiten wird kurzfristig durch PET-Flaschen umgesetzt.
- Die Hygienesituation in den Sanitäranlagen wird durch die Erhöhung der Reinigungsintervalle auf fünf mal täglich gesteigert.
- Das Sozialamt wird für die Dauer des Betriebes durch den Betreiber insbesondere bezogen auf die Punkte Ernährung, Getränke und Hygiene (WC und Sanitärbereiche) durch die Heimaufsicht regelmäßige unangemeldete Qualitätskontrollen durchführen lassen.
- Die Migrantenorganisation African Tide engagiert sich sehr im Bereich Dolmetscherdienste und sonstige unterstützenden Hilfen. Dazu zählen auch Fragen in Bezug auf Umzüge und Wohnungsintegration.
Die bisher geplanten Notunterkünfte in Dortmund:
- Adlerstraße (Innenstadt-West), 120 Plätze, in Betrieb
- Sporthallen Brügmann-Block, 300 Plätze, in Betrieb
- Hauptschule Osterfeld Eving, 180 Plätze, in Betrieb
- Bonifatius-Grundschule Scharnhorst, 60 Plätze, Start: Ende Februar
- Containerunterkunft Morgenstraße Brackel, 150 Plätze, Start: März
- Containerunterkunft Mergelteichstraße Hombruch, 300 Plätze, Start: März
- Hauptschule am Ostpark (Innenstadt-Ost), 120 Plätze, Start: Anfang Februar
- ehemalige Polizeiwache Hörde, 100 Plätze, Start: März
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