Bezahlbares Wohnen und damit auch der öffentlich geförderte Wohnungsbau sind eines der wichtigsten Themen der nächsten Jahre und Jahrzehnte. Das ist auch bei der DOGEWO ein großes Thema. Allerdings sinkt die Zahl der öffentlich geförderten und damit mietpreisgebundenen Wohnungen weiterhin rasant. Nur noch 20 Prozent des Bestands zählen dazu. Und mehr wird es auch nicht, macht das Unternehmen bei der Bilanzpressekonferenz deutlich. Denn es fehlt dem Unternehmen schlicht an Grundstücken. Die Stadt hat zwar Flächen, kann diese aber wegen der derzeitigen rechtlichen Konstruktion nicht (mehr) an die DOGEWO durchreichen. Daher mehren sich in der Politik die Stimmen, einen anderen Kurs einzuschlagen.
Trotz der Investitionen könnte die Zahl der Sozialwohnungen bis 2030 auf 13.000 sinken
Obwohl in den vergangenen Jahren schon ein dreistelliger Millionenbetrag in Sozialwohnungen investiert wurde, ist deren Zahl in Dortmund weiter im Sinkflug. Würde nicht mit öffentlicher Hilfe auch in den Bestand investiert, würde die Zahl der klassischen „Sozialwohnungen“ bis 2030 noch stärker sinken. ___STEADY_PAYWALL___
Nach jetziger Datenlage geht das Amt für Wohnen von einem Absinken von rund 23.000 auf 13.000 belegungs- und mietpreisgebundenen Wohnungen aus. Der Bestand an öffentlich geförderten Wohnungen belief sich zum 31. Dezember 2020 auf insgesamt 23.165 Wohnungen.
Die DOGEWO würde gerne bauen – doch an die städtischen Grundstücke kommt sie nicht ran. Das Problem: Als die DOGEWO noch eine 100-prozentige Stadttochter war, hatte die Stadt die Grundstücke durchreichen können – ohne einen Verkauf. „Inhouse-fähig“ ist das Zauberwort bei diesem Vorgang. Doch das kommunale Unternehmen wurde 1997 verkauft – an die Stadtwerke und die Sparkasse. Das Durchreichen der Grundstücke geht daher nicht mehr.
Das Wohnungsunternehmen müsste, wie alle anderen Markteilnehmer auch, die Grundstücke zu Marktpreisen von der Stadt kaufen. Damit wird aber – macht die DOGEWO deutlich – ein öffentlich gefördertes Bauen nahezu unmöglich. Denn die durchschnittlichen Neubaukosten inklusive Grundstückskauf summieren sich laut DOGEWO auf einen Mietpreis von elf Euro pro Quadratmeter. Doch im öffentlich geförderten Bauen sind die Mieten auf 6,40 Euro gedeckelt. Die fehlenden 4,60 Euro kann DOGEWO aber nicht erwirtschaften.
Stadtentwicklungsgesellschaft braucht „Ertragsfaktoren“, um Sozialwohnungen mitzufinanzieren
Das Thema ist nicht neu und seit Jahren wird daher darüber diskutiert, die städtischen Grundstücke in die stadteigene Dortmunder Stadtentwicklungsgesellschaft (DSG) zu überführen. Die DSG soll für die Stadt alle anfallenden Aufgaben im Bereich des Städtebaus und der Wohnungswirtschaft einschließlich aller daraus resultierenden Nebenaufgaben übernehmen. Im Klartext: Die könnte dann selbst verstärkt öffentlich geförderte Wohnungen bauen.
OB Thomas Westphal hat das Thema Wohnen zur Chefsache erklärt. Grüne und CDU nehmen ihn beim Wort und haben daher gefordert, Baugrundstücke an DOGEWO oder DSG zu übertragen, um endlich „verstärkt ins Bauen“ zu kommen. Der Ball liegt bei der Stadtspitze – der entsprechende Vorschlag dazu soll in Kürze vorliegen.
Die DOGEWO ist dabei nicht eingebunden, hätte aber durchaus Ideen, betont Geschäftsführer Klaus Graniki auf Nachfrage von Nordstadtblogger. „Wichtig ist, dass die Stadtentwicklungsgesellschaft als lebensfähige Gesellschaft aufgestellt wird. Es darf nicht nur mit der Erwartung verknüpft werden, dass sie nur Sozialwohnungen baut“, macht Graniki deutlich.
Konkret heißt das, dass in die GmbH nicht nur Grundstücke für Sozialwohnungsbau rein müssten, sondern auch Grundstücke und Immobilien, die Erträge bringen. Solche „Ertragsfaktoren“ seien wichtig, damit diese öffentlich geförderte Bauprojekte mitfinanzieren. Einfach formuliert wäre es eine zweite DOGEWO – aber als 100-Prozent-Tochter der Stadt.
Graniki: Die DOGEWO könnte der DSG als Auftragnehmer zur Seite stehen
„Das war immer mein Vorschlag, um wohnungspolitischem Anspruch gerecht zu werden und die Wünsche umsetzen. Dann müsste man Grundstücke einlegen, die Inhousefähig wären. So läuft es in anderen Städten“, berichtet der DOGEWO-Chef. Die planten und bauten dann das, was der jeweilige Stadtrat beschließe.
„Das haben wir nicht mehr zur Verfügung, was die DOGEWO angeht“, verweist Graniki auf den damaligen Verkauf, mit dem die Stadt die angeschlagene Tochter auf einen Sanierungsweg mit Stadtwerken und Sparkasse geschickt hatte. Daher müsse nun die Stadtentwicklungsgesellschaft ran. Sie könnte dann bauen – die Stadt wäre Bauherr und Eigentümer – wie ein normales Wohnungsunternehmen.
Dabei scheint es aber illusorisch, dass die Stadt eine vergleichbare Struktur aufbaut, wie sie die DOGEWO heute hat. Das wäre auch gar nicht nötig, verweist Graniki auf ein aktuelles Beispiel. Denn die Stadt könne sich dabei Dritter bedienen. „Mit wem sie das umsetzt, das wäre zu klären. Da könnte DOGEWO sicher Hilfestellung geben“, verdeutlicht Klaus Graniki.
Erfahrungen hatte man damit jüngst gesammelt. So hatte die DOGEWO an der Fuchteystraße in Huckarde im Auftrag der Stadt Wohnungen gebaut und an den Markt übergeben. Ein solches Konstrukt könnte sich die DOGEWO auch für die DSG vorstellen. „Das wäre sehr rund und unter dem Strich die Lösung, die nicht problembehaftet ist“, so Graniki.
Keine Rückkehr der DOGEWO zur Stadt – Diskussion um den Verkauf von Anteilen
Eine Rückkehr der DOGEWO selbst in den Schoß der Stadt kann sich deren Geschäftsführer nicht mehr vorstellen – dies sei „im städtischen Haushalt nicht darstellbar“. Durch den Verkauf 1997 habe sich die Stadt die entsprechenden Möglichkeiten, Spielräume und Werkzeuge aus der Hand genommen. Er hält den Weg für unumkehrbar.
Daher sei dies auch keine Option in der laufenden Diskussion zwischen Stadtwerken und Sparkasse. Derzeit hält DSW21 90 Prozent der Anteile – die Sparkasse nur zehn Prozent. Doch die Stadtwerke würden gerne ihren Anteil reduzieren. Doch ein Verkauf komme nur an die Sparkasse in Frage – nicht auf dem freien Markt, ist aus dem Stadtwerke-Konzern zu vernehmen.
„Die Gesellschafter kennen ihre Verantwortung. Beide Gesellschafter sind gut und langjährig verheiratet“, so Graniki. Doch entscheiden tue der Rat. „Wir halten uns aus der Diskussion raus.“
Verkauf der DOGEWO-Anteile ist nur ein Gedankenspiel
In der Politik ist man alarmiert: „Nach unserem Informationsstand bestehen aktuell keine konkreten Überlegungen und Planungen für einen Verkauf von Anteilen der DSW21 an der DOGEWO21. Es handelt sich hierbei lediglich um Gedankenspiele. Und diese Gedankenspiele sind nicht von der Politik angestoßen worden“, betonte jüngst die SPD-Fraktion in einer gemeinsamen Erklärung von Carla Neumann-Lieven (Aufsichtsratsvorsitzende der DOGEWO), Fraktions-Vize Franz Rüther und Fabian Erstfeld (Sprecher im Ausschuss für Beteiligungen und Liegenschaften).
„Für uns als Fraktion ist es wichtig, dass wir in Dortmund weiterhin einen leistungsfähigen kommunalen Anbieter am Wohnungsmarkt haben, der den Mieter*innen angemessene und bezahlbare Mietpreise bieten kann. Investitionen müssen daher zum Wohle der Mieter*innen und Mitarbeiter*innen erfolgen und auch die Themen Nachhaltigkeit und Klimaschutz im Auge haben – nicht aber maximales Gewinnstreben. Auch wollen wir, dass die Stadt und der Rat weiterhin ihren Einfluss bei der DOGEWO behalten.“
Mit Unwillen hat die Fraktion DIE LINKE+ die Gedankenspiele um einen Verkauf von Anteilen der DOGEWO an die Sparkasse aufgenommen. „Dass die gute Entwicklung bei unserem kommunalen Wohnungsunternehmen nun zu Begehrlichkeiten eines kapitalstarken Interessenten führt, erzeugt möglicherweise Verlockungen einzelner Vorstände bei DSW, denen man aber nicht nachgeben sollte“, meint Utz Kowalewski, Fraktionsvorsitzender von „Die Linke+“ im Dortmunder Stadtrat.
„Ich verstehe die Position der Sparkasse, die für ihre überschüssige Liquidität Negativzinsen vermeiden möchte und diese Liquidität in Form von Immobilienerwerben absichern möchte. Diese Position ist aber keine wohnungsmarktpolitische Position, sondern steht den wohnungspolitischen Zielen in dieser Stadt entgegen“, so Kowalewski. Auch wenn die Sparkasse sich in kommunaler Trägerschaft befinde, könne sie nicht in ein Unternehmen wie die DOGEWO investieren, ohne mit dieser Investition auch Renditeerwartungen zu verbinden.
Mieterverein fordert: DOGEWO darf nicht zum Spielball im „Konzern Stadt“ werden
„Darauf wird auch die Bankenaufsicht einen Blick haben. Höhere Renditeerwartungen gehen aber entweder zu Lasten des Personals, zu Lasten der Mieterinnen und Mieter, oder zu Lasten der Zukunftsfähigkeit des Unternehmens, indem dringende Investitionen in Themen wie Barrierefreiheit, Klimaanpassung oder Schaffung von bezahlbarem Wohnraum in Dortmund nicht in dem geplanten Umfang stattfinden“, fasst Kowalewski die Befürchtungen zusammen.
Das hat auch den Mieterverein Dortmund auf den Plan gerufen: Die DOGEWO dürfe nicht zum Spielball im „Konzern Stadt“ werden. „Die Pläne scheinen durch Interessenlagen auf Seiten der Stadttöchter Sparkasse und DSW21 begründet zu sein. Wie DOGEWO21 seine Rolle als mittelbar-kommunales Wohnungsunternehmen für bezahlbare und soziale Wohnungsangebote noch besser ausfüllen kann, spielt scheinbar bisher keine Rolle“, kritisiert Mietervereins-Geschäftsführer Tobias Scholz.
„Wir mussten in den vergangenen Jahren beobachten, wie DSW21 und Sparkasse Dortmund die jährlichen Gewinnerwartungen immer weiter erhöht haben. Dagegen spielte der Wohnungsneubau eine untergeordnete und völlig unzureichende Rolle“, stellt Scholz fest. Diese Lücken im kommunalen Wohnungsneubau konnten bisher mit der Stadttochter Dortmunder Stadtentwicklungsgesellschaft (DSG) nicht geschlossen werden.
„Die Zukunft von DOGEWO21 muss daher vor allem aus wohnungspolitischer Perspektive diskutiert werden. Die Wohnungen der DOGEWO21 dürfen kein Spielball im ,Konzern Stadt‘ sein. Stattdessen wäre es an der Zeit, um über eine Re-Kommunalisierung der DOGEWO zu diskutieren“, so Scholz.
Redaktionelle Anmerkung:
In einem weiteren Bericht werden wir über die eigentlichen Geschäftsbericht der DOGEWO für das vergangene Jahr berichten.
Mehr zum Thema bei nordstadtblogger.de:
https://www.nordstadtblogger.de/trotz-anstrengungen-fuer-sozialen-wohnungsbau-droht-die-zahl-der-sozialwohnungen-von-23-000-auf-13-000-zu-sinken/
Die Stadt Dortmund konnte mehr Geld für öffentlich geförderten Wohnungsbau geben
DOGEWO21 investiert und macht Gewinn – doch für bezahlbare Neubau-Projekte fehlen die Grundstücke
Reader Comments
Rahukoba Dortmund
Ich verstehe nicht, warum die Stadt nicht die Anteile an der DoGeWo21 nicht von den Stadtwerken übernehmen kann. Handelt es sich bilanztechnisch nicht nur um einen sog. Aktivpostentausch? Die Stadt hat derzeit Anteile an der DSW21 (Stadtwerke) als Aktivposten „Finanzanlagen“ in der Bilanz. Wenn deren Anteil nun an die Stadt übertragen würde, würde dieser Aktivposten reduziert und durch einen neuen Posten „Anteile an der DoGeWo21“ erhöht. Kann natürlich sein, dass steuerliche Fragen problematisch sind. Aber offensichtlich ist es dringend notwendig, Herrn Pehlke die Macht aus der Hand zu nehmen.
Die soziale Komponente beim Wohnungsbau im Blick haben (MdB Kurth besucht die DOGEWO)
Die soziale Komponente beim Wohnungsbau im Blick haben
Mit Alterspyramiden, Demografie und Rente kennt sich der Dortmunder Bundestagsabgeordnete Markus Kurth aus, denn der 55-Jährige Politiker ist rentenpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag. Facettenreich war dann auch der Austausch über wohnungs- und sozialpolitische Themen mit Klaus Graniki, Geschäftsführer des Dortmunder Wohnungsunternehmens DOGEWO21. Dabei stellten sich mitunter große Schnittmengen heraus.
„Gerade in Hinblick auf den demografischen Wandel ist es wichtig, dass bezahlbarer Wohnraum auch für Rentner*innen mit niedrigem Einkommen erhalten und geschaffen wird“, so Kurth. „Quartiere müssen noch stärker seniorengerecht, aber auch generell barrierefrei gestaltet werden.“ Darin sind sich beide Gesprächspartner einig. Klaus Graniki, seit 21 Jahren bei DOGEWO21, hat sich früh mit dem demografischen Wandel befasst und in dem kommunalen Unternehmen dazu einiges in Bewegung gesetzt. Er ist überzeugt, dass alle Möglichkeiten genutzt werden müssen, um es Mieter*innen zu ermöglichen, auch im Alter weiter in der liebgewonnenen Wohnung leben zu können. „Wir haben in Mengede und Löttringhausen große Bestände, die wir seniorengerecht umgebaut haben. Wir gucken hin, wo wir im Bestand Aufzüge an- und Barrieren abbauen können“, so Graniki. „Der Blick auf die Alterspyramide zeigt, dass der Bedarf vorhanden ist und wir das weiter ausbauen müssen.“
Auch soziale Gerechtigkeit ist Thema des Gesprächs. So erläutert Graniki, wo es bei der Novelle des Telekommunikationsgesetzes (TKG) hakt: „Bei dieser Novelle bleiben die auf der Strecke, die über kleine Einkommen verfügen – für sie wird der Kabelanschluss künftig teurer, da die von den Wohnungsgesellschaften mit Betreibern ausgehandelten Sammelverträge ab 2024 wegfallen und Verträge für den einzelnen Haushalt kostspieliger werden.“
Auf den Tisch kommen auch bundespolitische Themen: Wie kann Klimaneutralität erreicht und finanziert werden? „Ohne Fördergelder von Bund und Land wird diese Mammutaufgabe nicht zu bewältigen sein“, vermutet Markus Kurth. „Um den gesamten Gebäudebestand von DOGEWO21, also alle rund 2.500 Häuser klimaneutral zu bekommen, müssen wir bis 2045 rund 350 Mio. Euro investieren. Das geht sozialverträglich gar nicht ohne staatliche Fördergelder“, bestätigt Klaus Graniki.
Der Mietendeckel in Berlin, mögliche Enteignungen von Unternehmen oder der Verkauf kommunaler Wohnungsunternehmen in der Vergangenheit werden teils kontrovers diskutiert. „Wohin hat es denn geführt? Für die Mieter*innen in diesen Beständen haben sich die Umstände verschlechtert, Mieten sind gestiegen, die Unternehmen immer weiterverkauft worden. Die öffentliche Hand hat diesen wichtigen Sektor erst aus der Hand gegeben und versucht ihn jetzt mühsam wieder zu regulieren“, so Graniki. Beide sind sich einig, dass Dortmund mit der Belebung der Dortmunder Stadtentwicklungsgesellschaft (DSG) den Schritt in die richtige Richtung macht – um zusätzliche sozialverträgliche Quartiere und bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, die dann auch wieder dem demografischen Wandel Rechnung tragen.