Im Gespräch zum Thema „Impfen gegen Covid“: Über Ängste und Nebenwirkungen, von Freiheit und Solidarität

Vier Interviews, vier verschiedene Menschen. Ein Thema: die Impfung gegen das Coronavirus.

Text und Fotos von Leopold Achilles

Wir hatten auf unseren Social Media-Kanälen aufgerufen und ihr habt euch gemeldet: um mit uns über die Covid-Impfung zu sprechen. Hierzu hat sich unser Redakteur Leopold Achilles in der letzten Woche mit vier Menschen getroffen, die allesamt geimpft worden sind und darüber reden wollten. Der Wunsch nach Freiheit, nach Normalität. Ein Wunsch der wohl uns alle vereint, nicht nur Teresa, Annika, Silke und Sebastian. Sie alle konnte er in den letzten Tagen an der frischen Luft und mit Abstand treffen, und mit ihnen offen und ehrlich über die aktuelle Situation reden.

Junge Dortmunder*innen berichten über ihre Erfahrungen mit der Corona-Impfung

Als Medizinstudentin im praktischen Jahr hat Teresa bereits im Januar ihre erste Impfung gegen das Corona-Virus erhalten und ist inzwischen auch das zweite Mal geimpft. Für sie ist seitdem die Lebensqualität deutlich gestiegen, sagt sie. „Ich hab auf jeden Fall nicht mehr so große Angst mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren oder auch beim Einkaufen“. Von Leichtfüßigkeit im Alltag kann aber nicht die Rede sein, trotz Impfung. Das sagt auch Annika. ___STEADY_PAYWALL___

Annika ist Erzieherin in einer Kita in der Nordstadt.

Als Erzieherin hat sie seit über einem Jahr, seit dem Beginn der Pandemie in Deutschland, bei jedem Gang zur Arbeit mit ihren Gedanken zu kämpfen. „Kinder werden meistens nicht getestet, außer die Eltern sind schon positiv“, erklärt die 25-Jährige.

„Was wäre wenn?! Ist der Schnupfen schon Corona? Wir wissen es nicht! Jeder der Kinder hat, weiß, dass Kinder immer krank sind. Ja, wo ziehen wir jetzt den Strich?“, fragt sie sich. „Natürlich schicken wir Kinder, die Krankheitssymptome haben nach Hause, aber es gibt trotzdem die Regel: wenn nach 24 Stunden nichts dazu kommt, dürfen sie wiederkommen. Und da ist die Sicherheit einfach nicht gegeben, dass nicht doch ein Kind mit Corona kommt.“

Und es gab Fälle von Covid-19 in ihrer Einrichtung, erzählt sie weiter. „Sowohl bei Kindern als auch bei Kolleg*innen. Teilweise auch bei den Eltern, es war egal, wir hatten immer mal wieder jemanden der positiv war. Es war nie so, dass derjenige noch groß wen angesteckt hat. Und alle die positiv waren, sind auch ganz gut durchgekommen“, sagt sie.

Für Erzieherin Annika stand fest: „Sobald ich kann, lass ich mich impfen.“

Das Impfzentrum Dortmund in der Warsteiner Music Hall auf Phoenix-West ist betriebsbereit. Foto: Karsten Wickern
Dortmunder Impfzentrum in der Warsteiner Music Hall auf Phoenix-West. Foto: Karsten Wickern / Archiv

Sich ständig diese Gedanken zu machen belastet und, wie sie es selbst klar benennt: „Das ist eigentlich nicht Sinn der Sache, wenn man zur Arbeit geht“. Weiter erklärt Annika, dass ein paar ihrer Kolleg*innen sowie sie selbst zur Risikogruppe gehören.

„Die haben sich alle mehr Sorgen gemacht was passiert, wenn ich mich jetzt anstecken würde. Und das war einfach für mich der Grund, warum ich gesagt habe, sobald ich kann, lass ich mich impfen.“

Und so ist die junge Erzieherin aktuell mit einer Dosis von BioNTech/Pfizer geimpft. Die zweite soll im Mai folgen. Eigentlich wäre sie mit dem Mittel von Astra Zeneca versorgt worden, doch im Impfzentrum entschied man ganz spontan anders, erzählt sie.

Bei Silke ist es Astra Zeneca geworden und sie berichtet von einer gewissen inneren Unruhe und auch Angst bezüglich der Impfung, aber mehr auf Seiten ihrer Eltern als bei ihr persönlich. Das Thema „Hirnvenenthrombosen“ war zum Zeitpunkt ihrer bisher ersten Impfung bereits präsent. Zum Zeitpunkt unseres Gesprächs ist Silkes Impfung erst eine Woche her.

Vorteile des Impfschutzes überwiegen das geringe Risiko einer Hirnvenenthrombose

Silke studiert und arbeitet ehrenamtlich in der Obdachlosenhilfe.

„Ich bin sowieso mit dem Gedanken an die Sache ran gegangen, dass ich alles nehme. Also mir war das relativ egal, weil ich glaube, dass das Risiko größer ist, Corona zu bekommen als eine Hirnvenenthrombose“, sagt die 31-Jährige Studentin.

„Deswegen war es mir dann auch ziemlich wurscht, dass am nächsten Tag die Impfungen komplett ausgesetzt wurden, für unter 60 Jährige. Da haben sich dann nur meine Eltern große Sorgen gemacht und waren froh, dass ich eine Woche bei ihnen war, sodass sie mich beobachten konnten“, erzählt sie weiter.

Teresa wurde bereits im Januar mit BioNTech/Pfizer geimpft und hat auch Ihre zweite Dosis erhalten. Mit dem jetzigen Wissen über das Risiko der Hirnvenenthrombosen, besonders für Frauen, mit dem Impfstoff von Astra Zeneca, wäre es für Teresa wohl eine Impfung mit Bauchschmerzen geworden, überlegt sie. „Gerade als Medizinstudentin ist man ja nicht davon befreit, dass man auch sehr in sich hineinhört und auch einfach besser Bescheid weiß über manche Sachen und dann auch größere Sorge hat“, erklärt sie. Das Risiko der Thrombose auf der einen, aber auf der anderen Seite, meint sie „muss man sich auch die Statistik angucken und das Risiko ist sehr, sehr, sehr gering“.

Kopfschmerzen, Müdigkeit und andere Symptome: Wie waren die Nebenwirkungen?

Zum Impfstart in Dortmund steht der Impfstoff von Biontech zur Verfügung - aber nur in kleinen Mengen. Foto: Stadt Dortmund
Auch bei der Impfung mit dem BioNTech-Vakzin muss mit leichten Nebenwirkungen gerechnet werden. Foto: Stadt Dortmund

Silke berichtet, dass sie zwei Tage lang ziemlich erschöpft war. „Ich habe gemerkt, dass mein Körper arbeitet. Den Abend nach der Impfung hatte ich ziemlich Kopfschmerzen, aber da habe ich eine Aspirin genommen und dann ging das auch.“

Auch Annika, die Erzieherin, erzählt von Kopfschmerzen nach der Impfung mit dem Vakzin von BioNTech/Pfizer: „Ich hatte direkt nach der Impfung Kopfschmerzen, die waren am nächsten Morgen aber wieder weg. Ich bin schlafen gegangen und ich hab mich gefühlt als wäre nichts gewesen.“

„Im Endeffekt tat nur mein Arm sehr weh, insbesondere nach der zweiten Impfung“, beschreibt die Medizinstudentin Teresa ihre Erfahrung. „Ich war ein bisschen müde und mir war schlecht. Nicht so gravierend“ und „komplett unspektakulär, wie jede andere Impfung auch“ beschreibt die 26-Jährige es weiter.

Bei Sebastian, dem einzigen Mann in der Runde der Interviewpartner*innen, setzte die Impfreaktion etwa 12 Stunden nach der Spritze in den Arm ein, berichtet er. Er erzählt von Gliederschmerzen und Schüttelfrost in der Nacht nach der Impfung. Am Tag darauf blieb es bei Beschwerden an den Augen, wie man das vielleicht von einer starken Erkältung kennt. „Meine Augenbewegung, die tat weh. Aber das war für mich erstmal nicht ungewöhnlich und Stunden später habe ich mich für eine Ibuprofen 400 entschieden und war glücklich“, sagt Sebastian. „Und dann war es so, als ob nie was gewesen wäre“.

Rückkehr zur Leichtigkeit? „Ich bin weiter vorsichtig, aber entspannter.“

Die Erzieherin Annika erzählt, dass in ihrer Einrichtung inzwischen fast alle Mitarbeiter*innen geimpft worden seien. „Man merkt halt schon, dass so ein bisschen der Druck weg ist. Und das tut schon einfach gut. Das wünsch ich mir für alle!“, sagt die 25-Jährige.

Teresa studiert Medizin und ist aktuell im praktischen Jahr.

Sie sei immer noch genauso vorsichtig wie vor ihrer Impfung, sagt sie weiter. Sie trage immer noch, egal wo sie hingehe, ihre Maske. „Es ist jetzt auch nicht so, dass ich das auf die leichte Schulter nehme. Im Gegenteil. Aber man hat natürlich ein bisschen Sicherheit, wie bei einer normalen Grippeimpfung halt auch. Die kriegt man jedes Jahr und man ist geschützter.“

Dass sie dem Virus trotzdem noch ausgesetzt ist und ihn auch bekommen kann, ist ihr klar und sie hat die Hoffnung, dass, sollte sie ihn bekommen, es nicht so schlimm sein wird als ohne die Impfung. „Ich bin weiter vorsichtig, aber entspannter“, sagt sie.

„Generell freue ich mich auf die zweite Impfung und darauf, dass meine Eltern geimpft werden“, sagt Silke. „Das wäre mir eigentlich auch wichtiger gewesen als dass ich geimpft werde. Das ist jetzt ein schöner Zusatz, dass ich so früh geimpft werden konnte.“ Aufgrund ihrer ehrenamtlichen Arbeit in der Obdachlosenhilfe rutschte die Studentin der Literaturwissenschaften in der Priorität höher.

Teresa, die Medizinstudentin, freut sich auf das Zurückkommen der „Leichtigkeit“. „Ich freu mich, dass ich wieder ins Museum gehen kann, ins Theater gehen kann, wieder alle Freund*innen treffen kann.“

Sebastian: „Gemeinsam schaffen wir die Pandemie, alleine schafft sie niemand.“

Sebastian arbeitet aktuell in einem der vielen Testzentren.

Für Sebastian ist es besonders der Wunsch nach besseren Abläufen in der aktuellen Situation: „Dass wir wirklich alles,  was auf Lager ist, verimpfen! Wenn ich sehe, dass jeden Tag noch was liegen bleibt, dann ist das für mich noch nicht so der Masterplan. Da könnte mehr gehen“, sagt er.

Durch seine bisher einzige Erfahrung im Impfzentrum wünscht er sich auch dort bessere Abläufe und Beobachtung und führt ein Erlebnis von dort in unserem Gespräch an:„Mein Highlight war die geschätzte 70-jährige Seniorin, die, als ich sie auf den Abstand ansprach, zu mir sagte, „Mach nicht so ’ne Welle“. Was ich vom O-Ton schon sehr cool fand, weil wir uns ja genau da befinden: in einer Welle!“

Und dabei gehöre sie ja tendenziell mehr zur Risikogruppe als er, erzählt Sebastian weiter und lacht. Er spricht dahingehend weiter von einem fehlenden Verständnis, eben für Maßnahmen wie das Abstandhalten.

„Man kennt ja eigentlich diese typischen Nörgler, die es früher gab“, versucht er es zu deuten: „Hier ist Halteverbot! oder „Das müssen ’se aber so machen“, bringt er als Beispiel. „Man möchte sich eigentlich gar nicht in diese Reihe stellen, man wird aber ein Stück weit darein geschoben, von der Gruppe, die man eigentlich versucht zu schützen. Gemeinsam schaffen wir die Pandemie, alleine schafft sie niemand. Und die Solidarität ist es, was aufrecht erhalten bleiben muss“, schließt Sebastian.

 

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