Trauer um Friedrich-Wilhelm Herkelmann: Vorsitzender des Behindertenpolitischen Netzwerks mit 71 Jahren verstorben

Friedrich-Wilhelm Herkelmann: 1949 in Dortmund geboren, blieb er in der Stadt und engagierte sich über 50 Jahre für Belange und Rechte von Menschen mit Behinderung. Foto (2): Roland Gorecki/Stadt Do

Er öffnete viele Augen. Dort, wo es einem „normalen“ Menschen nicht immer leicht fiel, überhaupt etwas von den vielen Hindernissen zu bemerken. Wo für die Schritte funktionierender Beine Stufen keine Barriere darstellen. Kein Arm zittert, hält die Hand ein Glas. Wenn wir glaubten, alles sei bedacht, wird mal wieder ein ökologisch einwandfreies Gebäude in der Stadt geplant – doch nicht wirklich sahen, was anderen dort entgegensteht: dann kam Friedrich-Wilhelm Herkelmann und kratzte gerne und mit Leidenschaft an unseren Selbstverständlichkeiten, unermüdlich. Ließ uns bemerken, was bis dahin nie zuvor existierte: Dutzende an Hindernissen für jene, deren Glück es nicht war, dass die Welt allein für sie gebaut wurde. Für den Durchschnitt, die Mehrheit, für jene, die nicht „behindert“ waren.

Friedrich-Wilhelm Herkelmann: 2004 Bundesverdienstkreuz am Bande für sein Engagement

Das unermüdliche, bereichernde wie ehrenamtliche Engagement von Friedrich-Wilhelm Herkelmann blieb auch der  Stadt Dortmund nicht verborgen. „Sein ganzheitlicher Fokus auf die Menschen und ihre Bedürfnisse war vorbildlich“, erkennt OB Thomas Westphal an. „Friedrich-Wilhelm Herkelmann hinterlässt eine nur schwer zu schließende Lücke in unserer Stadtgesellschaft.“

Seit 1971 war er aktives Mitglied im Sozialverband Deutschlands (SoVD), den er als langjähriger Vorsitzender in Dortmund leitete. Bis auf Bundes- und Landesebene übernahm Friedrich-Wilhelm Herkelmann wichtige Funktionen innerhalb des sozialdemokratisch geprägten SoVD, der Berufsbildungswerke für behinderte Menschen sowie behindertengerecht ausgestattete Erholungszentren und Hotels betreibt.

Ab 1995 wirkte er, der sich stets durch seine Freundlichkeit wie Hilfsbereitschaft auszeichnete, in der Jugendarbeit des FIMITIC (Internationaler Verband körperbehinderter Menschen) e.V. mit, in dem er mehrere Jahre als Vizepräsident, später als Präsident tätig war. Im Februar 2004 wurde ihm das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen.

„Normal“ sind alle Menschen: Sich einsetzten für jene, die abseits des Gewöhnlichen vergessen werden

Innerhalb Dortmunds prägte Friedrich-Wilhelm Herkelmann seit 2006 die Behindertenarbeit als Mitbegründer und Vorsitzender des Behindertenpolitischen Netzwerks der Stadt Dortmund. Er setzte sich stets und unermüdlich für Barrierefreiheit und die so unerlässliche soziale Teilhabe von Menschen mit Behinderung ein.

Juni 2020: Verleihung der Ehrennadel der Stadt Dortmund an Friedrich-Wilhelm Herkelmann

Besondere Projekte waren u.a. die flächendeckende Erschließung des Dortmunder Stadtbahnnetzes mit Aufzügen – viele Menschen, die jahrelang auf andere Stationen ausweichen mussten, werden ihm dafür dankbar sein. Ebenso engagierte er sich für die Barrierefreiheit von kulturellen Veranstaltungen und Veranstaltungsorten in Dortmund – z.B. Weihnachtsmarkt, Konzerthaus, Westfalenpark, Dortmunder Tierpark, Internationale Gartenausstellung im Jahre 2027.

Seit Jahrzehnten war Friedrich-Wilhelm Herkelmann beratendes Mitglied in den jeweiligen Planungs- und Bauausschüssen der Stadt sowie im Inklusionsbeirat, an dessen Gründung er maßgeblich beteiligt war. Weiterhin im kommunalen Gestaltungsbeirat, im Beirat für Nahmobilität sowie im begleitenden Arbeitskreis des Masterplans Mobilität.

Durch sein großes Engagement im sozialen Bereich hat sich Friedrich Wilhelm Herkelmann – humorvoll wie offen – besonders um die Dortmunder Bürger*innen, aber auch für die Stadt Dortmund verdient gemacht. Die Ehrennadel der Stadt Dortmund wurde ihm dafür am 29. Juni 2020 vom damaligen Oberbürgermeister Ullrich Sierau verliehen.

Dem Behindertenpolitischen Netzwerk wird er mit seinem Fachwissen wie seiner Erfahrung fehlen. Und all jenen Erkundungsbedürftigen, denen die Welt des Gewöhnlichen nicht genügt, sondern die unterschiedslos die Bedürfnisse aller Menschen im Blick haben.

 

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