Themenheft „Heimat Dortmund“: Der Journalismus in unserer Stadt – seine Geschichte, Gegenwart und Herausforderungen

Vorstellung der neuen Ausgabe von „Heimat Dortmund“ über das Thema Lokaljournalismus. Von links: Dr. Astrid Blome (Direktorin Institut für Zeitungsforschung), Dr. Stefan Mühlhofer (Geschäftsführer Historischer Verein und Geschäftsführer der Kulturbetriebe) und Adolf Miksch (Vorsitzender des Historischen Vereins). Fotos: Joachim vom Brocke

Von Joachim vom Brocke

Mit dem Lokaljournalismus befasst sich das neue Themenheft „Heimat Dortmund“ auf 48 Seiten. Herausgeber ist der Historische Verein und das Institut für Zeitungsforschung in Verbindung mit dem Stadtarchiv. Anlass: Vor 250 Jahren, man schrieb das Jahr 1769, erschien die erste gedruckte Zeitung in der Stadt. Doch 250 Jahre später sieht die Situation anderes aus. Viele gedruckte Zeitungen in Deutschland kämpfen inzwischen um das wirtschaftliche Überleben; auch Dortmund blieb vom Aderlass der Medienunternehmen nicht verschont.

Einblicke in Dortmunder Pressegeschichte

Das Autorenteam gibt im ersten Teil interessante Einblicke in die Dortmunder Pressegeschichte. Was war in den ersten Pressemeldungen im 17. Jahrhundert über Dortmund zu lesen? Wenig! Am meisten Aufsehen erregte 1651 ein „Mirakel“, als am Nachthimmel zwei Lichter aufleuchteten, die als Wunderzeichen interpretiert wurden. So druckte das Wochenblatt 600 Exemplare, die Stadt hatte damals 6100 EinwohnerInnen. ___STEADY_PAYWALL___

Nazis beschlagnahmten Dortmunder General-Anzeiger

Historische Dortmunder Zeitungen werden vom 18. Jahrhundert bis in die NS-Zeit vorgestellt. 1769 war es Herausgeber Gottschalk Died(e)rich Baedeker. Mit dem Dortmunder Wochenblatt gab später Christian Leonhard Krüger die erste „richtige“ Lokalzeitung heraus. Ein Verkaufsschlager soll der folgende Westfälische Anzeiger von Arnold Mallinckrodt gewesen sein, nach dem die Mallinckrodtstraße in der Nordstadt benannt ist.

Eine der größten Zeitungen in der Weimarer Republik war der Dortmunder General-Anzeiger, gegründet vom Redakteur Karl Richter und dem Verleger Friedrich Wilhelm Ruhfus. Ein linksliberales Blatt, in dem später auch die Verlegerfamilie Krüger einstieg.

Der Titel der neuen Ausgabe von „Heimat Dortmund“

Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten veröffentlichte der Dortmunder General-Anzeiger zu Hitlers Geburtstag am 20. April die Zeitung eine Karikatur auf der Titelseite. Die Folge: Die Zeitung wurde von der NSDAP beschlagnahmt, das Betriebsvermögen eingezogen. Als „Westfälische Landeszeitung – Rote Erde“ wurde das Blatt weitergeführt. Als Nachfolgezeitung verstand sich die Westfälische Rundschau, seit 1946 mit dem Untertitel Dortmunder General-Anzeiger.

Internet macht Tageszeitungen zu schaffen

Der zweite Teil greift aktuelle journalistische Diskussionen auf. Während die Altvorderen Buchstaben für Buchstaben aneinander reihten (erst viel später gab es schnelle Setzmaschinen, später Lochstreifen) spiegelt sich heute der Lokaljournalismus in Zeitungen, Blogs, Online-Portalen ab.

In den 70er und 80er Jahren war bei den BürgerInnen die Tageszeitung gefragt. Besonders der Lokalteil und vor allem der Lokalsport waren gefragt. Für die Fachressorts waren die Kolleg*innen vom Lokalen meist nicht so wichtig. Doch Trends wechseln schnell.

Im Jahr 2000 waren Journalisten gefragt, immer mehr wurden eingestellt. Doch das war nur von kurzer Dauer. Das Internet wuchs und wuchs. Die Lokalzeitungen bekamen immer mehr Konkurrenz. Die Verleger, bislang an wachsende Umsatzzahlen gewöhnt, sparten auf einmal, wo sie nur konnten. Stellen wurden gestrichen oder ganze Ausgaben geschlossen, wie in Dortmund 2013 die Westfälische Rundschau und WAZ. Sie gibt es in Dortmund zwar noch als Titel, doch der Lokalteil wird von den Ruhr-Nachrichten zur Verfügung gestellt.

Blogs bieten Lesestoff ohne Bezahlschranken

Das Internet machte es möglich, eigene Ausgaben auf den Markt zu bringen. Die Nordstadtblogger gehören dazu, auch der Kulturblog Ars Tremonia. Beides Projekte, deren Inhalte alle interessierten Bürger*innen kostenlos lesen können. Im Gegensatz dazu gelten bei den großen Verlagen Bezahlschranken: sie liefern einen Appetithappen – wer mehr lesen und wissen möchte, muss bezahlen.

Die verschiedensten Modelle werden diskutiert. Untersuchungen haben gezeigt, dass junge Menschen kaum noch Interesse an der Lektüre einer Tageszeitung haben. Leser*innen so ab 50 Jahre aufwärts schätzen nach wie vor die druckfrische Zeitung morgens auf dem Frühstückstisch. Es werden immer weniger. Leider.

Die historischen Beiträge im Themenheft „Heimat Dortmund“ haben Astrid Blome (Institut für Zeitungsforschung) und Oliver Volmerich (Ruhr-Nachichten) verfasst, über das Online-Portal berichtet Andrea Ammendola von der Universitäts- und Landesbibliothek Münster. Die Stellungnahmen zum aktuellen Lokaljournalismus stammen von Wiebke Möhring (TU Dortmund, Institut für Journalistik), Anke Vehmeier (Bundeszentrale für politische Bildung) und Thomas Engel (Nordstadtblogger).

Weitere Informationen:

  • Stefan Mühlhofer, Geschäftsführer des Historischen Vereins für Dortmund und die Grafschaft Mark und Geschäftsführender Direktor der Kulturbetriebe, teilte mit, dass es sich bei dieser Ausgabe um das letzte Heft aus dem Klartext-Verlag handelt. Die weiteren Ausgaben werden vom Verlag Aschendorf aus Münster herausgegeben.
  • Einige der alten Dortmunder Ausgaben sind in einem nordrhein-westfälischen Internetportal abrufbar: www.zeitpunkt.nrw
  • Themenhefte gibt es u.a. in Buchhandlungen zum Preis von 5 Euro zu kaufen.

 

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„Dröge Zeiten: Ein Jahr westfälische Medien-Einfalt“ – Diskussionsrunde zum Lokaljournalismus

Serie „Lokaljournalismus“ (2): Medienkonzentration, Abschied der Zeitung, Krise – droht Nivellierung lokaler Pressearbeit?

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