Von Alexander Völkel und Thomas Engel
Die geplanten Veränderungen auf dem ehemaligen Werksgelände von Hoesch Spundwand (HSP) gehören zu den größten städtebaulichen Planungen der kommenden Jahre. Die Idee, dort die Fachhochschule Dortmund anzusiedeln – Projektname „Smart Rhino“ -, wird immer konkreter: eine positiv ausgefallene Machbarkeitsstudie liegt auf dem Tisch. Damit wird die Frage der verkehrlichen Anbindung ebenfalls konkreter. Denn allein 14.000 Studierende müssten das Gelände erreichen. Über das Wie – darüber wird in kommunalen Gremien gestritten. Ebenso wie um den Stellenwert einer stärkeren Einbettung des Dortmunder Flughafens in das Verkehrsnetz.
SPD-Vorschlag: Die H-Bahn von der Uni über das HSP-Gelände bis in den Hafen verlängern
Dies ist derzeit auch Thema in den Fachausschüssen und betroffenen Bezirksvertretungen. Denn das neue Stadtquartier – sollte es Realität werden – soll 50 Prozent weniger Autoverkehr haben als ein traditionelles Quartier. ___STEADY_PAYWALL___
Wenn es nach der SPD und ihrem OB-Kandidaten Thomas Westphal ginge, soll das neue Rückgrat neben der Radinfrastruktur die H-Bahn werden, die bislang nur im Bereich der TU Dortmund zwischen Nord und Süd unterwegs ist und die dortigen Areale verbindet.
In den nächsten fünf Jahren will Westphal die H-Bahnstrecke deutlich verlängern. Zum Ersten soll Barop angebunden werden. Zum Zweiten will der städtische Wirtschaftsförderer den Uni-Campus und das Technologiezentrum mit dem möglichen neuen Standort der Fachhochschule an der Rheinischen Straße und dem digitalen Quartier am Hafen verknüpfen.
Weitere Strecken zur Kokerei Hansa und auf die Westfalenhütte sollen geplant werden. Auf diesem Weg will der OB-Kandidat der SPD die neuen Zukunftsstandorte der Stadt mit einer „hervorragenden Verkehrstechnik“ verbinden: „So wird die H-Bahn zur zukunftsträchtigen Klimabahn“, hatte er bei der Vorstellung seines Mobilitätskonzepts betont.
Grüne: Stadtbahn-Bypass zwischen Dorstfeld (U43) und Hafen (U47) als Alternative
Die Erschließung des Areals durch einen leistungsstarken Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) ist unstrittig. Aber die H-Bahn ist nicht unumstritten.
Dies wurde auch in der Bezirksvertretung Innenstadt-Nord deutlich. Dort warfen die Grünen die Frage auf, ob man nicht auch den Ausbau der Stadtbahn zur Erschließung des HSP-Areals und des Hafens prüfen könne.
Der Vorschlag ist ein Bypass für zwei zentrale Stadtbahnlinien: Zwischen der U 47 (Haltestelle Hafen) über das „Smart Rhino Zentrum“ bis zur U43 (Wittener Straße in Dorstfeld) soll eine Verbindung entstehen. Möglich wäre dies beispielsweise durch eine Verlängerung der Strecke U49, die als Kurzstrecke zwischen Hacheney und Hafen sonst an der gleichnamigen Station endet. Die Grünen hatten dies als Antrag formuliert und die BV aufgefordert, sich gegen die H-Bahn und für diesen Vorschlag auszusprechen.
Cornelia Wimmer (Linke und Piraten) winkte ab und meldete Beratungsbedarf an. Für eine Entscheidung brauche es deutlich mehr Informationen, ob die H-Bahn oder die verlängerte Straßenbahn-Linie besser sei. „Es wird ja hoffentlich eine starke Achse für den ÖPNV sein, weil ja eine erhebliche Menge an Menschen eine Beförderung braucht“, betonte sie in der BV. „Das kann man nicht einfach als Antrag beschließen.“
Kompromiss: Beide Alternativen sollen auf Kosten und Leistungsfähigkeit geprüft werden
Die SPD winkte ab – schließlich will die Partei eine Verlängerung der H-Bahn ins Hafengebiet erreichen. Konkrete Beschlüsse brauche es jetzt ohnehin nicht: „Das wird sich im Laufe der Zeit konkretisieren. Wir bringen das Vorhaben jetzt erst mal auf den Weg“, sagte Brigitte Jülich. „Ich gehe davon aus, dass zur Frage ob H-Bahn oder Straßenbahn noch mehrfach Vorlagen kommen werden.“
Die CDU fände den Grünen-Antrag „sehr sympatisch“, sagte Dorian Marius Vornweg. Denn die H-Bahn sei kein Erfolgsmodell. Straßenbahnen sind seit über 100 Jahren bewährt und im Unterhalt kostengünstiger“, betonte der CDU-Politiker.
David Grade (Linke und Piraten) sprach sich dafür aus, den Antrag umzuformulieren und die Stadtbahn-Verbindung prüfen zu lassen, ohne die H-Bahn wegzustreichen. Beide Möglichkeiten sollten geprüft werden.
Diesem Kompromissvorschlag konnte sich auch Andreas Urbanek (AfD) anschließen – als Prüfantrag könne er dem Ansinnen folgen. „Die H-Bahn ist vollkommen gaga. Sie ist ein interessantes Experiment, aber zur Massennutzung ungeeignet. Wir sollten lieber bewährte Verkehrsmittel ausbauen“, machte er seine Präferenz deutlich.
Antragsteller Mustapha Essati (Grüne) schwenkte ein und formulierte den Antrag seiner Fraktion als Prüfauftrag an die Verwaltung um. Die H-Bahn wollte er – anders als CDU und AfD – übrigens nicht verteufeln. „In Wuppertal funktioniert das ja auch einwandfrei. Ich sehe das als Alternative.“ Die U-Bahn-Verbindung sähe er daher nicht als Gegensatz, wolle aber detaillierter geprüft haben, welche Möglichkeiten die Stadtbahn biete. – Der Prüfauftrag wurde einstimmig beschlossen.
CDU stellt sich gegen Widerstand der Stadtverwaltung, Flughafenanbindung zu priorisieren
Parallel zu der aus Schutzmaßnahmen im Rathaus tagenden Nordstadt-BV werden einige Meter weiter im Ausschuss für Umwelt, Stadtgestaltung und Wohnen (AUSW) die Verkehrsanbindungen verschiedener Dortmunder Zentren mit größerer Aufenthaltsdichte aus gesamtstädtischer Perspektivik diskutiert. Anlass ist die Auseinandersetzung der Stadtverwaltung mit dem Regionalen Mobilitätsentwicklungskonzept für die Metropole Ruhr. Konkret: Für die Stadt Dortmund ist eine Stärkung der Anbindung des Dortmunder Flughafens an die City, anders als beim zuständigen Regionalverband Ruhr (RVR) favorisiert, „kein prioritär zu verfolgendes Modellprojekt“.
Vordergründig geht es bei der ablehnenden Haltung der Stadt um Fluggastzahlen wegen der Coronakrise und um rechnerisch inakzeptable Nutzen-Kosten-Faktoren. Doch völlig unabhängig von Effekten der Pandemie priorisiert die Verwaltung schlicht anders als in jenen verhangenen Strukturen, die für viele nur überflüssige „Ruhrkratie“ sind: „Im Rahmen der Stadtbahnentwicklung in Dortmund sind andere Streckenverlängerungen und Maßnahmen zur ÖPNV/SPNV-Förderung dringender zu verfolgen“, heißt es in Abgrenzung zum RVR.
Dass seitens der Stadt die Einbettung des Dortmunder Flughafens in das Verkehrsnetz – relativ zu beim RVR favorisierten Ankern der Mobilität – als weniger dringend erachtet wird, damit hat nun die lokale CDU ein Problem. Uwe Waßmann moniert für seine Partei, bekannt für ihre städteübergreifende Motivationen, dass in dem von der Verwaltung ausgearbeiteten Entwurf keine ausreichende Argumentation vorgetragen würde. Und, was dort angeführt wird, stellt er deshalb allzu gern infrage: bei zuletzt, als der Betrieb vor Corona noch lief, immerhin 2,7 Millionen Passagieren über den Flughafen.
Seine Fraktion erwarte, so der planungspolitische Sprecher der CDU, „vor dem Hintergrund veränderter Mobilität in den nächsten Jahren“ ein Mehr an „Gedanken zu einem Stadtbahnkonzept“ sowie eben zur ÖPNV-Anbindung an den Airport – und daher könnten die Christdemokraten die Verwaltungsvorlage gegen den RVR nur mit Einschränkung empfehlen.
„Was immer nach dem Flughafen dort seien wird, muss ja vernünftig angebunden sein“
Dem kann Monika Lührs (SPD) nur bedingt zustimmen: „Linien innerhalb der Wohnbevölkerung“ zu verlängern, also aus den Stadtbezirken heraus, das sei „vielleicht doch wichtiger als der Anschluss des Flughafens“. Langfristig aber müsse man über ein Gesamtkonzept nachdenken.
Für Matthias Dudde ist mit dem Haltepunkt Holzwickede „der ÖPNV schon sehr nah an den Flughafen herangeführt“. Über weitere Busverbindungen mag er nachdenken, die Notwendigkeit einer Schienenanbindung sehe seine Fraktion hingegen nicht.
Christian Gebel (Linke & Piraten) kann sich zwischen Wickede und Holzwickede im Osten Dortmunds wiederum einiges vorstellen – nur keinen Flughafen, den es dort gibt. Wenn die einzigen dort erzielten Gewinne aus den Parkplätzen herrührten, sei das mit der ÖPNV-Anbindung zwar schwierig, so Gebel, „aber, was immer nach dem Flughafen dort seien wird, muss ja vernünftig angebunden sein“.
Planungsdezernent Ludger Wilde: Anbindung anderer Strecken hat gegenwärtig Vorrang
Planungsdezernent Ludger Wilde stellt klar: Sicher, er ginge davon aus, dass der Flughafen nach Corona wieder Fahrt aufnehme. Doch es stünde ein Konzept des RVR infrage, in dem nun mal die Verbindung von Innenstadt zum Dortmunder Flughafen zum Modellprojekt erhoben würde.
Die Verwaltung hingegen habe mit der Beschlussvorlage deutlich zu machen versucht, dass sie andere Prioritäten setze. Seine Gründe sind, wenig überraschend, rein pragmatischer Natur.
Wegen personeller wie finanzieller Kapazitäten – also deren Überschaubarkeit – sei die Stadtbahn augenblicklich wichtiger.
Und nennt als Beispiele für (ob dessen erzwungene) kommunale Priorisierungen: die Verlängerung zur Westfalenhütte, wo es viel mehr Potential gebe, nämlich über 1.000 Beschäftigte. Dann müsse die (in der Nordstadt-BV debattierte) Stadtbahn bei Neuerschließung des HSP-Geländes neu gedacht werden.
Schließlich bestünde der Auftrag, die H-Bahn weiter zu entwickeln. Diese Strecken seien notwendiger als eine Anbindung des Flughafens. Was aber nicht bedeute, „dass man auf diese Strecke gänzlich verzichten kann“. Aber sie habe eben nicht erste Priorität.
Reader Comments
Pascal
Ich versteh nicht ganz was durch die Stadtbahn-Variante erreicht werden soll.
Zwischen Hafen und Unionsviertel/Wittener Straße kommt man heute schon gut umher. 5 Minuten bis Kampstraße, Umstieg, 5 Minuten bis Unionviertel oder halt 7 bis 8 Minuten bis Wittener. Natürlich sind 5 Minuten von dort bis Unionviertel schneller, aber rechtfertigen da keine 10 Minuten Ersparnis und eine neue Haltestelle wirklich eine solche Investition?
Wird das überhaupt genutzt? Es bringt ja wirklich ausschließlich was wenn man nördlich des Hbf startet, für alles andere ist die U43/44 Variante heute schon besser. Mit der U47 oder U41 von Norden kommend ist auch der Umstieg bei Kampstraße praktikabler. Es dient also ausschließlich Anwohnern an 3 Haltestellen die Richtung Dorstfeld wollen oder der Fahrt zwischen FH und dem neuen Gewerbegebiet. Es wird im Grunde nix neu erschlossen.
Die H-Bahn Variante ist mir deutlich sympathischer.
Sie verknüpft zwei Hochschulen, was Synergien ermöglicht. Sie bindet auch die TU an die S2, S4, U43, U44, U47 und U49 an – unabhängig von der Störanfälligen S1. Zusätzlich wäre auch der Campus Süd direkt erreichbar. Der Takt wäre flexibler als der klassische 10 Minuten Takt. Es ergäbe sich die Möglichkeit eine häufiger fahrende Campus Bahn zwischen FH und TU zu etablieren, was dann auch wieder die Verknüpfung der TU mit S2, S4, U43 und U44 erheblich verbessert.
Es ergäbe sich die Möglichkeit eine Abzweigung von der FH direkt zum Hbf zu bauen, welche nochmal die Anbindung der TU an den Hbf erheblich verbessern würde.
Des Weiteren würden 447 und 465 entlastet, wenn die Strecke bis zum Bushof verlaufen sollte, wobei Rahm und Kirchlinde damit auch schnell die TU erreichen könnten.
Dazu böte sich die Chance das System weiterzuentwickeln und zu verbessern, denn ich sehe in dem Konzept einen absoluten Lückenfüller zwischen U-Bahn (Straßenunabhängig, Staufrei) und Straßenbahn (günstig). Hat natürlich auch die Nachteile der U-Bahn (weiterer Weg zum Gleis, Keine Naherschließung) und Straßenbahn (langsamer), dafür auch den eigenen Vorteil der vergleichlos schnellen und einfachen Installation durch die Modulbauweise. Damit ist es aber beispielsweise für eine verknüpfende Ringbahn eine hervorragende Wahl. Dazu käme das System aus Dortmund, ergäbe damit wirtschaftliche Chancen.
Dazu ist die H-Bahn auch noch günstiger pro Kilometer und automatisiert.
(Ob sie auf dieser Strecke günstiger ist als die Stadtbahn Variante weiß ich nicht, immerhin ist die Stadtbahn-Strecke kürzer. Kosten-Nutzen sollten aber klar für die H-Bahn sprechen.)
Würde daher eindeutig zur H-Bahn tendieren.
Ich hab das übrigens auch mal durchgespielt, auch wenn mir klar ist dass weder die Streckenführung noch die Bedienung zu 100% so funktionieren. Ist auch eher ne Spielerei.
https://extern.linieplus.de/proposal/do-h-bahn-hbf-fh-uni/