Bericht und Kommentar von Alexander Völkel
„Kommunen sind der Ernstfall der Demokratie“ hatte Johannes Rau, ehemaliger Bundespräsident und NRW-Landesvater, einst gesagt. Hier werden Politik und ihre Auswirkungen für die Bürgerinnen und Bürger direkt greif- und spürbar – positiv wie negativ. Denn Kommunen erbringen viele Leistungen und müssen viele Aufgaben übernehmen. Entscheiden können sie darüber zumeist nicht – sie müssen in Land und Bund gefasste Gesetze und Regelungen ausführen. Doch refinanziert wird das viel zu häufig nicht. Das Konnexitätsprinzip („Wer die Musik bestellt, muss sie auch bezahlen“) wird viel zu oft verletzt – die mitunter klammen Kommunen bleiben auf den Kosten sitzen. Im Ruhrgebiet potenzieren sich damit die ohnehin schon großen Probleme.
Eiskirch: „Wenn der Bund Gesetze macht, muss er auch die Entlastungen darstellen“
Ruhrgebietskommunen haben vieles gemeinsam – vor allem Probleme. Wie kaum eine andere Region in Deutschland hat der „Pott“ unter dem Strukturwandel gelitten. Doch Bund und Land machen sich zumeist einen schlanken Fuß, wenn es darum geht, verursachte Kosten zu begleichen. Die Verpflichtung einer staatlichen Ebene, für finanziellen Ausgleich zu sorgen, wenn sie Aufgaben an eine andere Ebene überträgt, wird viel zu oft ignoriert.
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Entsprechend deutlich ist die Kritik der Kommunen. Besonders groß ist die Einigkeit der Ruhrgebietsstädte. Beim gemeinsamen Treffen der Verwaltungsvorstände von Bochum und Dortmund war dies daher auch ein Hauptthema. Die Kritik an Bund und Land wurde dabei erneut mehr als deutlich artikuliert.
Altschuldenproblematik, Übernahme der Kosten für die Flüchtlinge oder das neuste Beispiel das Angehörigen-Entlastungsgesetz…. „Die Sensibilität beim Bund ist sehr überschaubar, wenn es um das Konnexitätsprinzip geht“, ärgert sich Dortmunds OB Ullrich Sierau. „Das fordert uns immer wieder heraus.“ Dabei geht es nicht um die Beschlüsse und Inhalte an sich, so auch beim „Angehörigen-Entlastungsgesetz“, welches die Kosten, die beispielsweise von Kindern für die Unterbringung der Eltern in Pflegeheimen übernommen werden müssen, begrenzt. Künftig gibt es eine Einkommensgrenze von 100.000 Euro.
„Inhaltlich finden wir das gut, dass es auf den Weg gebracht wird. Aber die Kommunen bleiben auf dem Geld sitzen, wenn Angehörige nicht mehr zahlen“, macht Bochums OB Thomas Eiskirch deutlich. „Wenn der Bund solche Gesetze macht, muss er auch die Entlastungen darstellen.“ Eine klare Zusage zur Übernahme der Kosten durch den Bund gebe es nicht.
Scharfe Kritik: „Das Land NRW lässt uns inhaltlich wie auch finanziell alleine“
Ein ähnliches Spiel bei den Kosten zur Unterbringung von Geflüchteten. Landesweit hätten die Kommunen sehr große und erfolgreiche Anstrengungen unternommen, Flüchtlinge unterzubringen. „Wir sind dabei, die Integrationswege so zu gestalten, dass wir es gut hinbekommen“, so Eiskirch.
Nur das mit den Kosten bekommen die Kommunen nicht hin. Denn das Land gibt die Bundesmittel nicht in vollem Umfang weiter. Zudem sind die zugesagten Mittel nicht kostendeckend. Das macht auch ein vom Land in Auftrag gegebenes Gutachten deutlich.
Das Ergebnis der GutachterInnen: „Im ländlichen Raum ist es ein bisschen zu wenig und in urbanen Räumen viel zu wenig“, so Eiskirch. Im Klartext: Es gibt eine große Spanne. Während in kleinen ländlichen Städten rund 150 Euro pro Jahr und Flüchtling fehlen, sind es in großen Städten wie Bochum oder Dortmund 3.000 bis 3.500 Euro pro Mensch und Jahr.
Das Gutachten liegt seit über einem Jahr auf dem Tisch. Doch das Land macht nichts und schiebt das Thema zum Landkreistag. Die Kommunen sollten sich einigen. Einen Vorschlag vom Land dazu gibt es nicht. Ein noch größeres Problem ist die Nicht-Übernahme der Kosten für Geduldete. Hier werden die Kosten nach drei Monaten überhaupt nicht mehr übernommen, obwohl die Menschen ja nicht weg sind und die Kommunen auch in Sachen Abschiebung bzw. Rückführung auch nichts unternehmen können – das ist eine Bundesaufgabe.
„NRW ist das einzige Land, dass bei der Finanzierung der Geduldeten so verfährt. Man lässt uns inhaltlich wie auch finanziell alleine“, ärgert sich Eiskirch. „Auch da duckt sich das Land weg und es wird immer problematischer.“ In den Ruhrgebietsstädten, die ohnehin schon unter Altschulden ächzen, potenziert sich das Problem.
Allein Dortmund hat in vier Jahren 165 Millionen Euro für Flüchtlinge ausgegeben
Um welche finanziellen Dimensionen es geht, macht Dortmunds Sozialdezernentin Birgit Zoerner deutlich. Allein im vergangenen Jahr 2018 hat die Stadt Dortmund rund 30 Millionen Euro für Flüchtlinge investiert, davon 18 Millionen Euro allein für Geduldete, wo die Kommunen die Kosten selber zu tragen haben. In Bochum sind das ungefähr 12 Millionen Euro.
Rund 165 Millionen Euro hat die Stadt Dortmund in den vergangenen vier Jahren zur Bewältigung rund um das Thema Flüchtlinge aus kommunalen Mitteln aufbringen müssen. Nur 38,48 Prozent der gesamten Kosten wurden refinanziert. Bei den Kosten der Geduldeten waren es sogar weniger als zwei Prozent.
„Das kann bei einer nationalen Aufgabe nicht richtig sein. Dass die Kommunen die Integration leisten, ist klar. Und die Kommunen machen dabei einen guten Job. Dass sie das zu großen Teilen selber bezahlen sollen, ist nicht nachvollziehbar. Die Kosten müssen zu 100 Prozent von Land und Bund getragen werden, so wie in anderen Bundesländern auch.“, so die Sozialdezernentin.
Das i-Tüpfelchen: Nicht nur, dass die Kosten für Geduldete nicht refinanziert werden, für die Berechnung der Aufnahmequote werden Geduldete ebenfalls nicht mehr berücksichtigt: „Das Land tut so, als wären die Menschen nicht mehr da“, kritisiert Zoerner.
Das führt dazu, dass die Stadt nach dem Flüchtlingsaufnahmegesetz (FlüAG) weitere Geflüchtete aufnehmen muss. Die Stadt Dortmund erfüllt diese Quote aktuell zu 95,63 Prozent (90 Personen unter Soll).
Dabei wird die Quote der Wohnsitzauflage von der Stadt Dortmund schon mit 225 Prozent übererfüllt (5.810 Personen über Soll). „Es gibt zwei Quoten, die nicht kompatibel sind. Das ist offenkundiger Blödsinn. Wir brauchen eine einheitliche Quote, in der alle Geflüchteten abgebildet sind“, fordert Zoerner.
Land NRW blockiert eine Lösung beim Altschulden-Tilgungsfond für Kommunen
Diese Thematik belastet Städte mit Altschulden besonders. Auch hier blockiert das Land eine Lösung – besonders fatal für die Ruhrgebietsstädte, die unter besonders hohen Altschulden aus den Jahrzehnten des Strukturwandels leiden.
So hat allein die Stadt Dortmund rund 1,5 Milliarden Euro Liquiditätskredite laufen – abgesehen von langfristigen Krediten für Investitionen, die dort noch „on Top“ kommen. Somit machen die nicht refinanzierten Kosten der Flüchtlingsthematik rund zehn Prozent der Kassenkredite aus, rechnet Stüdemann mit Blick auf die 165 Millionen Euro Kosten vor.
„Diese Dinge hängen miteinander zusammen – wegen einer NRW-eigenen Regelung, die es in keinem anderen Bundesland gibt“, kritisiert der Stadtdirektor. „Es ist schon sehr schändlich, wenn – egal welche Landesregierung – sich wegduckt, aber keine Entscheidung trifft“, sagt Stüdemann mit Blick auf eine Möglichkeit der Entlastung der Kommunen bei den Altschulden.
Denn 75 Prozent aller Schulden von deutschen Kommunen entfallen auf NRW. Der Bund hatte (wie berichtet) vorgeschlagen, Zins und Tilgung zu übernehmen, wenn dies die jeweiligen Bundesländer im gleichen Maße tun. Doch auch hier macht NRW keine Anstalten, um den Kommunen zu helfen. Dabei hatte das Bündnis „Für die Würde unserer Städte“ einen praktikablen Vorschlag gemacht, wie das Land durch die Einsetzung der bisherigen Stärkungspaktmittel seinen Anteil am Altschuldentilgungsfonds finanzieren könnte.
Doch auch hier reagiert das Land nicht. „Das Zeitfenster beim Bund ist kein endlos großes und eine Lösung würde den Kommunen viele Sorgen nehmen“, verdeutlicht Stüdemann. „Wenn das Zeitfenster an uns vorüber geht, wird es so schnell keine zweite Chance geben.“
KOMMENTAR: Das ist echte Staatsgefährdung
Das Verhalten von Bund und vor allem vom Land NRW in Sachen Kommunalfinanzen ist sträflich. Diese staatlichen Ebenen lassen – aus Ignoranz, Unwissenheit, Entscheidungsschwäche, Inkompetenz oder wahltaktischen Erwägungen – die überschuldeten Kommunen im Regen stehen.
Allen Beteiligten ist klar, dass die betroffenen Kommunen auch in Generationen nicht aus eigener Kraft das Altschulden-Problem lösen können. Die Gefahr von steigenden Zinsen hängt wie ein Damoklesschwert über den Städten und Gemeinden. Sollten die Zinslasten steigen, bricht das vielen Ruhrgebietskommunen das Genick.
Schon jetzt vergammelt vielerorts die Infrastruktur, weil die Städte überschuldet sind und nicht mehr investieren können. Geschlossene Schwimmbäder und Kultureinrichtungen, marode Straßen und Gebäude sowie fehlende Kita-, Schul- und Pflegeplätze sind nur einige der Folgen, die die BürgerInnen zu spüren bekommen.
Kommunen sind der viel beschworene „Erstfall der Demokratie“. Hier erleben die Menschen die Erfolge oder auch das Versagen des Staates. Das Festhalten an einer „Schwarzen Null“ auf Bundesebene ist nicht nur fragwürdig, sondern auch gefährlich. Vor allem, wenn der Haushaltsausgleich auf Kosten der unteren Ebenen erkauft wird. Der Bund muss endlich aufhören, Gesetze zu Lasten anderer Ebenen zu beschließen und sich dann dafür noch selbst ein gutes Zeugnis auszustellen. Diese Aufgaben müssen refinanziert werden. Alles andere ist eine Farce!
Das konzertierte Handeln bei Bund und Land in dieser Angelegenheit ist längst überfällig. Denn diese Probleme spielen vor allem „Rechts-außen“ in die Hände. Wenn die Kommunen unter Schulden ächzen und dann noch die Kosten für die Integration von Geflüchteten aufgebürdet bekommen, ist das Wasser auf die Mühlen (oder sinnbildlich besser Öl ins Feuer) der Rechtspopulisten. Sie schlachten das Versagen des Staates aus – Geflüchtete werden so zum Sündenbock.
In dieser Frage ist das Versagen offensichtlich. Um es in der Sprache des Ruhrgebiets zu sagen: Herr Ministerpräsident, kriegen Sie bitte endlich den Arsch hoch und reagieren Sie bei den Altschulden und den Kosten der Flüchtlingsunterbringung. Ansonsten gefährden sie – unabsichtlich oder vorsätzlich – den sozialen Frieden und die Zukunft der NRW-Kommunen. Und das wäre wirklich staatsgefährdend.
Von Alexander Völkel
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Reader Comments
Dorian Marius Vornweg
Wer bestellt muss auch bezahlen, ein Grundsatz dem niemand ernsthaft widersprechen kann, der im föderalen Miteinander von Bund, Ländern und Kommunen aber leider allzu häufig unbeachtet bleibt. Die Forderungen der kommunalen Ebene sind insofern begründet und nachvollziehbar. Schade nur, dass, für regelmäßige Leser*innen der Nordstadtblogger jedoch keineswegs überraschend, ausschließlich SPD-Stimmen zu Wort kommen – in dem Reigen vermisst habe ich allerdings den ansonsten hier omnipräsenten und omnikompetenten MdL Volkan Baran, wie konnte das passieren? Schade auch, dass wieder einmal der vielzitierte Strukturwandel als Wurzel allen Übels der Ruhrgebietskommunen herhalten muss. Über jahrzehntelange und noch immer anhaltende Misswirtschaft, Kirchturmdenken und Großmannssucht wird der Mantel des Schweigens gelegt. Im Grunde aber erwartbar, denn andernfalls müsste sich der begleitende Kommentar mit seiner distinguierten Forderung „kriegen Sie bitte endlich den Arsch hoch“ ja nicht nur an den Herrn Ministerpräsidenten, sondern auch an die lieben Genoss*innen in den Rathäuser des Ruhrgebiets richten.
Dortmunder SPD-Landtagsabgeordnete (Pressemitteilung)
Dortmunder SPD-Landtagsabgeordnete: „Wortbruch der Landesregierung von CDU und FDP bei der Integrationspauschale kostet Stadt Dortmund 6.097.268,52 Euro“
Der Bundestag hat in der letzten Woche die Fortsetzung der Integrationspauschale für 2020 und 2021 beschlossen. Dies bedeutet für NRW in 2020 insgesamt 151 Millionen Euro. Die Landesregierung weigert sich allerdings, dieses Geld an die Städte und Gemeinden weiterzugeben. Sie gefährdet damit die erfolgreiche Integrationsarbeit vor Ort.
Obwohl die Kommunalen Spitzenverbände auch eine Weiterleitung fordern, haben CDU und FDP einen entsprechenden Antrag im Haushalts- und Finanzausschuss des Landtags abgelehnt. Dadurch entgehen der Stadt Dortmund überschlägig gerechnet für 2020 rund 6.097.268,52 Euro.
Dazu erklären die Dortmunder SPD-Landtagsabgeordneten Volkan Baran, Anja Butschkau, Armin Jahl und Nadja Lüders :
„Durch das Vorgehen von CDU und FDP entgehen den Städten und Gemeinden 151 Millionen Euro. Dass die schwarz-gelbe Landesregierung abstreitet, dass es die Integrationspauschale in der bisherigen Form überhaupt gibt, ist nicht nur ein schlechter Scherz, sondern kostet uns bares Geld.
Damit brechen die CDU und ihr Landesvorsitzender Armin Laschet ein zentrales Wahlkampfversprechen zur Unterstützung der Kommunen. Die Leidtragenden sind die vielen Engagierten vor Ort, die nun auf keine finanzielle Unterstützung mehr zählen können.“
Aktionsbündnis „Für die Würde unserer Städte“ (Pressemitteilung)
Neujahrsappell an Ministerpräsident Laschet: „Den Worten müssen jetzt Taten folgen“
Das Aktionsbündnis „Für die Würde unserer Städte“ fordert Initiative des Landes zur zeitnahen Lösung des Altschuldenproblems mit Bund und betroffenen Kommunen.
Wann setzt Ministerpräsident Armin Laschet seine Zusage um und legt zeitnah mit dem Bund konkrete Vorschläge zur Lösung des kommunalen Altschuldenproblem gemeinsam mit den betroffenen Kommunen vor? Diese Frage stellen sich zu Jahresanfang die Verwaltungschefs und Kämmerer von bundesweit 70 Mitgliedskommunen mit neun Millionen Einwohnern im Aktionsbündnis „Für die Würde unserer Städte“.
Dazu die Bündnissprecher Oberbürgermeister Ulrich Scholten (SPD) aus Mülheim an der Ruhr, Oberbürgermeister a.D. Dr. Bernhard Matheis aus Pirmasens (CDU), Bürgermeister Dirk Glaser aus Hattingen (parteilos), Stadtdirektor und Stadtkämmerer Dr. Johannes Slawig aus Wuppertal (CDU) und Stadtdirektor und Stadtkämmerer Jörg Stüdemann aus Dortmund (SPD): „Wir setzen darauf, dass Nordrhein-Westfalen als Bundesland mit den meisten betroffenen Städten, Gemeinden und Kreisen vorangeht und das Angebot von Bundesfinanzminister Olaf Scholz annimmt, den für Kommunalfinanzen gesetzlich zuständigen Ländern mit Bundesmitteln beizustehen und die Hälfte der Liquiditätskredite in Höhe von derzeit 42 Milliarden Euro zu übernehmen. Die von den Gesetzgebern beim Aufbau unseres Sozialstaates weitgehend unverschuldet zur Aufnahme von Liquiditätskrediten getriebenen Kommunen werden sich selbstverständlich nach Kräften beteiligen.“
Das Aktionsbündnis wendet sich mit seinem dringenden Appell direkt an Ministerpräsident Laschet, weil er dem Aktionsbündnis vor einem Jahr schriftlich die Beteiligung des Landes am Abbau der Kommunalschulden zugesagt hat. Dazu die Bündnissprecher: „Wir zweifeln nicht, dass der Ministerpräsident Wort hält. Jetzt müssen den Worten Taten folgen.“
ver.di NRW (Pressemitteilung)
Außerordentliche Landesbezirkskonferenz fordert Landesregierung erneut zur Lösung der Altschuldenproblematik auf
Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) hat sich in Oberhausen auf ihrer 4. außerordentlichen Landesbezirkskonferenz in einer Resolution für eine Altschuldenlösung für NRW-Kommunen ausgesprochen. ver.di betrachtet die Altschuldenproblematik der nordrhein-westfälischen Kommunen schon seit langem kritisch und fordert die Landesregierung zum wiederholten Male zum Handeln auf.
„Die Kassenkredite der NRW-Kommunen sind in der Vergangenheit zwar gesunken, dies ist aber der guten wirtschaftlichen Lage geschuldet und kein Erfolg der Politik“, mahnte Gabriele Schmidt, Landesbezirksleiterin, ver.di NRW. „Der hohe Kassenkreditstand ist im Wesentlichen einer Unterfinanzierung der meisten Kommunen geschuldet. Geschaffen wurden die Probleme durch die Steuerpolitik seit dem Jahrtausendwechsel und die Übertragung von sozialen Aufgaben von Bund und Land auf die Kommunen.“
Daraus leitet Schmidt auch eine Handlungsaufforderung für die nordrhein-westfälische Landesregierung ab. Diese handele noch immer nicht und verweise beständig auf den Bund, statt Lösungsvorschläge zu unterbreiten.
Sabine Poschmann (MdB)
Poschmann fordert Unterstützung für Kommunen – „Städte und Gemeinden dürfen nicht auf Corona-Kosten sitzen bleiben“
„Die ohnehin prekäre finanzielle Lage vieler Kommunen wird in der Corona-Krise noch bedrohlicher“, erklärt die Dortmunder SPD-Bundestagsabgeordnete Sabine Poschmann und fordert umfangreiche Hilfen, um die Kommunen bei den Corona-bedingten Kosten zu entlasten. „Zudem ist jetzt der richtige Zeitpunkt, auch das Thema Altschuldenfonds nochmals auf die Agenda zu setzen. Wenn nicht jetzt, wann dann?“, fragt die Abgeordnete. „Die Kommunen müssen langfristig handlungsfähig sein und die Zukunft der Städte und Gemeinden aktiv gestalten können.“
Gemeinsam mit ihrem Wuppertaler SPD-Bundestagskollegen Helge Lindh habe sie eine Initiative gestartet, um der Debatte hinsichtlich der finanziellen Schieflage der Kommunen neuen Schwung zu verleihen und in der akuten Krise schnell Hilfe zu ermöglichen. „Alleine Dortmund drückt eine Altlast in Form von Kassenkrediten in Höhe von 1,5 Milliarden Euro. Durch sinkende Gewerbesteuereinnahmen und steigende Sozialkosten in der Corona-Krise verschärft sich die Situation weiter“, sagt Poschmann. Die Stadt Dortmund erwarte Fehleinnahmen in dreistelliger Millionenhöhe.
Finanzminister Olaf Scholz sei bereit, im Rahmen eines Altschuldenfonds den Kommunen Schulden in Höhe von 20 Milliarden Euro abzunehmen. „Nun ist es Aufgabe der Länder, ebenfalls Verantwortung zu zeigen und sich an dem Plan zu beteiligen“, erklärt die Dortmunderin mit Blick auf die zögerliche Haltung vieler Landesregierungen. „Unabhängig von den Altschulden brauchen die Kommunen Entlastung in der Krise. Sie dürfen nicht auf den Kosten, die ihnen durch Corona entstanden sind, sitzen bleiben!“