Von Joachim vom Brocke
„Ich denke, dass das ökumenische Gedenken zur Erinnerung an die Pogromnacht mehr zu Herzen geht als in den letzten 22 Jahren“, glaubt Pfarrerin Christel Schürmann von der Evangelischen Stadtkirche St. Petri: „Vor allem durch den öffentlichen Antisemitismus ist es wieder ein drängendes Thema“, unterstreicht die Pfarrerin.
Erinnerung an die Pogromnacht – Gedenkbild mit einigen Fotos und Namen
In der Petrikirche, im Herzen der Stadt, findet am kommenden Sonntag, 10. November, um 17 Uhr die Erinnerung an die Pogromnacht im November 1938 statt. Mit Erinnerungen, Stille, Gebet, Musik. Auf einer persönlichen Ebene wird an den 9. November 1938 und seine Folgen gedacht.
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Vier SchülerInnen einer 9. Klasse des Hörder Phoenix-Gymnasiums unter Leitung von Lehrerin Frauke Walkenhorst berichten dabei über das Schicksal der jüdischen Familie Stern aus Dortmund. Sie hatten sich im Unterricht mit dem Thema Nationalsozialismus befasst.
In der Mitte der Kirche gibt es vom 5. bis 10. November ein Gedenkbild zu sehen mit einigen Fotos und mit den Namen von DortmunderInnen, die am 29. April 1942 von Dortmund aus ins Ghetto Theresienstadt deportiert wurden. Darunter auch ein vermutlich heimlich aufgenommenes Foto vom Gang der jüdischen MitbürgerInnen in Richtung Bahnhof. „Wenn man diese lange Schlange von Menschen sieht, kann keiner sagen er hätte nichts darüber gewusst“, sagt Pfarrerin Schürmann.
Zeitzeugnis: Der gestiftete Thora-Zeiger der jüdischen Gemeinde tauchte 1987 wieder auf
In der Petrikirche ist ein großes Foto zu sehen, das die Dortmunder Synagoge nach Fertigstellung im Jahr 1900 zeigt. „Es handelte sich damals um die größte Synagoge in weitem Umkreis“, betont Sigrid Schäfer von der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit. Zerstört wurde das Gebäude von Oktober bis November 1938.
Außerdem ist darauf ein Thora-Zeiger zu sehen, den Isaak Stern 1930 der damaligen jüdischen Religionsgemeinschaft geschenkt hat. Eine Gravur weist darauf hin. Das Original ist auf dem Foto nicht zu sehen. „Über den Rabbiner der jetzigen Dortmunder jüdischen Kultusgemeinde haben wir das Foto eines Thora-Zeigers erhalten, der ungefähr so aussieht wie die Stiftung von Isaak Stern“, sagt Sigrid Schäfer.
Über Umwegen kam das Original zurück nach Dortmund. Vermutlich, so erklärt Schäfer, wurde der Thora-Zeiger 1938 gestohlen. Erst 1987 wurde er zufällig im Stadtmuseum Unna entdeckt und der Dortmunder jüdischen Kultusgemeinde zurückgegeben.
„Wir folgen den Spuren, auf die uns die Biographie-Bruchstücke führen“
Im Gedenken an die Opfer können bei der Feierstunde am Sonntag Kerzen angezündet werden. Sigrid Schäfer: „Wir folgen den Spuren, auf die uns die Biographie-Bruchstücke führen“. Die Suche nach weiteren Spuren aus jenen Jahren werde nicht aufhören.
Veranstalter des ökumenischen Gedenkens ist die Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit, die Evangelische Stadtkirche St. Petri sowie die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen. Musikalische Gestaltung: Annette Drengk, Orgel.
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