Von Carmen Körner
Rund 250 Menschen demonstrierten am Samstag (6. Juli 2019) in Dortmund im Rahmen einer bundesweiten Protestaktion der #SEEBRÜCKE gegen die Kriminalisierung von Seenotretter*innen und für die Schaffung von sicheren Fluchtwegen über das Mittelmeer. Momentan ertrinkt nach Angaben der Aktivist*innen jede sechste Person während des Fluchtversuchs über das Mittelmeer. Seawatch 3-Kapitänin Carola Rackete legte in Lampedusa (Italien) an, nachdem sie über zwei Wochen auf ihrem Rettungsschiff mit 42 Geflüchteten und ihrer Crew ausharren musste. Nach der Festnahme vor einigen Tagen wurde Rackete inzwischen wieder freigelassen. Dennoch drohen ihr möglicherweise mehrere Jahre Haft in Italien. Das Schiff SeaWatch 3 wurde beschlagnahmt.
Köster: „Dieser Notstand in der Seenotrettung ist Ausdruck einer tiefen Krise der Humanität in der EU“
„Der bittere Beigeschmack bleibt natürlich, denn das Rettungsschiff fehlt, da wo es am meisten gebraucht wird: auf dem Mittelmeer. Wir lassen uns die Seenotrettung nicht verbieten“, sagt Jochen von „Mission Lifeline“ als Sprecher auf der Demonstration.
Die Kundgebung der Seebrücken-Demonstration fand am Bahnhofsvorplatz statt. Das Banner mit der Auflistung aller bisher im Mittelmeer ertrunkenen Geflüchteten, das einige Tage an der Reinoldikirche hing, wurde auf den Katharinen-Treppen ausgebreitet.
„Die EU-Kommission und die Mitgliedsstaaten müssen endlich ihrer Verantwortung nachkommen, um das Sterben im Mittelmeer zu beenden“, forderte der heimische SPD-Europaabgeordnete Prof. Dietmar Köster. Stattdessen würde jedoch die Situation für Menschen auf der Flucht weiterhin verschlechtert. Seebrücke möchte daher ein sofortiges ziviles Seenotrettungsprogramm, sichere Häfen und sichere Fluchtwege.
Darüberhinaus verlangt Köster einen sofortigen Stopp der Finanzierung der „sogenannten lybischen Küstenwache, die die Flüchtlinge stoppen soll“. Vor allem so lange die Menschen dort unter menschenunwürdigen Bedingungen behandelt und gefoltert würden.
Joachim Spehl (Seebrücke Dortmund): „Europa, Deine Werte und Deine Würde, ertrinken im Mittelmeer. Deine Menschlichkeit verreckt in den Lagern Lybiens.“
„Flucht ist und bleibt Menschenrecht. Seenotrettung ist kein Verbrechen.“ Das findet auch Joachim Spehl von Seebrücke Dortmund. In seiner Rede an den Katharinentreppen brachte er dies sehr zum Ausdruck. Genau jetzt sei der Zeitpunkt, um den Notstand der Menschlichkeit auszurufen.
Die Demonstrant*innen waren fassungslos über das Hin- und Herschieben von Menschen, die vor Not, Elend, Krieg und Hunger geflohen seien – auf der Suche nach einem sicheren Leben. „Wir sind entsetzt über die Kriminalisierung von Menschen, die anderen Menschen das Leben retten“, so Spehl.
Anja Sportelli, ebenfalls bei der Aktion Seebrücke in Dortmund aktiv, brachte in ihrer Rede die Demonstrierenden auf den aktuellen Stand. Ulf Schlüter, Theologischer Vizepräsident der Evangelischen Kirche von Westfalen, solidarisierte sich auch mit der Seebrücken-Bewegung und bezog sich in seinem Wortbeitrag auf Nächstenliebe und die Bibel.
Die Arbeit von SeaWatch, Mission Lifeline und vielen anderen Nichtregierungsorganisationen, die sich inzwischen gebildet haben, sei genau die Art von Menschlichkeit, die angebracht sei im Umgang mit geflüchteten und traumatisierten Menschen. Völlige Verständnislosigkeit bildet sich nicht nur bei den Aktivist*innen, wenn genau diese Menschlichkeit seitens der Staaten kriminalisiert und sanktioniert wird. Mit der Freilassung von Carola Rackete sei nur ein kleiner Schritt in die richtige Richtung getan worden. Es bleibe ein langer Atem zu beweisen, so die Aktivist*innen.
Weitere Informationen:
- https://seebruecke.org/lokalgruppen/dortmund/
- https://mission-lifeline.de/
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