Von Joachim vom Brocke
Kirmes, Karneval, Schützenfeste – mit dieser Sonderausstellung befasst sich das Brauereimuseum an der Steigerstraße. Drei Treffpunkte, die untrennbar in einer Verbindung mit Bier stehen. Gezeigt werden viele historische Fotos und Objekte aus der langen Geschichte der Beziehung von Bierbrauerei und Volksfesten. Die Eröffnung ist während der „ExtraSchicht – Nacht der Industriekultur“ am Samstag (29. Juni).
Silberner Superpokal für Schützen, Karussell-Modelle, Orden und Ehrenzeichen
Zahlreiche Exponate und viele Bilder hat Museumsleiter Dr. Heinrich Tappe gesammelt und in einigen Vitrinen übersichtlich präsentiert. Ein Superpokal der einstigen Frankfurter Brauerei um 1920 gehört ebenso dazu wie Karussell-Modelle, die an alte Kirmeszeiten erinnern oder Orden und Ehrenzeichen.
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In unserem Raum bildeten sich die Strukturen der modernen Volksfeste seit dem Mittelalter heraus. Zu den Blütezeiten im 19. Jahrhundert gab es überall Kirchweih- oder Schützenfeste, Jahrmärkte oder Karneval. Die lokalen Brauereien und Wirte sorgten für die flüssigen Stimmungsmacher.
Später übernahmen die Großbrauereien die Lieferungen. Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts dominierten die Dortmunder Brauereien den Markt der Schützen- und Volksfeste im Revier ebenso wie in großen Teilen Westfalens. Heinrich Tappe: „Das gehörte zum Geschäft einfach dazu“.
Die Honoratioren in den jeweiligen Städten seien meist die Vorsitzenden der Traditionsvereine gewesen; bei manchen Großtreffen saß sogar der Vertreter einer Brauerei im Vorstand. Klar, er wollte „seine“ Marke den Kunden verkaufen. Die Geschäfte liefen prima.
Ohne elektrische Kühlung gab es für Stangeneis Extra-Behälter
Denn die Brauereien lieferten in jenen Jahren nicht nur das Bier, sie stellten auch die Infrastruktur des Getränkekonsums auf den Festen. Dazu gehörten Zapfanlagen, Krüge und Gläser, Biertische und -bänke sowie Kühlkisten für das Stangeneis, denn die elektrische Direktkühlung gab es damals noch nicht. Die Brauereien halfen den Vereinen bei Werbung und Organisation der Feste oder waren tatkräftige Sponsoren.
„Die Hochzeit dieses Engagements der Brauereien“, so ermittelte Dr. Tappe, „waren die Kirmessen, Jahrmärkte und Schützenfeste in den 1950er bis in die 1970er Jahre“. Alle Dortmunder Biermarken prangten damals auf den Werbeschildern.
Die Ritter-Brauerei zum Beispiel sponserte damals gerne Veranstaltungen im Raum Lütgendortmund oder die Stifts-Brauerei bevorzugte die Feiern in und um Hörde. Seit den 1990er Jahren, vor allem aber seit der Jahrtausendwende, geraten Schützenfeste, zumal in größeren Städten, zunehmend aus der Mode.
Alle Dortmunder Brauereien gehörten zu den großen Volksfesten dazu
Zugleich sinkt der Bierkonsum bei diesen Feiern. Während sich die Brauerei aus der Unterstützung dieser Feste nach und nach zurückzieht, muss sie sich bei den großen, absatz- und werbestarken Volksfesten mit erheblichen Mitteln als Sponsor einkaufen. So ändern sich die Zeiten.
Impressionen aus der langen Geschichte der Beziehung von Bierbrauerei und Volksfesten zeigt die neue Sonderschau. Präsentiert werden zahlreiche historische Fotoaufnahmen, so vom damaligen Vergnügungspark Fredenbaum.
Viele bunte Postkarten wurden zur Erinnerung verschickt oder gesammelt. Sogar die „Dame ohne Unterleib“ ist auf einem historischen Bild zu sehen.
Weitere Informationen:
- Die Sonderausstellung „Kirmes, Karneval und Schützenfeste“ ist vom 29. Juni bis 31. Dezember im Brauerei-Museum an der Steigerstraße 16 zu sehen. Der Eintritt ist frei.
- Das Brauerei-Museum dankt dem Schausteller-Museum Essen, der Hörder Bürgerschützen-Gilde, dem Stadtarchiv Dortmund, dem LWL-Medienzentrum für Westfalen und etlichen privaten Sammlern für die historischen Bilddokumente.