2019 ist ein Jahr der Wahlen – die Europawahl, vier Landtagswahlen und zehn Kommunalwahlen stehen an. Besorgniserregend dabei ist besonders die Rolle der AfD. Gerade auf die Europawahl blickt man gespannt, da das Ergebnis dieser Wahl sich auch in den Ergebnissen der anderen Wahlen widerspiegeln kann – man hat Angst vor einem Sogeffekt, einer weiteren Stärkung der AfD in der Politik. Was genau die AfD ist, und warum sie für viele so attraktiv ist, erklärte Alexander Häusler im AWO-Stadt Zentrum.
Dortmund und Deutschland: viele Menschen, viele Kulturen und manchmal auch viele Rechtspopulisten
Dortmund ist bunt und steht für Vielfalt und Demokratie – natürlich. Trotzdem ist auch in Dortmund die Neonazi-Szene stark ausgeprägt. Ein Widerspruch? Nein. In Deutschland gehe ein braunes Gespenst rum und man müsse sich klarmachen, dass sich etwas verändert. Aber nicht nur in Dortmund oder in Deutschland. Auch in Europa.
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Deutschland hat über die rechte Seite einen neuen Player – die AfD. Und es ist auch sicher, dass sie in das Europaparlament einziehen und sich auch dort einiges verändern wird. „Die AfD ist längst kein Randphänomen mehr, sondern ist in das politische Machtzentrum eingedrungen“, sagt Alexander Häusler, Sozialwissenschaftler, Autor und wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fachschwerpunkt Rechtsextremismus und Neonazismus an der Hochschule Düsseldorf.
Trotzdem ist es nicht nur die AfD, die einen rechten Kurs fährt. Es entwickelt sich schon seit längerer Zeit eine anhaltende rechte Zersplitterung im EU-Parlament. So die EKR, die EFDD und die ENF. Besonders die ENF würde das neue Rechtsaußen bilden und könne zu einem attraktiven Partner der AfD werden. Aber momentan verhindern persönliche Diskrepanzen zwischen den Funktionären zumindest einen Zusammenschluss mit der EFDD. Ob dies auch für die anderen gilt, sei dahingestellt.
Zudem stellen Viktor Orban und seine Partei FIDESZ in Ungarn ein Problem für die Christdemokraten der EVP dar. Sie wollen zwar die Stimme Orbans und seine Partei nicht weiter nach rechtsaußen abdrängen, aber können Äußerungen und Ansichten auch nicht einfach dulden. Deswegen haben sie sich für eine Suspendierung auf unbestimmte Zeit ausgesprochen und gegen einen direkten Ausschluss von FIDESZ. Während der Suspendierung hat die Partei nämlich keinerlei Stimmrecht.
Was genau macht die AfD und die anderen rechten Parteien und Fraktionen so gefährlich?
Das Zugehörigkeitsgefühl ist eines der zentralen Aspekte der AfD, genauso wie ihr Paradigma von Volksgemeinschaft. Zugleich propagiert die AfD den Gegensatz zwischen Volk und Elite. Das Volk ist dabei aber nur so zu verstehen, dass alle die gleiche biologische Herkunft haben. Und die Elite würde gegen die Interessen des Volkes handeln.
Zusätzlich ist sie auch eine Bewegungspartei – für viele deswegen präsenter als die reine Parlamentspolitik anderer Parteien. In Ost-Deutschland begonnen, schwappen die Straßenbewegungen immer weiter nach Westen über. Mit Angstthemen wie Flüchtlinge, Migration und Islamisierung sowie allgemein mit Xenophobie schüren sie ein irrationales Missbehagen in der Bevölkerung immer weiter.
„Sie probieren, rassistische Stereotypen immer weiter zu verbreiten und hoffähig zu machen“, sagt Häusler. Auch anti-feministische Haltungen und Anti-Minderheitenrechte werden propagiert. Genauso wie die Leugnung des Klimawandels. Oder auch die Verbreitung von Fake News in Bezug auf Ausländerstraftaten sind bekannte Züge.
Nicht alles einfach hinnehmen und abtun – Reaktionen gegen den Rechtspopulismus sind gefragt
Alles lächerlich? Ja – aber trotzdem haben sie ungeheuren Zuspruch. Einfach belächeln, reicht nicht mehr. Man muss etwas unternehmen. Und wie geht es besser, als der AfD bei der Wahl einen Strich durch die Rechnung zu machen. 150 von 705 Abgeordneten sind Rechtspopulisten – und wir können verhindern, dass es mehr werden.
Es reiche nicht mehr aus, sich mit moralischen Gegenargumenten an den AfD-Provokationen abzuarbeiten. Vielmehr müsse das Ziel sein, die rechtspopulistische Diskursstrategie zu durchkreuzen, so Alexander Häusler.
„Es müssen ebenfalls politische Alternativen zur rechten Politik der Ressentiments entwickelt werden!“ Der rechte Kulturkampf müsse gestoppt werden. Auch müsse von der Politik verhindert werden, dass es immer mehr enttäuschte NichtwählerInnen oder ehemalige WählerInnen anderer Parteien gebe, die dann die rechtspopulistische Scheinalternative wählen würden. Egal, ob aus Protest oder anderen Gründen, so Häußler.
Man müsse lernen, wie man wirkungsvoll mit dem vermeintlichen Halt, der Zugehörigkeit und dem emotionalen Auffangbecken für angestaute Wut umginge und ihm vor allem entgegenwirke. Wichtig sei es zu wissen, welche Argumente gegen Rechtspopulismus man auf der Zunge haben müsse. Und das ganz ganz schnell.
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