Von Lisa König
Trotz des eindeutigem Wahlergebnisses im Rat hat Christian Uhr es nicht leicht: Als neuer Dezernent für Personal und Organisation lastet eine große Verantwortung auf ihm. Nachdem er am 1. April 2018 seinen Dienst angetreten hat, hat er viele MitarbeiterInnen in persönlichen Gesprächen nach ihren Erwartungen gefragt. Sein Fazit: Er wolle „Kümmerer statt Kämmerer“ sein, sagt Uhr lachend. Er zieht eine ersten Zwischenbilanz der ersten Monate und einen Ausblick auf die Zukunft.
Reaktion der MitarbeiterInnen: „Endlich jemand, der die Interessen der Beschäftigten vertritt“
In der Stadtverwaltung hat sich einiges verändert: Vor Uhrs Antritt als Personalchef hatte Stadtdirektor Jörg Stüdemann als Stadtkämmerer, Kulturdezernent, Dezernent für Liegenschaften und Beteiligungen sowie als Personalchef eine Menge zu tun. Außerdem befand er sich in einer Zwickmühle: Der Kämmerer möchte die Personalausgaben möglichst gering halten, der Personaldezernent setzt sich für bessere Bezahlung und Arbeitsbedingungen und auch mehr Personal ein.
Deshalb hat die Stadt Dortmund beschlossen, ein neues Dezernat zu gründen. Das Dezernat 8 für „Personal und Organisation“ beschäftigt sich unter anderem mit der Personalentwicklung, dem demographischen Wandel und der Digitalisierung in der Verwaltung. „Es war eine gute Entscheidung des Rates, Dezernat 8 zu gründen“, bestätigt Christian Uhr.
Durch seine Ausbildung bei der Stadt und jahrelange Arbeit als Diplom- Verwaltungswirt hat er bereits in verschiedenen Bereichen Erfahrungen gesammelt. Dennoch hat Uhr zur Einarbeitung in die neuen Aufgaben zunächst eine Tour durch alle Ämter gestartet. Durch persönliche Gespräche und Hospitationen wolle er sich die Meinung der MitarbeiterInnen einholen.
„Ich war sehr überrascht, wie offen die Kollegen in den Gesprächen waren. In der Basis hat man schon auf solche Maßnahmen gewartet. Endlich ist jemand da, der die Interessen der Beschäftigten vertritt“, betont Uhr. Für Jörg Stüdemann sei es mit seinen zahlreichen Aufgaben nahezu unmöglich gewesen, sich um alle Angelegenheiten in der Tiefe zu kümmern, wie er dies nun vorhabe. Bei insgesamt 9 000 Beschäftigten in der Kernverwaltung und weiteren etwa 2000 MitarbeiterInnen – zum Beispiel im Theater oder Jobcenter – habe die Stadt dringend eine zentrale Steuerung gebraucht.
Bis 2025 wird die Stadt Dortmund schätzungsweise ein Drittel ihrer Mitarbeiter verlieren
Als besondere Herausforderungen der nächsten Zeit träten vor allem Personal- und Raummangel sowie der Umgang mit der Digitalisierung hervor. „Es fehlt einfach an Platz, auch wenn man Azubis unterbringen will. Besonders im Stadthaus platzt es aus allen Nähten. Zum Teil müssen sich sechs Sachbearbeiter ein Büro teilen, in dem normalerweise zwei Personen sitzen.“
Auch der Fachkräftemangel werde in den nächsten Jahren noch richtig zum Problem werden. „Wenn uns die geburtsstarken Jahrgänge in den nächsten Jahren verlassen, wird es erst richtig schwierig. Bis 2025 werden wir schätzungsweise etwa ein Drittel unserer Mitarbeiter verlieren.“Dabei gäbe es jetzt schon Probleme. Vor allem im Sozialamt habe man bereits Personal nachsteuern müssen. Es käme aus unterschiedlichen Bereichen zu Gefährdungs- und Belastungsanzeigen.
„Zwar liegt die Zahl bei uns im Durchschnitt nicht höher als in anderen Verwaltungen. Aber wir nehmen jede Anzeige ernst. Denn jede davon ist ein Fingerzeig dafür, dass hier etwas nicht stimmt.“ Schon jetzt liegt das Durchschnittsalter der Mitarbeiter bei 45 Jahren. Erste Überlegungen, wie man das Problem lösen könne, zielten vor allem darauf ab, die Stadt Dortmund als Arbeitgeber attraktiv zu halten. Neben einer großen Verantwortung und Entscheidungsfreiheit seien vor allem Weiterbildungs- und Aufstiegsmöglichkeiten momentan die Pluspunkte für die Arbeit bei der Stadt. „Es muss aber mehr Aktivitäten wie Afterwork-Partys geben, um für eine Vernetzung unter den Mitarbeitern zu sorgen. Außerdem arbeiten wir an neuen Arbeits- und Zeitmodelle, um den Berufsalltag flexibler und familienfreundlicher zu gestalten.“ Und es solle neue Wege geben, auf die Menschen zuzugehen. Zum Beispiel sei ein Plan, über Plattformen im Internet gezielt neue Mitarbeiter anzuwerben.
Erste Maßnahmen, um dem Demographischen Wandel entgegen zu wirken, seien bereits ergriffen worden. „Für das Jahr 2019 haben wir die Auszubildendenzahl von 235 auf 302 neue Auszubildende gesteigert“, berichtet Uhr. „Außerdem haben wir das Stellungsbesetzungsverfahren beschleunigt, damit offene Stellen nicht so lange unbesetzt bleiben.“
Trotz guter Voraussetzungen bleibt Digitalisierung eine Mammutaufgabe
Das Thema Digitalisierung hingegen birgt für ihn einige positive Überraschungen: „Ich hätte gar nicht gedacht, wie viele Dienstleistungen schon digitalisiert sind. Darauf kann man gut aufbauen.“ Häufig bekämen die BürgerInnen das gar nicht mit.
„Zum Beispiel läuft seit dem Landesprojekt zur Digitalisierung der Baugenehmigungen dort alles digital ab. Aber der Gesetzgeber verlangt noch immer schriftliche Anträge, deshalb hat das für die Bürger keine großen Vorteile gebracht. Das muss noch optimiert werden.“
Es sei aus vielen Gründen wichtig, bei der fortschreitenden Digitalisierung Schritt zu halten. „Besonders junge Menschen erwarten heutzutage, dass wir technisch auf dem neuesten Stand sind. Und die Digitalisierung könnte auch eine Möglichkeit sein, die künftig großen Lücken im Personal vorläufig zu schließen.“
Doch trotz der guten Voraussetzungen sieht Uhr das Thema Digitalisierung als „Mammutaufgabe“ an. „Niemand weiß, wie der Arbeitsplatz der Zukunft aussehen wird. Gerade deshalb ist es wichtig, sich rechtzeitig aufzustellen. Aber dieses Thema wird sich nicht von heute auf morgen lösen, es bleibt ein fließender Prozess.“
„Ziemliche Druckbetankung“ : Auf Christian Uhr lasten viele Erwartungen
Ein weiteres Vorhaben sei es, die Sicherheit innerhalb des Betriebs zu erhöhen. Neben der Verbesserung des internen Kontrollsystems gehöre dazu auch das Thema IT Sicherheit. Im letzten Jahr seien 33 Millionen schadhafte Emails vor dem Öffnen abgefangen worden. „Dieses Ausmaß zeigt, dass Handlungsbedarf besteht. Deshalb haben wir einen neuen Datenschutzbeauftragten nur für den Bereich IT eingestellt.“
„Die Zusammenarbeit mit dem Personalrat ist bislang konstruktiv und effektiv, das macht Spaß.“ Es werde sich allerdings zeigen, ob die Diskussionen in Zukunft auch mal strittiger werden. Dabei sei es wichtig, die Zahlen im Blick zu behalten. Durch äußere Faktoren wie zum Beispiel die Tarifsteigerung würden die Personalkosten steigen. Das belaste die Stadt Dortmund sehr und es müsse ein Mittelweg gefunden werden, um die Kosten aufzufangen.
Insgesamt waren die letzten Monate für Christian Uhr „ziemliche Druckbetankung“. Durch die Gespräche und Hospitationen in den einzelnen Ämtern habe er viele Erfahrungen und vor allem Erwartungen mitbekommen, denen er gerecht werden wolle.
Mehr Informationen:
- Zur Person: Christian Uhr wurde 1973 in Dortmund geboren. Er lebt in Dortmund und hat mit seiner Ehefrau zwei Söhne. Als bei der Stadt ausgebildeter Diplom-Verwaltungswirt (FH) sammelte er in verschiedenen Bereichen der Verwaltung einschlägige Berufserfahrungen. Christian Uhr war zuletzt hauptamtlich in der Dortmunder Kommunalpolitik tätig.
- Zum Dezernat: Das Dezernat 8 umfasst das Dortmunder Systemhaus (FB10), das Personalamt (FB 11) sowie das Betriebliche Arbeitsschutz- und Gesundheitsmanagement (FB13). In den drei Fachbereichen sind insgesamt 476 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt.
- Kennzahlen Verwaltung Stadt Dortmund
(ohne Theater und Jobcenter, Stand 31.12.2017)
Durchschnittsalter: 45,4 Jahre
Beschäftige: 9.642, davon Beamte: 2.245
Beschäftigte weiblich: 5.480, davon Beamte: 718
Beschäftigte männlich: 4.162, davon Beamte: 1.527
Auszubildende: 616 (weiblich: 2957 männlich: 321)
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Aus Krisen lernen: Stadt Dortmund etabliert flexiblen Personalpool (PM)
Krisen haben die Kommunen in den vergangenen Jahren vor große Herausforderungen gestellt. Um auch künftig auf unerwartete Ereignisse schnell und effizient reagieren zu können, richtet die Stadt Dortmund einen flexiblen Personalpool ein.
Der Personalpool soll aus insgesamt 30 Mitarbeiter*innen bestehen. Mit ihren Qualifikationen sind die Verwaltungskräfte flexibel einsetzbar. In fünf Teams unterstützen sie die Fachbereiche und übernehmen zeitlich befristet wechselnde Aufgaben – dort, wo gerade Bedarf besteht.
„Dieser Personalpool unterstreicht das Engagement der Stadt Dortmund für eine effektive Krisenbewältigung und die Fähigkeit, sich an sich verändernde Umstände anzupassen und gleichzeitig die Qualität der Dienstleistungen für die Bürger*innen aufrechtzuerhalten“, sagt Personal- und Organisationsdezernent Christian Uhr. „Das ist ein wichtiger und notwendiger Schritt, um sicherzustellen, dass wir als Stadtverwaltung in der Lage sind, auf unvorhersehbare Ereignisse schnell und effizient zu reagieren.“