Ibo ist 14 und aus dem Kosovo. Er hat gesehen, dass Freunde von ihm „in dieses Haus“ gehen. Was ein „Kunst-Haus“ ist oder macht, wusste er nicht. Aber er war neugierig und ging einfach mal gucken. Seit dem möchte der Roma-Junge das Künstlerhaus Sunderweg nicht mehr missen: „Mir gefällt alles hier“, sagt er begeistert.
Kinder aus der Nachbarschaft – mit und ohne Migrationshintergrund – nehmen teil.
Vor allem die Farben haben es ihm angetan – und er entwickelt Talent für Graffiti-Gestaltung. Dabei helfen ihm Etta Gerdes und Leonie Herrmann. „Sie sind sehr nett und hilfsbereit“, sagt der 14-Jährige freudestrahlend.
Mittlerweile sind auch seine Geschwister dabei. Jeden Donnerstag kommen sie und viele andere Kinder zum Projekt „Piraten-Gold“ in der Nordstadt. Kinder aus der Nachbarschaft – mit und ohne Migrationshintergrund – nehmen teil.
Cassandra und Ibo arbeiten Hand in Hand, Katja und Özlem sind dabei und auch Selda und Samanta probieren sich künstlerisch aus. Es ist ein bunter Mix aus Nationalitäten, der sich hier im Künstlerhaus zum Malen, Spielen und Lernen trifft. Seit dem Jahr 2011 kommen Kinder aus der unmittelbaren Nachbarschaft in das künstlerische Flaggschiff der Nordstadt.
Vertrauen zu Dozentinnen gefasst: Wunsch nach Sprachförderung
Mittlerweile haben sie Vertrauen zu den deutschen Frauen gefasst und ihnen erzählt, dass sie unbedingt „besser Deutsch lernen“ wollen.
„Die ausgeprägten Lese-, Schreib- und Sprechschwierigkeiten der teilweise bis zu 20 Kinder mit türkischen, kurdischen, russischen, rumänischen und serbischen Wurzeln gehen quer durch die Altersgruppen“, weiß Linda Opgen-Rhein.
„Sie sind unabhängig von den Herkunftsländern der Eltern und den jeweiligen Aufenthaltsjahren in Deutschland.“
Sie erkennt den der Grund darin, dass die Kinder in ihrem häuslichen Umfeld meist kein deutsch sprechen und ansonsten – bis auf Kindergarten und Schule – keinen sozialen Kontakt zu deutschsprachigen Menschen haben. Erst mit ihrem Nachbarschafts-Kontakt zum Künstlerhaus gehen die Kinder einen weiteren Schritt in die deutsche Gesellschaft hinein.
Verbindlichkeit, Bezugspersonen und eine Brieffreundschaft
Da sie hier verbindliche Bezugspersonen finden, kreativ und in einer Gemeinschaft arbeiten, in der ihr „anders sein“ auf Interesse stößt, haben sie Vertrauen gewonnen.
Deshalb haben sie sich auch getraut, ihre Bitte nach Hilfe beim lernen zu äußern. Opgen-Rhein hat daher mit den älteren Kindern eine „Brieffreundschaft“ begonnen, damit diese lesen und schreiben üben – ohne schulischen Druck.
Spendenparlament „spenDObel“ ermöglicht das Projekt „My Story“
Dieser Wunsch zu lernen der Kinder greift das Künstlerhaus nun auf. Im April startete dank der Unterstützung durch das Dortmunder Spendenparlament „spenDObel“ das Projekt „My Story“.
Mittels künstlerischer Techniken wie Comics zeichnen, Tagebücher anlegen, Bild- oder Fotoromane erstellen werden die Künstlerinnen Laura Eschweiler und Leonie Herrmann die Biografien und Geschichten der Kinder aufgreifen und visualisieren.
Das Arbeiten mit Papier, Mal-, Zeichen- und Bastelutensilien, Fotografie, Collage und Skulptur bildet das sinnlich-taktile Medium zwischen der Erzählfreude der Kinder und der angestrebten Verbesserung ihrer deutschen Sprachfähigkeiten.
Es können noch Kinder dazu stoßen – es gibt noch freie Plätze.
Hintergrund:
- Das Dortmunder Spendenparlament unterstützt das Projekt „My Story“ für Kinder zwischen 8 und 12 Jahren mit 10.000 Euro.
- Es findet jeden Montag von 16 bis 18 Uhr im Künstlerhaus statt.
- Anmeldungen sind noch möglich. Mehr Informationen im Internet unter www.kh-do.de
- Der Umgang mit kindgerechten Nachschlagewerken, Zeitungen, Informationsbroschüren, deutscher Jugendliteratur und Sachbüchern, die angeschafft werden sollen, wird vermittelt.
- Auch Fahrten zur Bibliothek und in Museen mit dem Bus oder dem ÖPNV sind geplant. Lese- und Schreib-Patenschaften mit Ehrenamtlichen werden angestrebt, sowie der Austausch und die Kooperation mit lokalen Schulen und Nordstadtinitiativen.