Von Joachim vom Brocke
Die angespannte Situation auf dem Wohnungsmarkt sorgt für steigende Mieten. Ein Fazit aus dem Wohnungsmarktbericht 2016, der von OB Ullrich Sierau, Stadtrat Ludger Wilde zusammen mit Anja Laubrock und Julia Meininghaus vom Amt für Wohnen und Stadterneuerung vorgestellt wurde. Der gedruckte Bericht mit vielen Grafiken hat einen Umfang von 82 Seiten.
Gestiegen: Nettokaltmiete liegt bei sechs Euro pro Quadratmeter
Als angespannt wird die Situation im unteren Preissegment bezeichnet. Für Arme oder Geringverdienende wird es schwerer, eine geeignete Wohnung zu finden.
Unterm Strich sieht die Situation in Dortmund im Vergleich zu den Städten im Umkreis immer noch günstiger aus als beispielsweise in den Ballungszentren Köln oder Düsseldorf. Spürbar angestiegen ist die Miete. Die Nettokaltmieten erhöhten sich von 5,83 Euro pro Quadratmeter (2014) auf 6 Euro pro Quadratmeter (2015).
Wohnungsleerstandsquote liegt in Dortmund nur noch bei 1,8 Prozent
Dabei macht sich die seit Jahren wachsende Zahl der Transferleistungsempfänger bemerkbar. Ebenso die Zahl der Menschen, die Asylbewerberleistungen beziehen, hat sich deutlich erhöht.
Die Unterbringung kommunal zugewiesener Flüchtlinge und Asylbewerber – bevorzugt in eigenen Wohnungen – ist nach wie vor eine wesentliche Aufgabe der Dortmunder Stadtverwaltung. Zum Stichtag 31. Dezember 2015 betrug die Quote des strukturellen Wohnungsleerstandes (länger als sechs Monate) 1,8 Prozent.
Firmen und Private investieren
Die heimischen Wohnungsunternehmen sowie viele Privateigentümer haben den steigenden Bedarf erkannt und investieren verstärkt in den Erhalt und die Schaffung von Wohnraum. Motto: „Wohnen für alle“. Auf die kooperative Entwicklung mit den Wohnungsgesellschaften in der Stadt und mit Haus und Grund setzt OB Ullrich Sierau, der aber auch rückblickend an die langen Jahre der konstanten oder auch sinkenden Mietpreise erinnerte.
Für Stadtrat Ludger Wilde sind in den nächsten Jahrzehnten 20 000 Wohneinheiten erforderlich, bei einem jährlichen Wachstum von bis zu 2000 Wohneinheiten: „Der Bedarf wird nachhaltig anhalten“, ist sich Wilde sicher.
Einfamilienhäuser kosten in Dortmund durchschnittlich 345.000 Euro
Die Angebotspreise für Einfamilienhäuser sind im Jahr 2015 erneut gestiegen. So erhöhte sich zum Beispiel der mittlere Angebotspreis für neu gebaute frei stehende Einfamilienhäuser im Vergleich zum Vorjahr um sechs Prozent auf rund 345.000 Euro und im Bestand um 14 Prozent.
Neu gebaute Eigentumswohnungen kosten im Mittel 2850 Euro (plus zwei Prozent); für Bestands-Eigentumswohnungen liegt er nach den Ermittlungen der Wohnungsexpertinnen weiterhin sehr stabil bei rund 1200 Euro pro Quadratmeter.
Der Trend zum deutlichen Bevölkerungs- und Haushaltswachstum hat auch im Jahr 2015 angehalten. Innerhalb eines Jahres stieg die Einwohnerzahl von Dortmund um rund 7300 Personen auf nun 596 575 und die Haushaltszahl u rund 4500 auf nun etwa 320 000.
Neubautätigkeit in Dortmund leichtem Aufwand
Auf konstantem Niveau, eher leichten Aufwind, befindet sich die Neubautätigkeit. Der Anstieg der Baugenehmigungen um 14 Prozent auf 1352 im Jahr 2015 lasse in Kombination mit dem nach wie vor niedrigen Zinsniveau kurz- bis mittelfristig eine rege Bautätigkeit erwarten.
Bauen wird in Dortmund leicht gemacht. Mit stadtweit rund 213 Hektar Wohnbauflächen in rechtsverbindlichen und in Aufstellung befindlichen Bebauungsplänen stand Ende des Jahres 2015 ein großzügiges Angebot an Wohnbauflächen zur Verfügung. Es können insgesamt rund 8100 Wohnungen – 4900 Wohnungen in Mehrfamilienhäusern und 3200 Wohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern – entstehen.
Der Wohnungsmarktbericht 2016 steht auf der Internetseite des Amtes für Wohnen und Stadterneuerung als Download zur Verfügung: www.wohnungsamt.dortmund.de/Wohnungsmarktbeobachtung
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Reaktionen
Mieterverein Dortmund
Die Stadt Dortmund hat den neuen städtischen Wohnungsmarktbericht 2016 vorgestellt. Steigende Bevölkerungs- und Haushaltszahlen führen zu einer erhöhten Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt, insbesondere zu einer Anspannung im günstigen Preissegment.
„Der Leerstand ist weiter gesunken. Gerade im preisgünstigen Marktsegment gibt es immer weniger freie Wohnungen. Der Markt wird hier immer enger. Es ist daher notwendig weiter neuen Wohnraum zu schaffen. Vor allem preisgebundene öffentlich geförderte Wohnungen (Sozialwohnungen) sind als Ausgleich für die Entwicklung wichtig“, kommentiert Markus Roeser vom Mieterverein Dortmund die Ergebnisse des neuen Dortmunder Wohnungsmarktberichtes.
„Wir begrüßen ausdrücklich das städtische Neubauprogramm über die Dortmunder Stadtentwicklungsgesellschaft um neue preisgebundene Wohnungen zu schaffen. Dieses Programm muss jedoch ausgebaut werden. Hier ist der Rat der Stadt Dortmund gefordert Rahmenbedingungen zu schaffen, damit die Stadtentwicklungsgesellschaft und DOGEWO21 dies auch leisten können“, sagte Markus Roeser weiter.
„Die Entwicklung auf dem Markt macht auch deutlich, dass wir eine Anpassung der Kosten der Unterkunft benötigen. Empfänger von Sozialleistungen finden für die gezahlte Miete kaum noch Wohnungen. Die angemessenen Kosten stagnieren seit Jahren und passen sich nicht den aktuellen Entwicklungen an“, fordert Markus Roeser.
CDU-Fraktion Nordstadt
CDU-Fraktion in der Bezirksvertretung Innenstadt-Nord zur Wohnungsmarktpolitik in der Nordstadt
Eine gute Durchmischung der unterschiedlichen Angebotssegmente, von günstig bis gehoben, ist nach Ansicht der CDU-Fraktion essentielle Voraussetzung für eine Stabilisierung des Stadtteils. Ein solches Angebotsspektrum zu gewährleisten kann nicht allein öffentliche Aufgabe sein, sondern erfordert unbedingt auch privatwirtschaftliche Investitionen. Die stadtweit bedeutsame Funktion als sogenannter Ankunftsstadtteil kann nur adäquat erfüllt werden, wenn auch in der Nordstadt eine sozial und wirtschaftlich etablierte Bevölkerungsschicht erhalten bleibt.
Dazu Fraktionssprecher Dorian Marius Vornweg: „Wir benötigen neben den günstigen Lagen auch Wohnraum für Menschen mit mittlerem und hohem Einkommen, für Alleinstehende ebenso wie für Familien. Um diese Durchmischung zu realisieren sind privatwirtschaftliche Investitionen unbedingt notwendig, denn die Nordstadt darf nicht allein auf geförderten und sozialen Wohnungsbau setzen oder gar zum Testgebiet für Luftschlösser aus den Giftschränken realitätsverweigernder Stadtplanung werden.
Die Julius Ewald Schmitt GbR ist ein lokaler Akteur, der bereits vielversprechende Ansätze für hochwertigen Wohnraum in der Nordstadt verfolgt, ohne dabei eine soziale Verantwortung außer Acht zu lassen. Als Lokalpolitik müssen wir mit solchen Akteuren den Austausch pflegen und sie unterstützen.“
Bastian Pütter (BODO)
Dortmunder Wohnungsmarktbericht: Keine Entspannung in Sicht
Steigende Mieten, sinkender Leerstand, nicht ausreichend günstige Wohnungen, aber mehr Menschen, die sie benötigen: Das sind die Eckpunkte des aktuellen Wohnungsmarktberichtes, den die Stadt Dortmund am Mittwoch vorgestellt hat. Für bodo e.V. zeigen die Daten: Vor allem für einkommensarme und wohnungslose Menschen verschärft sich die Situation auf dem Wohnungsmarkt zunehmend.
Durchschnittlich sechs Euro betrug die Kaltmiete pro Quadratmeter in einer Bestandswohnung im vergangenen Jahr in Dortmund, fast 20 Cent mehr als 2014 (5,83 Euro) und 50 Cent mehr als 2013 – pro Quadratmeter, pro Monat. Das stellt besonders Menschen mit niedrigen Einkommen vor immer größere Probleme: „Menschen, die auf günstigen Wohnraum angewiesen sind, haben zunehmend Schwierigkeiten, diesen zu finden“, sagt Bastian Pütter von bodo e.V. Der deutliche Anstieg der Durchschnittsmieten im zweiten Jahr in Folge verschärft die Situation für diese Menschen zusehends.
Mit 101.000 Menschen bezieht ein Sechstel der Stadtbevölkerung Transferleistungen wie Hartz IV, Grundsicherung oder nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Sie müssen sich bei der Wohnungssuche nach den Obergrenzen von Sozialamt und Jobcenter richten – und die Zahl dieser angemessenen Wohnungen ist nach dem neuesten Bericht gesunken. „Wir fürchten, dass viele Menschen – einkommensarme, ältere, geflüchtete, alleinerziehende, langzeitarbeitslose, wohnungs- und obdachlose – auf dem Wohnungsmarkt zunehmend abgehängt werden“, sagt Pütter zur aktuellen Situation. Rund 2.000 bis 3.000 Wohnungen werden nach Angaben der Stadt allein in den kommenden zwei bis drei Jahren benötigt.
Die Verwaltung bemüht sich, günstigen Wohnraum neu zu schaffen, kurbelt sozialen Wohnungsbau an und baut auch selbst öffentlich geförderte und damit preisgebundene Mietwohnungen. „Die Vorhaben sind ein Schritt in die richtige Richtung“, so Pütter, „doch bis ausreichend Wohnungen für alle zur Verfügung stehen, wird es noch Jahre dauern.“ Für die nach offiziellen Angaben etwa 400 Menschen ohne Obdach werden aber spätestens zum kommenden Winter schnelle und unbürokratische Lösungen zur Unterbringung benötigt.
„Kurzfristig würden wir uns wünschen, dass die Stadtverwaltung mehr Unterbringungsplätze für Wohnungsnotfälle schafft, zum Beispiel in derzeit nicht genutzten Unterkünften für Geflüchtete. Es braucht einen großzügigen Umgang mit den kommunal festgelegten Obergrenzen für Mieten und Wohnfläche, um auf einem angespannten Wohnungsmarkt fündig zu werden. Langfristig muss die Stadt ihren jetzigen Weg – die Schaffung neuen und günstigen Wohnraums – weiter gehen, um die Losung der Landesregierung, ,Wohnen für alle‘ mit Leben zu füllen“, so Pütter.
Fraktion Linke & Piraten
Keine Abweichung von der 25-Prozent-Regelung!
„Ein ganz klares Nein. Wir weichen keinen Millimeter nach unten ab von der 25-Prozent-Regelung beim Bau von neuem Wohnraum,“ sagt Utz Kowalewski, Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE & PIRATEN.
Aktuell gilt im gesamten Dortmunder Stadtgebiet folgende Richtlinie: Bei jedem Neubau-Projekt muss mindestens jede vierte Wohnung zu einem bezahlbaren Preis an finanziell schlechter gestellte Dortmunderinnen und Dortmunder vermietet werden. Dafür gibt es eine öffentliche Förderung.
Doch die Bezirksvertretung Brackel wollte diese gültige 25-Prozent-Regelung aufweichen. Diese Forderung aus dem Dortmunder Osten, die dort gegen die Stimmen der Grünen und des Linken Bezirksvertreters beschlossen wurde, wurde am 8. Februar dem Ausschuss für Umwelt, Stadtgestaltung und Wohnen vorgelegt. Dort lehnten nicht nur die Linken & Piraten dieses Ansinnen ab. Das Thema wurde mehrheitlich (Ausnahme: CDU) abgeschmettert.
Utz Kowalewski ist mit der Entscheidung des Ausschuss für Umwelt, Stadtgestaltung und Wohnen zufrieden: „Um mittelfristig eine gesunde Durchmischung in der Stadt Dortmund zu erreichen, muss die 25-Prozent-Regelung möglichst in jedem Neubaugebiet eingehalten werden“, sagt Kowalewski. „Das ist ein gültiger Ratsbeschluss, von dem in keinem Stadtbezirk abgewichen werden darf. Auch wenn 25 Prozent eigentlich viel zu wenig sind im Vergleich zu dem hohen Anteil an Menschen, die in Dortmund Anspruch auf eine so genannte Sozialwohnung haben.“
Doch die Mehrheit in der Bezirksvertretung in Brackel wollte diese vorgegebene Quote nicht für jedes Baugebiet anwenden, sondern nur für die Summe aller Wohnbauten in den insgesamt zwölf Stadtbezirken.
„Diesen Wunsch kann man ganz einfach übersetzen: SPD und auch CDU im Stadtbezirk Brackel möchten im geplanten Wohngebiet Wickede-West nur die Schönen und Reichen ansiedeln. Alleinerziehende und Grundsicherungsempfänger*innen – also Rentner*innen – sind unerwünscht. Studierende ebenso. Und Hartz IV-Bezieher*innen oder Flüchtlinge erst recht“, sagt Utz Kowalewski verärgert. „Aber auch die genannten Personengruppen benötigen Wohnungen.“
So heißt es im Antrag aus dem Stadtbezirk Brackel: „…Der Fokus (sollte) auf Wohnraum liegen, der auch für Menschen mit höherem Einkommen attraktiv ist. Nur so können Sozialstrukturen verbessert werden und die Entwicklung des Ortes und seiner Infrastruktur gefördert werden.“
„Der Antrag aus der Bezirksvertretung Brackel ist absurd. Wir sind froh, dass es in der Stadt Dortmund eine solche 25-Prozent-Quote überhaupt gibt“, so Kowalewski.