Dortmunder Kunstverein rückt Umgang mit Lebensmittel in ein neues Licht:

Das Dasein im Schlaraffenland – Von Stilleben bis Mok-Bang: Utopie oder Albtraum?

Das Kunstkollektiv Slavs and Tatars beschäftigt sich in ihrer Installation mit Flora und Fauna Eurasiens sowie deren symbolischer Bedeutung.
Das Kunstkollektiv Slavs and Tatars beschäftigt sich in ihrer Installation mit Flora und Fauna Eurasiens sowie deren symbolischer Bedeutung. Cedric Schäfer | Nordstadtblogger

Das „Schlaraffenland“ ist die Vorstellung von einer besseren Welt, in der Menschen frei von Sorgen und Bedürfnissen sind: Das Essen bereitet sich selbst zu und fliegt in den Mund, der Wein fließt direkt aus den Reben und auch die Architektur ist essbar. Ist das Schlaraffenland inzwischen zur Realität geworden? Bei der Ausstellung des Dortmunder Kunstvereins steht vor allem das Thema der ständigen Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln im Vordergrund. Zehn Künstler:innen wollen mit ihren Arbeiten zum Nachdenken anregen. Die Ausstellung findet bis zum 22. Dezember statt. Der Eintritt ist kostenlos.

Wandel der Konsumgesellschaft durch zunehmende Globalisierung und Industrialisierung

Überquellende Supermarktregale, 24-Stunden-Lieferdienste und All-you-can-eat-Restaurants sind fester Bestandteil unserer Gegenwart geworden. Lebensmittel sind keine Mangelware mehr und die Utopie eines Schlaraffenlandes verliert an Kraft. Die ständige Verfügbarkeit von Lebensmitteln hat unweigerlich zur Folge, dass diese in großen Mengen konsumiert werden.

Die Einrichtung ähnelt der einer Kneipe.
Die Einrichtung ähnelt der einer Kneipe. Cedric Schäfer | Nordstadtblogger

Pablo Schlumbergers Skulpturen sorgen bei der Ausstellung für ein barähnliches Setting und widmen sich der Figur des Trinkers. Dabei stehen die Themenkomplexe Exzess und Abschweifung im Vordergrund: Alkohol als Sucht- und Rauschmittel sowie die Geselligkeit der Trinkkultur. Die Bierbrauerei ist bereits seit den Zeiten des Steinkohle- und Erzbergbaus ein wichtiger Teil des Ruhrgebiets.

Essen zum Mitnehmen sorgt dafür, dass der gesellschaftliche Aspekt des gemeinsamen Essens zunehmend an Bedeutung verliert. Das Künstlerinnen-Duo Liza Dieckwisch und Julia Gruner befasst sich mit dem Internet-Phänomen des sogenannten Mok-Bangs. Der Videotrend sollte ursprünglich ein Mittel gegen Einsamkeit sein, indem man gemeinsam online isst. Im Laufe der Zeit hat sich der Fokus jedoch verschoben: Der kalkulierte Verzehr von obszönen Essensmengen soll für Aufmerksamkeit und Internet-Views sorgen.

Alwin Lay macht in seiner Videoarbeit auf den unachtsamen Umgang mit natürlichen Ressourcen aufmerksam. Ein sich leerendes Wasserglas soll symbolisieren, dass das ökologische Gleichgewicht in vielen Regionen der Erde bedroht ist. Nicht einmal das Grundnahrungsmittel Wasser ist auf der Welt verfügbar, sondern wird von Großkonzernen verwaltet.

Besucher:innen sollen sich bei der Ausstellung wie im Schlaraffenland fühlen

Beim Eintritt empfängt einen ein überdimensionierter Spargel aus Silikon der Künstlerin Hannah Levy. Er wird von spitzen, direkt aus der Wand auftauchenden Metall-Krallen gehalten. Die Kombination soll eine anziehende und zugleich abstoßende Wirkung erzeugen: Das kühle Metall und fleischähnliche Silikon soll die untrennbare Vereinigung von Körper und Nahrung symbolisieren.

Direkt am Eingang empfängt einen ein riesiger Spargel aus Silikon.
Direkt am Eingang empfängt einen ein riesiger Spargel aus Silikon. Cedric Schäfer | Nordstadtblogger

Julia Gruner präsentiert auf einem sieben Meter breiten und fünf Meter hohen Vorhang ein großes Aufgebot gescannter Lebensmittel. Der dunkle Hintergrund soll an die Stilllebenmalerei erinnern. Die abgebildeten Lebensmittel sind angelehnt an die frühen Schlaraffenlanderzählungen.

Josephine Scheuer hat den Handlauf der Wendeltreppe der Ausstellungsräume mit Fondant eingekleidet. Das Lebensmittel besteht aus Zucker, Glukosesirup, Wasser und Aromen sowie Farbstoffen. Dadurch wird der Treppenaufstieg in die oberen Ausstellungsräume mit einer leichten Note von Vanille begleitet.

Weitere Informationen zur Kunstausstellung Schlaraffenland gibt es unter folgendem Link.


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