Zwischen Denkmalschutz, Vandalismus und Perspektiven für das ehemalige Versorgungsamt

Bilder aus dem einstigen Prachtbau zeigen die Verwahrlosung

Der „Lost Place“ im ehemaligen Versorgungsamt – der früheren Hoesch-Verwaltung an der Rheinischen Straße. Foto: Alex Völkel für Nordstadtblogger.de

An der Rheinischen Straße in Dortmund liegt ein Gebäude, das mehr als nur eine verlassene Industrie-Immobilie ist: das ehemalige Verwaltungsgebäude der Hoesch AG und spätere Versorgungsamt. Errichtet in den 1920er Jahren, war es einst ein ebenso repräsentativer wie funktionaler Verwaltungskomplex – heute ist es leerstehend, verwittert und dennoch unter Denkmalschutz. Seit 2011 steht es leer und entwickelte sich zum Spekulationsobjekt und zum Lost Place. Die Stadt Dortmund – genauer das Sondervermögen Technologiezentrum – hat im vergangenen Jahr die Immobilie gekauft, um den weiteren Verfall zu stoppen. Nordstadtblogger hat das Gebäude besucht.

Eine Immobilie mit Geschichte – und Problemen

Das imposante Gebäude mit seinen rund 18.000 Quadratmetern Fläche wurde in seiner Blütezeit als Verwaltungszentrum des Stahlunternehmens Hoesch genutzt. ___STEADY_PAYWALL___

Foto: Alex Völkel für Nordstadtblogger.de

Nach verschiedenen Eigentümerwechseln und Vernachlässigung durch private Investoren verlor es nicht nur seine ursprüngliche Nutzung, sondern stand seit 2011 völlig leer. Laut Nehm seien viele Bauakten und Dokumente „größtenteils verschollen“.

Dass das Gebäude dennoch unter Denkmalschutz steht, macht die Aufgabe nicht einfacher. Teile der Eingangshalle und weitere Bereiche müssen bei einer Restaurierung originalgetreu in ihren historischen Zustand zurückversetzt werden.

„Die Restauration braucht ihre Zeit und natürlich Geld“, erklärt Horst Nehm, zuständige kaufmännische Leitung für das Sondervermögen Technologiezentrum, mit Blick auf die maroden Zustände im Innern.

Die Verwahrlosung kommt einem auf jeder Etage entgegen

Foto: Alex Völkel für Nordstadtblogger.de

Betritt man das Gebäude heute, ist es erstmal sehr kalt – Strom, Wasser und Gas wurden schon vor Jahren abgestellt.

Die meisten Türen wurden aus den Angeln gerissen und liegen irgendwo im Gebäude verteilt herum. Sie geben den Blick in dunkle Räume frei, in denen diverse Gegenstände ungebetener Besucher:innen zu finden sind.

Am schlimmsten hat es den ehemaligen Sitzungsraum des Verwaltungsrates der Hoesch AG getroffen: Der massive Holztisch in der Mitte des Raumes wurde in zwei Hälften gespalten, die Tischplatten sind angekokelt, ebenso wie die Fassaden.

Der „historische Wert ist total zerstört“, sagt Nehm mit Blick auf den einst so prächtigen, jetzt verwüsteten Sitzungssaal.

Sicherheitslücken und unerwünschte Besucher:innen

Foto: Alex Völkel für Nordstadtblogger.de

Nach Jahren des Leerstands wurde das Gebäude zunehmend zum Ziel von Zweckentfremdung, Verwahrlosung und Vandalismus.

Sicherheitsmaßnahmen wie Bewegungsmelder und neue Zugangssperren waren dringend nötig, denn laut Stadt Dortmund wurden in den vergangenen Monaten mehrfach unbefugte Personen auf dem Gelände festgestellt.

Die Stadt hatte vor dem Kauf nur im Notfall Zugang zum Gelände – eine Absicherung durch Security war in den Jahren unter privaten Eigentümern nie erfolgt.

Auch vertrauliche Akten aus alten Verwaltungszeiten mussten im Zuge der städtischen Übernahme gesichert werden, da sie ungeschützt im Gebäude lagen. Sie waren von der früheren Behörde vergessen worden.

Rückkauf durch die Stadt – ein strategischer Schritt

Seit 2011 steht das Gebäude leer. Die Besitzer wechselten – gekümmert hat sich niemand. Foto: Alex Völkel für Nordstadtblogger.de

Im Frühjahr 2024 kaufte die Stadt Dortmund das ehemalige Versorgungsamt von einem privaten Investor zurück – ein Schritt, den Oberbürgermeister Thomas Westphal öffentlich verteidigte.

Damit übernimmt die Stadt nicht nur bauliche Verantwortung, sondern auch eine Verpflichtung zur Erhaltung eines identitätsstiftenden Ortes.

Die Vergangenheit des Hauses spiegelt die industrielle Entwicklung Dortmunds wider – und die Stadtverwaltung sieht darin ein kulturelles Erbe, das nicht der Verwahrlosung überlassen werden darf.

Verantwortung und Chance für die Stadt Dortmund

Foto: Alex Völkel für Nordstadtblogger.de

Konkrete Pläne zur zukünftigen Nutzung des Gebäudes gibt es noch nicht – derzeit steht die Sicherung und Zustandsaufnahme im Vordergrund. Denkbar wären sowohl eine kulturelle Nutzung als auch eine neue Verwaltungsfunktion.

Nur so wie es jetzt ist kann es nicht bleiben: Nicht nur Denkmalschützer:innen blutet das Herz, beim Ansehen des stetigen Verfall des Gebäudes, sondern es stellt sich auch die Frage, wie lange die Stadt in Zeiten von Flächenknappheit dieses Gebäude unbenutzt lassen kann.

Foto: Alex Völkel für Nordstadtblogger.de

Die Stadt setzt dabei auf eine schrittweise Entwicklung. Bevor große bauliche Maßnahmen umgesetzt werden können, müssen Machbarkeitsstudien, finanzielle Planungen und denkmalrechtliche Genehmigungen abgearbeitet werden. Der Umbau wird Jahre dauern – und er wird teuer.

 

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Reaktionen

  1. Ursula Maria Wartmann

    Grausam: EIne geradezu gruselige Serie von Versäumnissen. Wie konnte man zulassen, dass es so weit kommen konnte! Der Konferenzsaal von 1922 mit seiner gediegenen Ästhetik galt als einer der schönsten im ganzen Ruhrgebiet. Was die Kriegsbomben nicht geschafft haben, hat die Zerstörungswut einiger sehr spezieller Mitmenschen mit Äxten, Sprühdosen, und Feuerzeugen erledigt; letztlich ein pervertierter Kapitalismus, der, wie man sieht, zu nichts weiter geführt hat als zu Verwüstung. Zum Heulen, zum Kotzen. Es lobt den Mann die Arbeit. Und die Tat! Gut, dass Ihr Euch des Themas angenommen habt.

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