Von Sandra Danneil
Nach der „Smart Factory“ (seit 2019) – dem Produktionskomplex der Firmenzentrale –, dem „Pioneer Cube“ (seit 2020) – eine Art zentrales Nervensystem von Wilo, in dem die Verwaltung untergebracht ist –, sowie sowie dem „Innovation Cube“ (seit 2023) für Entwicklung und Forschung, gibt es nun auch den „Networking Cube“. In seinen neuen Begegnungswürfel lud die Firma Wilo jetzt zur offiziellen Eröffnungsfeier. Auf rund 5.000 Quadratmetern will der multinationale Technologiekonzern Wilo künftig Gäste aus Wirtschaft, Politik, Gesellschaft, Wissenschaft und Finanzen willkommen heißen.
Wie ein perfektes Rendering: Der Wilopark
Schon bei der Einfahrt in den Wilopark durch das „Gläserne Tor“ verschlägt es einem fast den Atem. Das 18 Hektar große Gelände (das sind 25 Fußballfelder) an der B54 wirkt wie ein perfektes Rendering, also ein am Computer hergestelltes Bild: Hier ist der Blick gelenkt von klaren Linien, symmetrisch angeordneten Bäumen und einem 100 Tonnen schweren Brunnen in Form einer Ellipse in der Mitte, bei dem das Wasser hochzufließen scheint, anstatt hinunter.
Es ist kaum vorstellbar, dass eine Investition von 400 Millionen Euro für die Standortentwicklung ausreichen. Die Presse hat an diesem Tag nur Zutritt, weil ein weiterer Meilenstein des Großbauprojekts abgeschlossen ist.
Der Networking Cube ist eine von insgesamt fünf Herzkammern im Wilopark und damit das vorletzte Einzelbauprojekt des Unternehmens. Für die feierliche Eröffnung am Donnerstagmittag bleibt nichts dem Zufall überlassen, wenn sich der gesamte Führungsstab samt seinem Anführer, Dr. Jochen Opländer, die Ehre gibt.
„Wie eine Umarmung“: Die Kraft der Netzwerke
Die Frage, was Netzwerken mit Nachhaltigkeit zu tun hat, beantwortet Vorstandsvorsitzender und CEO der Wilo-Gruppe, Oliver Hermes, seinen Gästen in einer überzeugten Keynote. Um zu verstehen, warum es einen 191 Quadratmeter großen Networking Cube braucht, helfen den Besucher:innen zudem eine aus über 50 Millionen Pixeln bestehende LED-Wand.
Diese umschließt das Atrium im Erdgeschoss des Gebäudes von drei Seiten. „Wie eine Umarmung“ solle es sich anfühlen, erklärt Hermes. Schließlich beabsichtigt Wilo mit seinem neuen Zukunftsraum alle 10.000 Mitarbeiter:innen weltweit anzusprechen.
„Der Networking Cube ist ein Raum, in dem wir mit unseren Partnern, Kunden und Gästen auf der ganzen Welt diskutieren und Wissen austauschen, netzwerken und feiern“, strahlt der CEO und fügt hinzu: „In einer Welt voller loser Fäden, werden hier die Fäden zusammengehalten. Wir glauben fest an die Kraft starker Netzwerke.“
Höher, weiter, grüner – Von Waschkaue bis Vertical Garden
Im gesamten Komplex stehen Besucher:innen zahlreiche top ausgestattete Besprechungsräume und Interaktionsflächen zur Verfügung. Dazu zählt auch der sogenannte „White Room“ auf dem Dach, laut Mehnert „ein weißes Blatt Papier“ für alle möglichen Events, die von einer satt begrünten Dachterrasse umrahmt werden. Die Dachbegrünung verschmilzt mit der Fassade – eine als „Vertical Garden“ angelegte Südseite des Networking Cube.
Überall stehen „Black Cubes“ wie stumme Diener. In diesen monolithischen Kuben auf Rollen befinden sich unaufdringlich verstaute Getränke, Geschirr oder – in größerer Variante – Garderobenschränke. Die andere Garderobe ist nicht schwarz, aber dafür sehr viel nostalgischer, mit einer Prise Retrofuturistik.
Der lichtgeflutete Raum im Souterrain des neuen Begegnungszentrums soll symbolisch an die Wurzeln der 1872 gegründeten Wilo-Gruppe erinnern: Transparente Plexiglas-Behälter greifen das System der sogenannten Waschkaue in Bergwerken auf. Damit Gäste ihre sieben Sachen selbst verstauen können, werden diese durchsichtigen Boxen per Displaysteuerung von der Decke herabgelassen. „So was hab‘ ich noch nicht erlebt – das ist einzigartig“, staunt Professor Mehnert.
Achtsam mit Buzzwords: Grenzenlose Räume und Nachhaltigkeit
Zurück in die Umklammerung der drei imposanten LED-Wände im Atrium. Mit modernster Medientechnik werden die Gäste mitgerissen in die Wilo-Welt, in der vor allem der Nachhaltigkeitsgedanke im Zentrum stehe. „Anstelle von Grenzen, haben wir Räume geschaffen“, philosophiert Design-Chef und ehemaliger Folkwang-Rektor Prof. Kurt Mehnert, der im April 2023 in den Wilo-Aufsichtsrat berufen wurde.
Der geoökonomische Trend hat das Konzept „Nachhaltigkeit“ in den vergangenen Jahren zu einem Buzzword für euphemistische Unternehmensstrategien und Gutmenschentum verkommen lassen. Dem will Wilo als multinationaler Technologiekonzern wegweisend entgegentreten.
Denn grenzenlos sind diese Räume mutmaßlich wegen ihrem Drei-Säulen-Fundament: „Creating, Caring, Connecting.“ Weil sich eine englischsprachige Alliteration besser anhört, hat man sich offenbar gegen seine etwas farblose deutsche Übersetzung „Schaffen, Kümmern, Vernetzen“ entschieden.
Visionäre Alliteration: „Creating, Caring, Connecting“
Während die Gäste und Mitarbeiter:innen schon kräftig am Connecten, also Netzwerken sind, steht „Creating“ für das „Schaffen“ u.a. von superlativen Prestigeprojekten in Marokko, Ägypten und China. „Mit unseren Systemen schaffen wir nachhaltige, urbane Lebensräume“, erklärt Oliver Hermes.
Solche Lebensräume soll es geben, z.B. in der an Peking angrenzenden Cluster-City Xiong’an – eine von der FAZ mit „Totenstille Planstadt“ bezeichnete Metropole, die künftig nur mit Pumpen aus dem Ruhrgebiet funktionieren kann.
Im Sinne von Wilos Nachhaltigkeitsstrategie ist die Säule „Caring“ noch mehr Zukunftsmusik. Der eigens für diesen Meilenstein geplante „Health Cube“ soll im kommenden Jahr fertiggestellt und 2026 in Betrieb genommen werden. Wie der Name vermuten lässt, zieht in Wilos letztes Einzelbauprojekt ein ambitioniertes Gesundheitszentrum ein, von dem nicht nur die Mitarbeiter:innen von Wilo profitieren sollen.
OB Thomas Westphal wünscht „Alles Gute!“
„Der Health Cube ist für alle Menschen in Dortmund“, erklärt Hermes stolz. „Für uns steht ein globales Gesundheitsmanagement mit visionärer Architektur im Mittelpunkt“. Global meint in diesem Zusammenhang, dass das Leistungsspektrum alles abdeckt – von präventiven Maßnahmen bis zu multimodalen Therapieformen. Und das alles für gesetzlich Versicherte.
„Caring ist nicht nur ein ‚Nice-to-have‘-Faktor. Sich um seine Mitmenschen zu kümmern, monetarisiert sich sogar“, erklärt der ehemalige Wilo-CFO Hermes.
Dem stimmt auch OB Thomas Westphal zu. In seinem Grußwort betont der ehemalige Wirtschaftsförderer vielsagend: „Wilo ist von herausragender Bedeutung für Dortmund. Wenn es dem Unternehmen gut geht, geht es auch der Stadt gut. Ich wünsche beiden Alles Gute!“
Reaktionen
Wilo Gruppe sichert nachhaltiges Wachstum durch historische Transformation: Multinationaler Technologiekonzern regionalisiert seine Aufbauorganisation (PM)
Die Wilo Gruppe geht bei der Umsetzung ihrer region-for-region-Strategie den nächsten Schritt. Mit einer historischen Transformation antwortet der multinationale Technologiekonzern auf neue geoökonomische Realitäten, verringert seine Komplexität und erhöht seine Effizienz.
„Wir erleben eine geoökonomische Zeitenwende als direkte Konsequenz der geopolitischen Zeitenwende. Der Verlierer dieser Neujustierung der globalen Wertschöpfungsketten ist Europa. Das Wachstum verlagert sich in andere Weltregionen, insbesondere den Globalen Süden“, erklärt Oliver Hermes, Vorstandsvorsitzender und CEO der Wilo Gruppe. In Deutschland äußere sich diese Entwicklung besonders drastisch. „Die Bundesrepublik erlebt eine galoppierende Deindustrialisierung. Dies zeigt sich auch in den stark verunsicherten Heizungsmärkten.“
Zwar sei die schwache Nachfrage nach Wärmepumpen und anderen Heizungssystemen vor allem auf die langwierige politische Diskussion um das Gebäudeenergieeffizienzgesetz und den daraus folgenden Vertrauensverlust bei Verbraucherinnen und Verbrauchern zurückzuführen. „Es kann aber nicht länger von einem temporären Effekt die Rede sein. Die Verfestigung der Krise des deutschen Heizungsmarktes deutet auf strukturelle Defizite und unzureichende Rahmenbedingungen hin. Der schwache Heizungsmarkt steht exemplarisch für die Wachstumsschwäche Deutschlands“, so Hermes weiter.
Seit Jahren bereitet sich die Wilo Gruppe mit dem sogenannten region-for-region-Ansatz auf die Folgen der geoökonomischen Zeitenwende vor. Ziel ist es, regionale Kundenbedürfnisse mit regional hergestellten Produkten, Systemen und Lösungen zu befriedigen. „Durch die konsequente Umsetzung konnten wir uns strategisch hin zu mehr Flexibilität, Resilienz und Kundennähe entwickeln“, erklärt Hermes. Bislang habe sich die Strategie allerdings insbesondere auf Beschaffung, Fertigung und kundenbezogene Prozesse konzentriert. „Nun gehen wir den nächsten logischen Schritt.“
Im Zuge eines großangelegten Projekts regionalisiert die Wilo Gruppe ihre gesamte Aufbauorganisation. Drei dezentrale Regionalorganisationen – Wilo Europe, Wilo AMEA (Asia, Middle East, Africa) und Wilo Americas – übernehmen nun wesentlich größere Verantwortung in Bereichen, die bislang vor allem durch die Zentralfunktionen am Dortmunder Konzernhauptsitz gesteuert wurden. Zudem wurden drei Standorte als regionale Headquarter definiert: Wilo Europe wird aus Dortmund, Wilo AMEA aus Dubai und Wilo Americas aus Cedarburg gesteuert. Der Wilopark in Dortmund bleibt das übergeordnete, zentrale Headquarter der Wilo Gruppe. Geleitet werden die Geschäftsaktivitäten von regionalen Vorstandsteams, die weiterhin an den Zentralvorstand der Wilo Gruppe berichten werden:
Wilo Europe:
Peter Glauner, Regional Chief Executive Officer & Regional Chief Sales Officer
Ünal Görgün, Regional Chief Financial Officer
Michael Ranft, Regional Chief Technology Officer
Wilo AMEA:
Jens Dallendörfer, Regional Chief Executive Officer & Regional Chief Sales Officer
Altug Arkaya, Regional Chief Financial Officer
Hans Keeris, Regional Chief Technology Officer
Wilo Americas:
Jeff Plaster, Regional Chief Executive Officer
Dan Raymond, Regional Chief Financial Officer
Svenja Ahlburg, Regional Chief Sales Officer
Zeki Oral, Regional Chief Technology Officer
Aufgrund der mit der geoökonomischen Zeitenwende einhergehenden Schwächung des Industriestandorts Europa sowie der konsequenten Umsetzung der region-for-region-Strategie analysiert Wilo derzeit umfassend unter anderem die Personalstrukturen an den europäischen Standorten, so auch am Dortmunder Konzernhauptsitz der Wilo Gruppe. Ziel ist es, die Effizienz der Organisation erheblich zu erhöhen ohne betriebsbedingte Kündigungen aussprechen zu müssen, aber auch eine strategische Weiterentwicklung der Wilo Gruppe zu ermöglichen.
Als Ergebnis ebendieser Analyse werden ausgewählten Mitarbeitenden am Standort Dortmund derzeit proaktiv Angebote zum Unternehmensaustritt unterbreitet. Dabei liegt für Wilo als sozial verantwortungsbewusstem Arbeitgeber der Fokus nicht zuletzt auf attraktiven Angeboten zum vorgezogenen Renteneintritt.
„Der strategische Umbau von Wilo ist mehr als eine Reaktion auf die geoökonomische Zeitenwende. Wir erhöhen die Effizienz sowie die Markt- und Kundenorientierung der Gesamtorganisation. So sichern wir nachhaltig das profitable Wachstum der Wilo Gruppe“, erklärt Wilo-CEO Oliver Hermes. Markus Teepe, Vorsitzender des Betriebsrats der WILO SE, ergänzt: „Wir sind davon überzeugt, dass diese Transformation strategisch notwendig ist. Der Betriebsrat der WILO SE trägt das Regionalisierungsprojekt mit und glaubt fest an den Erfolg der neuen, effizienteren Aufbauorganisation.“
Auch, wenn die laufende Transformation vor allem den Dortmunder Konzernhauptsitz betrifft: Die Zukunft des Standorts stehe für Wilo nicht zur Debatte, betont Oliver Hermes. Insgesamt rund 400 Millionen Euro hat der Konzern in den hochmodernen Wilopark investiert. „So haben wir den Hauptnachteilen des Industriestandorts Deutschland – überbordender Bürokratie, hohen Energiekosten und angespanntem Fachkräfteangebot – klug entgegenwirken können. Der Standort Dortmund ist gut für die Zukunft gerüstet.“